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"Wir hatten Angst um Bella"

Der Hund von Ehepaar Schäfer aus dem Westerwald stürzt im Zittauer Gebirge in eine Felsspalte - und bleibt zwei Tage darin gefangen. Dann kommen seine Retter.

Von Thomas Christmann
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Kläre und Heinrich Schäfer mit ihrer Deutsch Drahthaar-Hündin Bella. Die Fünfjährige hat dem Ehepaar zwei nahezu schlaflose Nächte bereitet.
Kläre und Heinrich Schäfer mit ihrer Deutsch Drahthaar-Hündin Bella. Die Fünfjährige hat dem Ehepaar zwei nahezu schlaflose Nächte bereitet. © Matthias Weber/photoweber.de

Die drei Westerwälder sind wieder glücklich vereint: Das Rentner-Ehepaar Heinrich und Kläre Schäfer sowie ihre fünfjährige Hündin Bella, ein Deutsch-Kurzhaar. "Sie ist wie das dritte Kind in der Familie", sagt die zweifache Mutter, die mit ihrem Mann gerade Urlaub im Zittauer Gebirge macht. Und das schon zum fünften Mal, wegen der schönen Landschaft. Aber fast hätten die erholsamen Tage fernab der vertrauten Umgebung ein tragisches Ende für die 70-Jährige und ihren zwei Jahre älteren Gatten genommen, denn ihre Hündin war nach einem Spaziergang plötzlich verschwunden.

Kläre Schäfer lief mit ihrer Puppi - wie sie das Tier auch liebevoll nennt - am Dienstagvormittag vom Olbersdorfer Hof aus nach Oybin. Ihr Mann konnte sie wie so oft bei diesen Ausflügen nicht begleiten, weil er gehbehindert ist. An dem Tag gingen die beiden erstmals den Weg beim Robertfelsen entlang, der in der Nähe der Teufelsmühle liegt. Um den nötigen Auslauf zu bekommen, ließ die Besitzerin Bella von der Leine. Doch dann rannte die Jagdhündin weg. "Ich dachte, dass sie eine Fährte eines Rehs ausgemacht hat", sagt die Westerwälderin, die das Tier ausbildete. "Eigentlich kehrt Bella nach wenigen Minuten zurück." Doch erstmals tat sie das nicht. 

Suchmeldung bei Facebook und Instagram

Kläre Schäfer wartete eine Stunde, pfiff und rief nach ihr. Die 70-Jährige ging den Weg bis zum späten Nachmittag nochmals ab. Erfolglos. "Ich hatte noch die Hoffnung, dass Bella nach Oybin läuft und sie dort jemand findet." Schließlich sei sie freundlich, kinderlieb und gechipt, so ihre Besitzerin. Aber auch das passierte nicht. Kläre Schäfer benachrichtigte noch am selben Tag Polizei und Förster, der wiederum die Jäger in der Umgebung informierte. Ihre Bekannten stellten zudem eine Suchmeldung bei Facebook und Instagram ein. "Wir hatten Angst um Bella", sagt Kläre Schäfer.

So haben die Bekannten per Facebook und Instagram nach Bella gesucht.
So haben die Bekannten per Facebook und Instagram nach Bella gesucht. © privat

Nach einer nahezu schlaflosen Nacht machte sie sich bei Sonnenaufgang am Mittwoch erneut auf den Weg. Hoffnung gab ihr die Nachricht, dass Jäger einen Hund klagen hörten. "Das ließ mir keine Ruhe", sagt die 70-Jährige. Deshalb kontaktierte sie noch am selben Abend Enrico Wendler aus Oybin, den zuständigen Hegeringsleiter vom Jagdverband Oberlausitz - er kennt sich im Zittauer Gebirge bestens aus. Gemeinsam machten sie sich nach einer weiteren sorgenvollen Nacht am Donnerstagmorgen auf an die Stelle, wo Bella verloren ging. Als Jagdhund-Besitzer mit einer speziellen Pfeife ausgestattet, konnte der 49-Jährige nach längerem Suchen schließlich einen Laut vernehmen: Dieser kam aus einer Felsspalte, zehn Meter tief. Darin befand sich die Hündin. Links und rechts von ihr ging es weitere 15 Meter hinunter. "Glück im Unglück", nennt das der Oybiner. Ein noch tieferer Sturz und Bella wäre wohl tot gewesen. So schien sie keine Verletzungen davon getragen zu haben, machte einen aufgeweckten Eindruck. Zudem war es in der Felsspalte kühl und dunkel, bei praller Sonne und Hitze hätte es mangels Wasser problematisch für das Tier werden können. 

Mobiles Hundezelt umfunktioniert

Und da Enrico Wendler nicht nur Jäger ist, sondern seit seiner Kindheit auch Kletterer, übernahm der Sportlehrer vom Christian-Weise-Gymnasium auch gleich die Rettungsaktion. Der 49-Jährige funktionierte dafür kurzerhand sein mobiles Hundezelt um, das aus einem starken Gestell besteht. So kletterte er den Felsen hinab. Von oben sicherte ihn Günter Geyer, ein befreundeter Jäger aus Olbersdorf. Unten angekommen, hätte ihn Bella fast umarmt, sagt Enrico Wendler sinnbildlich. Gemeinsam zogen sie die Hündin in dem mit einem Seil umwickelten Zelt langsam nach oben. Dort wartete schon sehnsüchtig Kläre Schäfer auf ihre Puppi, die bei der Rettungsaktion die Hündin mit Worten zu beruhigen versuchte. Kaum war das Zelt aufgemacht, lief Bella aufgeregt und freudig auf sie zu. "Ich hatte Tränen in den Augen", sagt die Seniorin. Bella bekam sofort Wasser gereicht, später eine kalte Suppe und eine Banane - zur Kräftigung.

In diese Felsspalte ist die fünfjährige Bella zehn Meter tief gefallen.
In diese Felsspalte ist die fünfjährige Bella zehn Meter tief gefallen. © Kläre Schäfer
Jäger Enrico Wendler aus Oybin macht sich für den Abstieg zum Hund bereit.
Jäger Enrico Wendler aus Oybin macht sich für den Abstieg zum Hund bereit. © Kläre Schäfer
Er schaut sich die Gegebenheiten an und klettert langsam den Felsen hinunter bis zur Spalte. 
Er schaut sich die Gegebenheiten an und klettert langsam den Felsen hinunter bis zur Spalte.  © Kläre Schäfer
Von oben sichert ihn Günter Geyer ab, ein befreundeter Jäger aus Olbersdorf..
Von oben sichert ihn Günter Geyer ab, ein befreundeter Jäger aus Olbersdorf.. © Kläre Schäfer
Mit einem Seil umwickelt zieht er das Hundezelt mit dem Tier darin nach oben.
Mit einem Seil umwickelt zieht er das Hundezelt mit dem Tier darin nach oben. © Kläre Schäfer
Enrico Wendler klettert parallel mit hoch.
Enrico Wendler klettert parallel mit hoch. © Kläre Schäfer
Als sie das Zelt öffnen, rennt Bella sofort zu Kläre Schäfer.
Als sie das Zelt öffnen, rennt Bella sofort zu Kläre Schäfer. © Kläre Schäfer
Die Besitzerin bricht in Tränen aus, als sie ihren Hund in Empfang nimmt.
Die Besitzerin bricht in Tränen aus, als sie ihren Hund in Empfang nimmt. © Enrico Wendler

Die Rettungsaktion fand Kläre Schäfer nach eigenen Worten lebensgefährlich. "Die zwei Herren haben richtig Einsatz gezeigt", sagt sie. "Solche hilfsbereiten Menschen gibt es selten." Als Dank für ihre Tat hat das Ehepaar beide noch am Donnerstag zum Abendessen in den Olbersdorfer Hof eingeladen. Weil Enrico Wendler aber verhindert war, wollen sich Schäfers bei ihm nun noch einmal extra bedanken. Der 49-Jährige hält seine Tat hingegen für eine Selbstverständlichkeit, der diese gar nicht an die große Glocke hängen mag. "Wäre mein Hund weg, würde ich mich auch über Hilfe freuen", sagt er.

Schäfers haben derweil ihren Urlaub um zwei Tage verlängert und bleiben nun bis Dienstag. "Wegen der Aufregung", sagt die Ehefrau. Den Weg will sie mit Bella nie mehr gehen. "Ich wusste nicht, dass er so gefährlich ist."  Stattdessen schlägt die 70-Jährige künftig eine andere Richtung ein. Und ihre Puppi bleibt nun auch an der Leine. Denn ohne Hund, das wäre kein Leben, so die Seniorin.

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