SZ +
Merken

Zahl der Schuldner im Rödertal steigt

Allein in Radeberg sind rund 1500 Menschen betroffen. Nur Langebrück bildet eine Ausnahme.

Teilen
Folgen

Von Thomas Drendel

Als Hans Ertel vor zwei Jahren seine kleine Pension eröffnete, war er voller Zuversicht. Endlich selbstständig, endlich konnte er seinen Traum von der eigenen Firma erfüllen. Seinen richtigen Namen will er nicht nennen. Denn eine Erfolgsgeschichte hat er nicht zu erzählen. Anfangs lief alles bestens. Das Haus wurde renoviert, Möbel angeschafft. Das kostete natürlich. Vieles bezahlte der Neu-Hotelier per Kredit. Anfangs lief der Laden auch, doch dann fehlten die Gäste. Als schließlich im Nachbarort eine Baustelle eingerichtet wurde, kamen noch weniger Kunden.

Um seine Raten zu zahlen, borgte sich Hans Ertel Geld von Freunden. Irgendwann konnte er die Kredite dennoch nicht bezahlen. Die vielen Mahnungen, die im Briefkasten landeten, öffnete er nicht mehr. Erst sehr viel später ging er zur Schuldnerberatung. „Ein typischer Fall. Solche Menschen sitzen mir oft gegenüber und leider werden es immer mehr“, sagt Irene Scheithauer von der Schuldnerberatung der Caritas in Radeberg. „2011 habe ich 109 Personen beraten, im vergangenen Jahr waren es schon 125 Frauen und Männer“, sagt Irene Scheithauer. In diesem Jahr sei die Nachfrage ebenfalls bereits sehr hoch. „21 Personen waren in der Beratungsstelle.“ Zum Jahresende wird die Zahl der Beratungen ähnlich hoch sein wie 2012. „Das liegt aber nicht daran, dass die Zahl der Schuldner gleichbleibt, wir haben einfach keine Kapazität, noch mehr Gespräche zu führen. Wir sind bis obenhin voll“, sagt sie.

Diese Schuldner sind jedoch nur die Spitze des Eisberges. Das belegen die Zahlen der Wirtschaftsauskunft Creditreform Dresden. „2011 waren in Radeberg 7,16 Menschen pro einhundert Einwohner überschuldet. Im vergangenen Jahr betrug die Quote 7,68 Prozent“, sagt Thomas Schulz, Prokurist bei Creditreform Dresden. Gemessen an der Einwohnerzahl kommt Radeberg somit auf rund 1500 überschuldete Personen.

In Ottendorf liegt die Schuldnerquote bei 5,76 Prozent, in Langebrück bei lediglich 3,65 Prozent. Hier ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Im Landkreis Bautzen insgesamt betrug 2011 die Quote 6,65 Prozent, im vergangenen Jahr lag sie bei genau sieben Prozent. Damit steht der Landkreis noch gut da. Dresden hatte im vergangenen Jahr eine Quote von 8,59 Prozent, Leipzig von über zwölf Prozent. Grundlage für die Zahlen von Creditreform sind Daten von Privatinsolvenzen, Inkassofällen, Offenbarungseiden und Zahlungsstörungen, beispielsweise bei Ratenzahlungen.

Landkreis zahlt Zuschüsse

Das Landratsamt Bautzen hält das derzeitige Angebot der Beratungsstellen jedoch für ausreichend. Die Summe, die der Landkreis für die Beratungsstellen der Caritas, Awo und Volkssolidarität bereitstellt, soll deshalb gleichbleiben. „Der Landkreis zahlt 2012 für die Schuldnerberatung rund 178 000 Euro. Wenn der Kreistag den Haushalt bestätigt, steht der gleiche Betrag für dieses Jahr zur Verfügung“, sagt Madlen Paul vom Landratsamt.

Nach Angaben von Irene Scheithauer kommen vier Personengruppen in die Beratung. Das sind einmal Selbstständige. „Hier ist es oftmals so, dass sie erst ganz spät zu uns kommen. Sie versuchen bis zuletzt das Geschäft zu halten und die Schwierigkeiten zu verbergen. Denn oft hängt sehr viel dran: Haus, Auto. Manchmal geht dann auch die Beziehung in die Brüche. Sie sollten eher zu uns kommen.“ Zweite Gruppe sind vor allem Rentner mit einer geringen Rente. „Sie haben Schwierigkeiten, wenn beispielsweise die Waschmaschine kaputt geht und sie die Reparatur nicht bezahlen können oder eine große Stromrechnung fällig wird. Diese Gruppe nimmt zu“, sagt Scheithauer.

Als drittes kommen Menschen in die Beratungsstelle, die arbeitslos geworden sind und jetzt ihre Schrankwand oder das Auto nicht mehr abbezahlen können. Sie sind verzweifelt, weil oft ihr gesamtes Arbeitslosengeld gepfändet wird“, sagt Irene Scheithauer. Vierte Gruppe sind Menschen, die auf Hartz IV-Hilfen angewiesen sind und mit dem wenigen Geld nicht zurechtkommen. „Auch immer mehr Jugendliche geraten unter anderem durch Handykosten, Kauf von Markenklamotten, Freizeitaktivitäten wie Disco oder Kino und eine gestiegene Nutzung von Krediten in die Schuldenfalle“, fügt Thomas Schulz hinzu.

Beratungsstelle in Radeberg: Caritas Verband, Außenstelle Radeberg: Heidestr. 70, 03578 787117269, donnerstags 8.30 bis 12 Uhr; Termine unter 0351 4984715