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Zeitschleusen und Lausitz-Blick

Die Energiefabrik Knappenrode bereitet sich auf die Neu-Eröffnung vor – mit viel Authentizität und Multimedia.

Von Uwe Schulz
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Blick aus der künftigen Dauerausstellung auf den künftigen Vorplatz am Museumseingang. Die Arbeiten laufen auf Hochtouren und liegen offenbar im Plan.
Blick aus der künftigen Dauerausstellung auf den künftigen Vorplatz am Museumseingang. Die Arbeiten laufen auf Hochtouren und liegen offenbar im Plan. © Foto: Uwe Schulz

Knappenrode. Wer derzeit mit Museums-Chefin Kirstin Zinke durch die Energiefabrik Knappenrode läuft, der passiert regelmäßig Zeitschleusen. Wenn sich eine Brandschutztür öffnet, steht man auf der einen Seite im hergerichteten modernen Museumsbereich, auf der anderen Seite in der Brikettfabrik Knappenrode im Zustand der Außerbetriebsetzung 1993. Und je nach Ort und Blickrichtung sieht man Dinge, die es so seit vielen Jahrzehnten, teils seit 100 Jahren gibt. Hier, in der letzten erhalten gebliebenen (stillgesetzten) Brikettfabrik der Lausitz, wird der Spagat vollzogen zwischen der Authentizität der alten Fabrikanlage und den Anforderungen an ein modernes Museum mit allen vorgeschriebenen Dingen – Toilettenanlagen, Barrierefreiheit, Rettungswegen und vor allem Brandschutz. Als der Umbau der Energiefabrik unter dem Titel „Objekt extrem“ vor Jahren Fahrt aufnahm, rollte mancher mit den Augen. Spätestens bei Inbetriebnahme im Sommer wird man staunen. 13 Millionen Euro wurden und werden hier verbaut. Viele Dinge, die der Museumsbesucher gar nicht mitbekommen wird, sind erledigt. Dazu gehört die komplett neue Medien-Erschließung der Gebäude, die Schaffung neuer Räume für die Verwaltung, die jetzt auch bezogen sind. Neue Werkstatt, neues Archiv, neues Depot. Alles ist da und so, dass möglichst geringe Unterhaltungskosten entstehen. Die neue 900 Meter lange Haupterschließung, die Joseph-Werminghoff-Straße, ist schon seit Dezember 2018 fertig. Es gibt 50 Pkw-Stellplätze und mehrere Busparkplätze. Derzeit wird an der Zuwegung zum neuen Haupteingang in der einstigen Fabrik III gebaut. Sitzgelegenheiten und Unterstände werden geschaffen – gut gegen Regen, Schnee und starke Sonneneinstrahlung.

Auf der Ostseite der Fabrik sind die Freiflächen zum Großteil schon neu gestaltet. Neben dem Kühlhaus führt ein frisch gepflasterter breiter Weg an der Fläche mit den Hilfsgeräten vorbei Richtung Tertiärwald. Da, wo zu Brikettfabrikzeiten das Kesselhaus stand, wurde die Veranstaltungsfläche „Die Glut“ geschaffen. Medientechnisch hat sie alles, was Veranstalter benötigen, wenn denn irgendwann wieder Großveranstaltungen möglich sind. Es ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich das Bergbaumuseum weiterentwickelt. Basis ist und bleibt vieles, was vor 25 Jahren geschaffen wurde. Denn auch wenn das direkt als Museum bewirtschaftete Areal drastisch auf rund 7 Hektar geschrumpft wurde, so sind doch die Nebengebäude im einstigen Eingangsbereich noch da. Die sogenannten Energiehöfe suchen nach neuen Nutzern und/oder Besitzern. Einer ist bislang mit der Vertriebenenstiftung gefunden. Es gibt die Draisinenstrecke ebenso wie die Ausstellung der schienengebundenen Fahrzeuge. Und die Tiefbaustrecke hinter dem Tertiärwald ist im Rahmen von Führungen weiterhin zu sehen. Die Idee der „Glut“ entstand Jahre später, als erste Schritte gegangen wurden, um aus dem Museum auch eine Stätte für Kulturveranstaltungen zu machen.

Der Landkreis Bautzen als Eigentümer der Fabrik-Immobilie sowie der Zweckverband Sächsisches Industriemuseum haben ganze Arbeit geleistet, um die über 100 Jahre alte Fabrik in ein touristisches Freizeitziel zu verwandeln, was wiederum nur dank des Engagements der Stadt Hoyerswerda möglich war, zu der Knappenrode gehört. Künftiges Herzstück des Museums ist die neue Dauerausstellung. Der großzügige Empfangsbereich mit Garderobe, Shop, Cafeteria und sanitären Einrichtungen bekommt noch einen interaktiven Experimentiertisch, an dem man selbst gestalten kann, wie sich eine fiktive Region entwickelt – mit oder ohne Bergbau und all dem, was dazu gehört. In der Ausstellung wird es dann aber Lausitz-konkret. Es geht um die Region, um den Bergbau, die Entwicklung der Kohleindustrie, für die die Brikettfabrik Werminghoff und die dazugehörige Werkssiedlung, die zu DDR-Zeiten in Knappenrode umbenannt wurden, exemplarisch. Der Besucher wird multimedial geleitet und passiert selbst wohldosiert Zeitschleusen, kann etwa in den Saal mit den elektrischen Brikettpressen blicken.

Ein wahrer Höhepunkt des Ausstellungsbesuchs ist die Fahrt mit dem Aufzug zur Aussichtsplattform „Lausitzblick“ in 26 Metern Höhe. In wenigen Wochen darf hier jeder Besucher hoch.

Zwischen Schrägbandbrücke und Kühlhaus IV ist schon neu gepflastert. Links wird noch ein großer Übersichtsplan montiert – Teil des Wegeleitsystems.
Zwischen Schrägbandbrücke und Kühlhaus IV ist schon neu gepflastert. Links wird noch ein großer Übersichtsplan montiert – Teil des Wegeleitsystems. © Foto: Uwe Schulz
Im früheren Motorenlager entsteht das Besucherinformationszentrum. Geradezu wird die Garderobe eingebaut – mit Spinden, aber auch Seilzügen wie in der Waschkaue.
Im früheren Motorenlager entsteht das Besucherinformationszentrum. Geradezu wird die Garderobe eingebaut – mit Spinden, aber auch Seilzügen wie in der Waschkaue. © Foto: Uwe Schulz
Hier war zuletzt die Feuerstättenausstellung zu sehen - alles wird vorbereitet für die Ausstellungsbauer. Oben in der Galerie ist Platz für die Museumspädagogik.
Hier war zuletzt die Feuerstättenausstellung zu sehen - alles wird vorbereitet für die Ausstellungsbauer. Oben in der Galerie ist Platz für die Museumspädagogik. © Foto: Uwe Schulz