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„Zeit der Umkehr und der Veränderung“

Die Schleifer Pfarrerin Jadwiga Mahling über die Osterbotschaft und was man aus der Corona-Krise mitnehmen kann.

Von Andreas Kirschke
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Gottesdienste sind ausgesetzt. Die evangelische Kirche in Schleife bleibt aber zum stillen Gebet für den Einzelnen weiter offen. Gerade zu Ostern. Darauf verweisen Birgitt Marusch (links) vom Gemeindekirchenrat und Pfarrerin Jadwiga Mahling.
Gottesdienste sind ausgesetzt. Die evangelische Kirche in Schleife bleibt aber zum stillen Gebet für den Einzelnen weiter offen. Gerade zu Ostern. Darauf verweisen Birgitt Marusch (links) vom Gemeindekirchenrat und Pfarrerin Jadwiga Mahling. © Andreas Kirschke

Trotz Corona geht der Alltag in der Evangelischen Kirchengemeinde Schleife weiter. Auch zu Ostern. Über Inhalte, neu geweckte Kreativität und die Osterbotschaft spricht Pfarrerin Jadwiga Mahling.

Pfarrerin Mahling, wie stellt sich die Evangelische Kirchengemeinde Schleife auf die jetzige Lage ein?

Corona trifft auch uns sehr hart. Wir waren überrascht von der Schnelligkeit und Drastik der angeordneten Maßnahmen. Im normal laufenden Jahresplan sind wir komplett ausgebremst. Wir mussten unseren Kalender mit rund 50 Terminen im Monat „auf null“ runterfahren. Am 15. März sagte ich in der Predigt: wir behalten die Gottesdienste bei. Nur einen Tag später kam Angela Merkels eindringlicher Appell: Kontakte so weit wie möglich eingrenzen; Gottesdienste sollten vorerst nicht stattfinden.

Welche Folgen hat das in der Kirchengemeinde?

Alle Veranstaltungen sind ausgesetzt. Auch die Gottesdienste und Andachten. Die Tages- und Kurzzeitpflege St. Barbara in Trägerschaft des Martinshofes Rothenburg ist in Schleife geschlossen. Gerade hier haben wir wöchentlich Andachten mit den Bewohnern gefeiert. Das entfällt jetzt völlig.

Dabei lebt gerade Kirche von Gemeinschaft und von Begegnungen ...

Vor allem die Gottesdienste sind Ausdruck dessen. Ihr Ausfall schmerzt uns am meisten. Dennoch öffnet unsere Kirche täglich zum stillen und ganz persönlichen Gebet. Wir legen dort Bibeln, Bücher, Zeitschriften und Gebetsanliegen für die Fürbitten aus. Jeder kann Einkehr halten. Jeder kann Stille erfahren.

Inwieweit gibt es Hilfsangebote für alte, kranke und behinderte Menschen?

Einzelseelsorge ist weiterhin möglich. Das ist mir sehr wichtig. Daran will ich festhalten. Gerade jetzt entwickeln wir ungeahnte neue Kreativität. Wir verteilen Anleitungen für kleine Hausgottesdienste im engen Kreis. Werner Karg vom Gemeindekirchenrat schreibt nahezu täglich geistliche Impulse. Er schickt sie per E-Mail an unsere Gemeindeglieder. Für Familien gibt es die Familien-Überraschungs-Tüte mit Ideen zum Basteln, Kochen, Backen, Rätseln, Geschichten zum Entspannen und Geschichten für Kinder. Rund 130 solcher Pakete haben wir verteilt. Speziell zu Ostern – in der Zeit von Palmsonntag über Ostersonntag bis hin zum Weißen Sonntag – gibt es ein Heft vom Kirchenkreis. Es geht an alle Haushalte. Es soll Anregung zur Besinnung, Andacht und inneren Stärkung sein.

Was ist Ihre Botschaft für den Alltag?

Unsere Kirche bleibt offen. Wir sind auch in dieser schwierigen Lage für die Menschen da. Die Glocken läuten weiterhin jeden Tag um 7, 12 und 18 Uhr. Wichtigste Botschaft ist: Fürbitten und Gebete sind weiter möglich. Auch das ist Gottesdienst AN und IN der Gemeinde. Das Beten hat jetzt eine andere, viel tiefere Intensität. Es erlangt mehr Gewicht als sonst. Das kann – bei allen Schwierigkeiten – auch heilsam sein. Es ist das Zurückgeworfensein und das Zurückbesinnen auf das Existentielle.

Wie bereitet sich die Kirchengemeinde auf Ostern vor?

Ostern ist für uns immer ein großes Fest. Das beginnt mit der Auferstehungsfeier auf dem Rohner Friedhof, geht weiter mit dem Oster-Frühstück auf dem Njepila-Hof und hat seinen Höhepunkt im großen Familiengottesdienst in der Kirche mit anschließendem Ostereier-Suchen im Pfarrgarten. All dies entfällt jetzt. Trotz allem wird es jedoch auch ein viel biblischeres Ostern werden. Dabei bewähren sich unsere sorbischen Traditionen als tragende Stütze auch in Krisenzeiten.

Was bedeutet Ihnen ganz persönlich die Osterbotschaft?

Ostern heißt für mich: Leben ist stärker als der Tod. Krankheit, Leiden und Sterben können überwunden werden. Ostern heißt für mich: die Freude über die Auferstehung Jesu Christi bringt neue Hoffnung, neues Leben, neue Lebenskraft hervor.

Was wünschen Sie sich für Ihre Kirchengemeinde für die Zukunft?
In der jetzigen Zeit der Selbstbeschränkung wachsen wieder Glauben, Hoffnung und Vertrauen. Fernab von Aktionismus erfahren wir, was Ostern wirklich heißt. Wir können uns selber reflektieren. Wir spüren: Es ist nur sehr wenig, was wir zum Leben wirklich brauchen. Wir erleben eine echte Passionszeit. Eine Zeit der Umkehr, des Nachdenkens und der Veränderung. Das wünsche ich mir auch für unsere Kirchengemeinde. Ich hoffe, dass wir aus dieser Corona-Krisenzeit etwas mitnehmen. Mir wurde jedenfalls in diesen Tagen und Wochen sehr deutlich, was das Wesentliche unseres Glaubenslebens ausmacht: Gebet und Fürbitte, Orientierung an der Schrift und vor allem: Gottvertrauen.