Von Juliane Richter
Uwe Meisel will arbeiten. Zuhause rumsitzen und „verblöden“, kommt für ihn nicht in Frage. Er ist froh, dass er im Juni dieses Jahres beim Döbelner Briefkastenbauer Renz als Zeitarbeiter eine Chance bekommen hat. „Ich fühle mich in dem Unternehmen wohl und das Team ist auch in Ordnung“, sagt der 50-Jährige.
Laut Werkleiter Rainer Henoch greift das Unternehmen zyklisch auf Leiharbeiter zurück, um Auftragsspitzen abzufangen. „Jetzt beginnt bald die Zeit, wo wir richtig viel zu tun haben. Dann werden wir von zehn Zeitarbeitern wohl noch auf bis zu 20 aufstocken.“
Nach aktuellen Informationen des Statistischen Landesamtes arbeiteten Ende 2009 rund 1800 Personen im Kreis Mittelsachsen als Zeitarbeiter – Tendenz steigend. Dass die Unternehmen wieder verstärkt auf Zeitarbeiter zurückgreifen, wird auch als Indikator für einen Konjunkturaufschwung nach der Wirtschaftskrise bewertet.
Laut Volkmar Beier, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Oschatz, werden Zeitarbeiter verstärkt in der Industrie eingesetzt. „Besonders gesucht sind Metallberufe wie Schweißer und Metallbauer sowie holzverarbeitende Berufe, Installateure und teils Pflegekräfte.
Klebeeffekt durch Zeitarbeit
Das Modell Zeitarbeit bewertet Beier durchaus positiv. Zeitarbeit sei eine Jobeinstiegsmöglichkeit. „Der sogenannte Klebeeffekt ist unbestritten“, so Beier.
Bei Uwe Meisel hat der „Klebeeffekt“ bisher nicht funktioniert. Insgesamt arbeitet er schon rund vier Jahre für Renz – jeder immer nur als Zeitarbeiter. „Das Problem ist, dass ich bei der Zeitarbeitsfirma nur als Hilfsarbeiter angestellt werde, obwohl ich im Betrieb qualifizierte Arbeiten verrichte.“ Für die gleiche Arbeit wie ein Festangestellter bekäme er nur rund die Hälfte des Gehalts. „Weihnachts- und Urlaubsgeld gibt es auch nicht“, so Meisel.
Kerstin Röber von der Döbelner Zeitarbeitsfirma Personalservice Ilona Karl verteidigt das Modell Zeitarbeit. „Wir hatten auch schon Kunden, die eine Festanstellung abgelehnt haben, um weiterhin als Zeitarbeiter tätig zu sein.“ Die Vorteile: Laut Röber werden Zeitarbeiter stärker vom Landesarbeitsamt kontrolliert. Firmen könnten sie deshalb weniger leicht ausnutzen. „Und Zeitarbeitsfirmen müssen inzwischen auch Tariflöhne zahlen.“
Bernd Kruppa von der IG Metall bestätigt letztere Aussage – mit Einschränkungen: „Diese Tariflöhne liegen aber teilweise weit unter denen von Festangestellten.“
Für Anja Heinitz war dieser Aspekt kein Grund auf Zeitarbeit zu verzichten. Die 29-Jährige arbeitet seit Februar bei Florena Waldheim. „An dem einen Tag habe ich mich bei der Zeitarbeitsfirma gemeldet und schon am nächsten Tag hatte ich den Job.Die Chancen sind einfach besser. Zudem hofft sie auf eine Festanstellung, wie es einer Kollegin aus der Zeitarbeit heraus gelungen ist. Operationsmanagerin Eveline John sieht dafür durchaus Chancen: „Frau Heinitz hat sich intern bereits zur Maschinenführerin weiterbilden lassen. Nun suchen wir intern einen Produktionsvorbereiter – der soll auch durch einen unserer Zeitarbeiter besetzt werden.“