Von Maik Brückner
Sie sehen süß aus, können bis zu 23 Zentimeter groß werden und bis zu 430 Gramm auf die Waage bringen: die Ziesel. Diese possierlichen Erdhörnchen sollen nach dem Willen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bald wieder in Erdlöchern des Osterzgebirges hausen. Das regte Gerhard Kneitz, heute emeritierter Biologieprofessor, bereits 1998 beim Deutschen Naturschutztag in Dresden an. Der BUND Sachsen nahm sich der Idee an. „Ich bin jetzt so etwas wie der Geburtshelfer“, sagt Wolfgang Riether. Er ist Landesvorsitzender und betreut das 1998 gestartete Auswilderungsprogramm.
Zunächst versuchte seine Organisation, eine Fläche im Erbbachtal bei Geising zu bekommen. Da dieses Gebiet zum Naturschutzgroßprojekt „Bergwiesen im Osterzgebirge“ gehört und der BUND Interessenskonflikte befürchtete, suchte er nach einer anderen Fläche möglichst nahe bei Geising.
Ziesel sind ausgestorben
„Dort ganz in der Nähe wurden 1961 die letzten deutschen Ziesel beobachtet“, weiß Norbert Franck, Pressesprecher beim BUND. Später machte ihnen die intensive Landwirtschaft den Garaus. „Ihr bisheriger Lebensraum veränderte sich zu Intensivgrasland. Außerdem breiteten sich ihre Feinde, vor allem Füchse und Wildschweine, mächtig aus“, weiß Jens Weber. Der Sprecher der Grünen Liga Osterzgebirge beobachtete sehr aufmerksam das Geschehen. Schließlich stehen die Ziesel auf der Liste der ausgestorbenen Säugetiere Deutschlands, neben dem Elch, dem Bär und dem Nerz. Riether und seine Mitstreiter wollen das ändern. Die Möglichkeit dazu wurde ihnen in Rudolphsdorf geboten, einem kleinem Dorf unweit von Fürstenwalde und ganz in der Nähe der tschechische Grenze. Hier stellte ihnen ein Grundstücksbesitzer eine Fläche zur Verfügung, auf der die Zieselfreunde ein 300 Quadratmeter großes, mit Netzen geschütztes, Auswilderungsgehege aufbauen konnten.
Problematisch gestaltete sich auch die Suche nach den richtigen Zieseln. „Eigentlich wollten wir Tiere aus Tschechien auswildern. Aber artenschutzrechtlich ist es nicht erlaubt, diese auszuführen“, erzählt Riether. So musste er sich nach anderen Zieselpopulationen umschauen. Auch der Wildpark Geising schiedletztlich aus, da dessen Ziesel aus dem Dresdner Zoo stammen, der sie sich in Ungarn besorgt hat. Riether wollte Tiere, die möglichst aus einer Region unweit des Erzgebirges kommen.
Erst in Österreich wurde er fündig. Im Juli war dann der große Tag: Riether und zahlreiche andere Zieselfreunde konnten die ersten der possierlichen Tierchen ins Gehege entlassen. Von den 22 Tieren sind 17 Weibchen. Zweimal in der Woche werden sie von Bernd König vom Förderverein für die Natur des Osterzgebirges gefüttert.
Gerhard Herrmann vom Riesaer Tierpark begleitet das Projekt als Fachmann.
Wer die Ziesel jetzt besucht, wird sie nicht zu Gesicht bekommen, denn es ist Schlafenszeit. Wolfgang Riether hofft, dass die Ziesel in den nächsten Wochen nicht allzu oft gestört werden, damit sie in Ruhe Nachwuchs zeugen können. „Nach unserem derzeitigen Plan wollen wir die Jungtiere im nächsten Juli in die Freiheit entlassen“.
Unklar ist noch, wie die Tiere den Winter im Osterzgebirge überstehen. Es kann durchaus passieren, dass sie ihn nicht überleben.
Auch das hat der BUND in Erwägung gezogen, deshalb wollte er das Projekt erst einmal im Stillen vorbereiten und erst dann an die Öffentlichkeit gehen, wenn die Jungtiere ausgewildert werden.
Dass es jetzt anders gekommen ist, kann Wolfgang Riether aber verschmerzen. Trotz aller Unwägbarkeiten hält er an der Auswilderung der Ziesel fest. „Langfristig möchten wir insgesamt drei Populationen inganz Sachsen aufbauen“, erklärt er.
Weitere Informationen: Landesvorsitzender Wolfgang Riether, 0371/ 30 14 77, E-Mail: [email protected]