Von Susanne Plecher
Konzentriert diskutieren Vivian und Eric ihre Beiträge auf der Seite, die „Die moderne Welt“ heißen soll. Sie wollen ein Mobiltelefon besprechen, das neu auf den Markt gekommen ist, haben im Internet Studien künftiger Automodelle gefunden und Informationen über den Computer zusammengetragen. „Die Tastatur hat 105 Tasten. Das ist für unsere Leser doch bestimmt interessant“. Die neunjährige Vivian setzt mit dem Füller noch ein Häkchen und schüttelt ihren Pony aus der Stirn.
Die beiden Schüler besuchen den Hort in der Zabeltitzer Grundschule. Gemeinsam mit acht weiteren Kindern erarbeiten sie montags mit Hilfe ihrer Hortleiterin Aline Drießnack die neue Ausgabe ihrer eigenen kleinen Schülerzeitung. „Leseratte – Die Zabeltitzer Kinderzeitung“ heißt die. Die erste Ausgabe liegt druckfrisch vor. Ein Exemplar davon wird Anfang Mai ins Kultusministerium nach Dresden geschickt, als Ticket für den Sächsischen Jugendjournalistenpreis gewissermaßen. Der fördert die Schulpresse und versteht sie als einen wichtigen Teil der demokratischen Schulkultur. „Wir hoffen, dass wir mit unserer Zeitung bei der Jury einen Treffer landen“, sagt Lehrerin Silvia Partuscheck. Immerhin winken dem Gewinner bis zu 500 Euro.
Für die Leseratte arbeiten Schule und Hort eng zusammen. Die Vorbereitung dazu lief in den Winterferien. Mitarbeiter des SAEK Riesa (Sächsische Ausbildungs- und Entwicklungskanäle) hatten die Schülerreporter beraten und Tipps gegeben. Was soll in eurer Zeitung stehen? Wie wollt ihr sie haben? Was ist euch wichtig? Fragen, die auch Bildungsministerin Brunhild Kurth spannend findet. „Schülerzeitungen sind ein ideales Medium, um über das Leben an der Schule und aus der Region aus dem Blickwinkel der Schüler zu berichten. Sie selbst wissen am besten, was die Mitschüler bewegt und interessiert“, hatte sie gesagt. Sie beließ es nicht bei den Worten, sondern lobte einen Starterbonus aus und unterstützte die Gründung neuer Schülerzeitungen mit 250 Euro.
Die Ministerin hat Recht. Die Zabeltitzer Nachwuchsjournalisten wählen sich Themen, die sie selbst spannend finden. Bruno aus Stroga schreibt einen Beitrag über BMX-Räder, neben ihm feilt Emma an der Seitenaufteilung für den Ostermarkt und hinten überlegen Nick und Martin, welche Tiere sie im Buchstabenrätsel verstecken wollen. Auch die Grundschule beteiligt sich: Im Unterricht stellen die Schüler Texte zusammen, die dann in die Zeitung integriert werden, zum Crosslauf und zum Mathewettbewerb zum Beispiel. Deshalb können die Kinder auch immer wenigstens ein Thema aus dem Schul- und eines aus dem Hortbereich in ihrer Zeitung finden. Die wird absichtlich nicht am Computer erstellt.
„Wir wollten, dass die Zeitung kindgerecht bleibt“, so die Hortchefin. In der Praxis bedeutet das: Die Kinder schreiben auf buntes Papier ins Reine, was sie ausgearbeitet haben, verzieren ihre Beiträge mit ausgeschnittenen Fotos oder selbst gezeichneten Bildern. Ist alles zusammengestellt, werden die Seiten eingescannt und ausgedruckt. Und zwar auf Nachfrage. Überproduktion gibt es hier nicht. Beim Binden der Seiten hilft ein Spiralbindegerät, das sich die Zabeltitzer vom Geld aus dem Kultusministerium gekauft haben. Vom Rest wollen sie zwei Fotoapparate, ein Diktiergerät und Druckerpapier anschaffen.
„Das ist mit viel Arbeit verbunden“, weiß Aline Drießnack. Aber die lohnt sich, vor allem, weil das Projekt ein dauerhaftes Hort- und Schulangebot werden soll. Die Kinder sind mit Feuereifer dabei, holen sich Rat, sprechen Inhalte durch, schreiben nieder. Zehn bis zwölf Wochen brauchen sie für eine Ausgabe. Das Ergebnis ist frisch und unkompliziert, nicht nur in den Beiträgen, sondern auch in deren Präsentation überzeugend und charmant.
Inzwischen ist das Tierrätsel fertig. In Schönschrift überträgt Martin Buchstabe für Buchstabe auf ein grünes Blatt. An das „T“ in der Überschrift hat er eine kleine Spinne gemalt, die sich in Ruhe abseilt.