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Zittauer Stolpersteine erinnern an jüdische Schwestern

Bianka und Doris Michaelis lebten in der Brüderstraße 11. Beide verloren ihr Leben in der Nazi-Zeit. Dafür gibt es nun eine besondere Erinnerung.

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© R. Sampedro

Von Jan Lange

Zittau. Es sind die Stolpersteine 21 und 22. Sie erinnern an Bianka und Doris Michaelis, zwei jüdische Schwestern aus Zittau, die in der Nazi-Zeit ihr Leben verloren. Mit den Stolpersteinen soll nun die Erinnerung an sie aufrecht erhalten werden. Unter den Blicken zahlreicher Zittauer, Jung wie Alt, sind sie am Dienstagmittag an der Ecke Johannisstraße/Klosterplatz vom Künstler Gunter Demnig verlegt worden.

An dieser Stelle stand früher das Wohnhaus der Familie Michaelis. Es ist im Mai 1945 zusammen mit der anliegenden Handwerkerschule zerstört worden. An ihrer Stelle befindet sich heute ein kleiner Park. Daran haben sich die Zittauer so gewöhnt, dass viele nicht vermuten, dass an jener Stelle mal ein Haus stand. Seit 1901 hatte Albert Michaelis, der Vater von Bianka und Doris Michaelis, in dem Gebäude ein Bekleidungsgeschäft betrieben. Zuvor war es am Rathausplatz ansässig.

Albert Michaelis und seine Frau Mathilde gehörten laut einem Verzeichnis von 1891 zur ersten Generation jüdischer Einwohner in Zittau. Sie hatten insgesamt sechs Kinder, neben Bianka und Doris gab es noch die Töchter Martha und Anna sowie die Söhne John und Paul. Dass nur für zwei Michaelis-Kinder Stolpersteine verlegt wurden, ist auch der Tatsache geschuldet, dass zu den anderen Geschwistern keine Biografie bekannt ist. Über Bianka Michaelis haben die Mitarbeiter der Netzwerkstatt der Hillerschen Villa in Erfahrung bringen können, dass sie 1887 geboren wurde und später in Wiegandstal im damaligen Landkreis Lauban gelebt hatte. Von dort ist sie wahrscheinlich deportiert worden und 1942 mit 55 Jahren gestorben. Ihre neun Jahre jüngere Schwester Doris kommt 1943 ins KZ Theresienstadt und später nach Auschwitz, wo sie vermutlich wie Tausende andere Häftlinge vergast wurde.

„Es sollte uns bewusst sein, was geschehen ist, und dass es nie wieder geschehen darf“, findet Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm), der ebenfalls die Verlegung der Stolpersteine verfolgte. Armin Pietsch, der die Biografien der beiden Schwestern recherchiert hatte und am Dienstag vorlas, sieht es genauso. Nicht die Gaskammern seien der Anfang gewesen, meint Pietsch, sondern die Sprüche, Meinungen und Meldungen. Dass so etwas wieder geschehen kann, hält er durchaus für möglich.

Immerhin sind Stolpersteine in Zittau schon beschädigt worden – so wie die für John, Erna und Dorothea Duneck auf dem Fußweg vor der Theodor-Körner-Allee 13. Sie wurden im November 2016 erneuert. Die Netzwerkstatt, die seit 2005 die Verlegung von Stolpersteinen in der Stadt vorbereitet und begleitet, bietet inzwischen auch Patenschaften an. Die Paten können ab und zu nachschauen, ob die Steine noch in Ordnung sind, können sie gegebenenfalls reinigen und natürlich an Gedenktagen an die Verstorbenen erinnern. Die anwesenden Gäste der jüngsten Stolperstein-Verlegung gedachten der beiden jüdischen Schwestern, indem sie kleine Steine neben die Stolpersteine legten.