Von Ulrike Keller
Groß, größer, am größten. Götter in Weiß haben die Steigerung in der Hand. Auf ihr Skalpell wartet eine rassige Rothaarige, gut gebaut, vor allem oberhalb des Bauchnabels.
Doch da geht noch mehr. 15 junge Leute aus Cunnersdorf/ Biberach entschieden sich für Bauschaum statt Silikon und Botox. In einer Scheune und zwei Monate währenden Operation entstand, was sie „Mit 55 kauft man sich Träume“ nennen. Ihr Bild gehört zu den vielen originellen Beiträgen beim größten sächsischen Karnevalsumzugs in der Faschingshochburg Radeburg.
76 Wagen und keine Dopplung
Zehntausende säumen den Straßenrand, verfolgen unter Dauerbeschallung und ständigem Konfetti- und Bonbonbeschuss die Wagenparade. All die närrischen Bauwerke auf Rädern stehen unter der Überschrift: „Mit 55 hat man noch Träume“. Das Motto ist von den Umzugsorganisatoren bewusst allgemein gehalten. In der 55. Saison, einer Jubiläumssaison, soll es genügend Raum für frische Ideen lassen.
Ein Plan, der aufgeht: 76 Wagen und keine Doppelung. Einfallslose Bilder wie „Männerträume“ zählen in Radeburg zu den Ausnahmeerscheinungen.
Im Kostüm von schillernden Geschenkschleifen spielen Christina Angermann und ihre 14 Freunde direkt auf das Jubiläum an. Die 30-Jährige mit Lamettahaaren und Goldgesicht ist im wahren Leben Projektmanagerin in einer Sicherheitsfirma. In aufwändiger Bastelarbeit hat sie ihre freien Wochenenden investiert, um mit den anderen speziellen Draht - eigentlich für Kaninchenställe gedacht - gekonnt zu biegen und mit Paillettenstoff zu überziehen.
In Radeburger Galaxien startet auch das „(T)Raumschiff Periode 55“. Hinter dieser Erfindung steckt eine befreundete Clique aus Ebersbach bei Großenhain. „Das Raumschiff Enterprise fiel uns zu dem Thema auf Anhieb ein“, erzählt Marlen Drobisch. „Und jeder kennt es.“ Authentische Mr. Spocks waren mit Elfenohren und Lila Anzügen schnell zu erschaffen.
Schwieriger gestaltete sich der Bau des Raumschiffes. Seit Oktober mühten sich die Faschingsverrückten jeden Sonnabend an dem Holzgerüst mit Draht, das zum Schluss mit grauem Samt überzogen wurde. Und die Konstruktion hält.
Traumhafte Umzugsbilder
Auf Karneval in der Dose setzt die Faschingsgruppe Radeburg. Die 17 Mitstreiter von Ines Schneider haben sich Dumbos, des fliegenden Elefanten, angenommen. Was ihn beflügelt, kann nach ihrer Überzeugung nur der eigens kreierte RaBull Energy Drink sein. Und als dessen Verpackung treten sie auf: Unter der grau-blauen Dosenoptik verbirgt sich ein Stoff bespanntes Metallgestell mit Bauchgürtel. Für die Dosenform sorgt oben und unten jeweils ein Hulahopp-Reifen.
Jedes Detail stimmt bei den Sternschnuppen in Rabu, einer reine Frauengruppe aus Berbisdorf. Männer lassen sie beim Nähen und Werkeln aus Prinzip nicht ran.
Der Chef des Radeburger Faschingsumzugs, Holger Umlauft, ist mit der Qualität der „vielen traumhaften Bilder“ zufrieden. Besonders freut ihn, dass sich fünf neue Gruppen beteiligt haben. „Für die Zukunft der Veranstaltung ist gesorgt“, sagt er.
Denn nach dem Umzug ist vor dem Umzug.