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Wunderwerk aus Holz

Das Traggerüst und die Schalung der neuen Brücke Schillerstraße sind fast fertig. Der wichtigste Tag ist Anfang April.

Von Jens Hoyer
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Die Schalung für die neue Brücke ist zum großen Teil fertiggestellt. In der kommenden Woche werden die Stahlflechter ihre Arbeit beginnen. Bis April müssen sie fertig sein. Dann erfolgt der Betongang.
Die Schalung für die neue Brücke ist zum großen Teil fertiggestellt. In der kommenden Woche werden die Stahlflechter ihre Arbeit beginnen. Bis April müssen sie fertig sein. Dann erfolgt der Betongang. © Dietmar Thomas

Döbeln. Die künftige Brücke über die Mulde erinnert von oben mehr an ein Schiffsdeck. Fast über die gesamte Länge zieht sich die Holzschalung, die dem neuen Muldenübergang die richtige Form geben soll. Die Bauleute müssen sich ranhalten, Anfang April ist der wichtigste Tag.

Beim sogenannten Betongang für das rund 100 Meter lange Bauwerk darf nichts schiefgehen. Rund 850 Kubikmeter Beton werden in einem Zug auf die Schalung gegossen. „Wir fangen früh um 5 Uhr an und werden spätestens 20 Uhr fertig sein“, sagte Sven Weißflog, der mit seiner Firma Bau Logistik die Brücke errichtet.

Das Unternehmen arbeitet dann mit mehreren Teams in Schichten. Drei Pumpen werden den Beton auf den Bauplatz befördern. Etwa 100 Mal werden die Fahrmischer die Baustelle anfahren, jeweils mit bis zu neun Kubikmetern Beton in der Trommel. „Wir bekommen ihn aus Mischwerken in Döbeln, Oschatz und Noschkowitz geliefert. 

Außerdem haben wir ein Ersatzlieferwerk, falls etwas passiert“, sagte Weißflog. Die drei Mischwerke werden identischen Sand, Splitt und Zement verwenden, um eine gleiche Qualität zu garantieren. Jede Betonladung wird, besonders zu Beginn, kontrolliert. „Das brauchen wir, um die richtige Konsistenz einzustellen, das klappt nicht von Anfang an“, sagte Weißflog. Außerdem werden Probewürfel gegossen, mit denen die Qualität des Betons später im Labor geprüft werden kann.

Auch aus dieser Perspektive ein imposanter Anblick: In der Brücke wird eine Menge Holz verbaut, das die Firma teilweise bei späteren Projekten wiederverwendet.
Auch aus dieser Perspektive ein imposanter Anblick: In der Brücke wird eine Menge Holz verbaut, das die Firma teilweise bei späteren Projekten wiederverwendet. © Dietmar Thomas
Marcel Goretzki flicht Stahl am östlichsten Widerlager. Es wird eine kleine Extra-Brücke tragen, unter der der Fuß- und Radweg an der Mulde entlangführt.
Marcel Goretzki flicht Stahl am östlichsten Widerlager. Es wird eine kleine Extra-Brücke tragen, unter der der Fuß- und Radweg an der Mulde entlangführt. © Dietmar Thomas

Das Traggerüst, dass die Schalung hält, muss enorme Gewichte aushalten. Wenn der Beton gegossen ist, lasten insgesamt über 3000 Tonnen auf den mächtigen Doppel-T-Trägern, schätzt Weißflog ein. Dafür wurden aufwendig Extra-Fundamente angelegt. Selbst die Durchbiegung der Konstruktion unter der Last wird vorher einberechnet, damit die Brücke dann auch die Form erhält, die sie haben soll.

Sieben Tage nach dem Betongang wird die mit hohem Aufwand hergestellte Schalung wieder abgebaut. Dann tragen nur noch Spannelemente die Last. Das sind zweimal acht Hülsen im Brückenkörper, durch die Spannkabel von einem Widerlager zum anderen verlaufen. In einem ausgeklügelten Verfahren werden sie nach drei Tagen erst vorgespannt, während der Beton ganz aushärtet, und nach sieben Tagen auf Endspannung gebracht. Die verwendeten Pressen erzeugen dafür Drücke von 300 bis 400 Tonnen, sagte Weißflog.

Auf die Mulde, die derzeit nur leicht erhöht ist, hat Weißflog immer einen wachen Blick. Ein Hochwasser könnte das ganze Unternehmen gefährden. Das Traggerüst ist die Achillesferse der Unternehmung. „Wenn das verrutscht, das wäre der Supergau“, sagte Uwe Handtrack, Mitarbeiter des Bauamtes. „Besonders Treibgut ist ein Problem. Wir sind heilfroh, dass es keinen richtigen Winter gibt“, sagte Weißflog. Vor den Fundamenten des Lehrgerüsts sind massive Abweiser eingerammt. Der Durchlass unter der Baustelle ist so groß wie möglich gehalten. „Mehr können wir nicht tun“, sagte Weißflog.

Die Arbeiten liegen im Plan, so Bauamtsleiter Erik Brendler. Wenn das Wetter keine Verzögerungen bringt, wird die Brücke bis Ende des Jahres fertig. Zu tun gibt es noch eine Menge. Nach dem Brückenkörper sind noch die sogenannten Kappen zu gießen, die später die Fußwege tragen. Zu errichten ist eine lange Schallschutzwand, die den meisten Lärm von den umliegenden Wohnungen abhalten soll.

Wo das nicht geht, werden Lärmschutzfenster verbaut. An der Sörmitzer Straße haben die Arbeiten jetzt auf dem Gelände der Firma Typofol begonnen. Dort wird eine Stützmauer errichtet, um die Sörmitzer Straße etwas anzuheben. Typofol erhält zwei neue Einfahrten. Die Nähe des Werkes, das Folien hauchdünn beschichtet, ist für das Bauunternehmen eine der Herausforderungen. „Bei den Rammarbeiten haben wir Schwingungsmessungen vorgenommen. Das Ziehen der Spundwände der Baugrube haben wir in der Arbeitspause am Sonnabend und Sonntag vorgenommen“, sagte Weißflog.