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Zittauer Zoll jagt Diesel-Panscher

Der nächste verzweifelte Versuch, wieder Fehlanzeige. Mit einem Lächeln im Gesicht präsentiert der Brummifahrer das Dilemma: Das Sieb des Tanks an seinem Laster geht nicht ab. „Nix“, sagt der Pole und zuckt mit den Schultern.

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Von Matthias Klaus

Der nächste verzweifelte Versuch, wieder Fehlanzeige. Mit einem Lächeln im Gesicht präsentiert der Brummifahrer das Dilemma: Das Sieb des Tanks an seinem Laster geht nicht ab. „Nix“, sagt der Pole und zuckt mit den Schultern. Der Uniformierte neben ihm ist mit dieser Auskunft alles andere als zufrieden. „Andere Seite?“, fragt er. Eine Umrundung des Lasters später steht das Urteil des lächelnden Fahrers fest: „Auch nix.“

Kurz darauf vergeht ihm das Grinsen. Denn der Herr in Uniform, ein Zittauer Zollbeamter, stellt in Aussicht: Eine Werkstatt muss ran und den Tank öffnen. Die Kosten dürfe der Laster-Lenker übernehmen. Das muss nun nicht sein, findet der und greift zu Hammer und Meißel. Kurz darauf hat das Dieselbehältnis ein Loch und der Mann vom Zoll kann mit dem Schlauch seines Prüfgerätes eine Kraftstoff-Probe nehmen...

Pistole immer griffbereit

Mittwochnachmittag, die B97 in Schwepnitz zwischen Hoyerswerda und Dresden: Die Mobile Kontrollgruppe, oder genauer Kontrolleinheit, aus Zittau ist im Einsatz. Laster oder Pkw –ob und wer herausgewinkt wird, scheint mehr oder weniger zufällig. Bei den Brummis steht immer wieder der Dieseltest an: Wurde mit steuerbegünstigtem Heizöl gepanscht? „Der Anteil des Öls muss ja nicht hoch sein. Aber für einen Spediteur macht’s die Masse an Fahrzeugen, die damit fährt“, sagt Michael Zimmermann. Er ist der Leiter der Zittauer Kontrollgruppe. Sein Dienstgrad: Zolloberinspektor. 15000bis 17000Fahrzeuge stoppen die Zittauer pro Jahr. „Man weiß nie, wer drinsitzt, was auf einen zukommt“, sagt Michael Zimmermann.

Die Frauen und Männer vom Zoll treten fast schon ein bisschen martialisch auf: schusssichere Westen, Pistole offen an der Hüfte. Selbst der SZ-Redakteur bekommt eine Schutzweste verpasst. „Unser Klientel ist nicht zimperlich. Gerade beim Zigarettenschmuggel sind die Gewinnspannen sehr hoch“, schildert Michael Zimmermann. Entsprechend werde zuweilen bei Kontrollen reagiert. Im Zoll-Deutsch heißt das: „Wir steigen eine Eskalationsstufe höher ein, als die Polizei.“ Etwa 1,50 bis zwei Euro kostet eine Stange Zigaretten in Russland, Kaliningrad. „In Leipzig wird die Stange für 20 Euro verkauft, in England, wenn sie es bis dorthin schafft, sogar für 60“, erzählt der Zittauer Zollchef.

Zu seiner Kontrolleinheit gehören 30Personen. Sie arbeiten in drei Prüfgruppen. Zu jeder Gruppe gehören zwei Hunde: ein Drogen- und ein Sprengstoffhund. 60 Kontrolleinheiten dieser Art gibt es in ganz Deutschland. Unterstellt sind sie dem Finanzministerium. 14 Uhr ist am Mittwoch Schichtbeginn am Übergang Friedensstraße in Zittau. Die Aufregung hält sich in Grenzen. Fußgänger werden kontrolliert, Autos. Seit Schengen wegen des Nato-Gipfels außer Kraft gesetzt wurde, wird vor allem darauf geachtet, dass der Ausweis beim Grenzübertritt in der Tasche ist. Die Zigarettenschmuggler machen offenbar gerade Pause. Diesel und Zigaretten–nur zwei der Themen, mit denen sich die „Warenpolizei“ Zoll beschäftigt. Ob gefälschte Markenklamotten, Welpen aus Osteuropa, Bargeldkontrollen gegen die Terrorismusfinanzierung, Lebensmittelüberwachung und, und, und–die Aufgaben sind vielfältig.

Wird ein Auto zur Kontrolle herausgezogen, ist diese meist akribisch. Kofferraum, Armaturenbrett, Taschen, Rucksäcke, Hohlräume und potenzielle Verstecke am Fahrzeug–nichts bleibt verschont. Auch nicht die junge Blondine aus Tschechien. Sie reist mit ihrem Kleinwagen aus Zittau über Polen ins Heimatland.

20 Liter Benzin zu viel

Das Problem: Das Auto hat kein richtiges Nummernschild, sondern ein Kurzzeitkennzeichen. Und das gilt nur für Tschechien. Im Fall eines Unfalls in Deutschland hätte der Unfallgegner ein Problem: Die Versicherung würde wohl nicht zahlen. „Wir informieren die Polizei“, so Michael Zimmermann, bugsiert die Blondine samt Auto auf einen Parkplatz. Ein Telefongespräch mit der Polizei, und es stellt sich heraus: Sie hatte die junge Frau auch schon angehalten, es bei einer Belehrung belassen. Sichtlich erleichtert düst die Dame davon.

Anderthalb Stunden später läuft der Diesel inzwischen aus dem aufgemeißelten Brummitank in Schwepnitz in ein Testgerät des Zolls. Eine Sichtprobe zeigt: Es ist tatsächlich reiner Kraftstoff. „Verständlich, dass die Spediteure die Tanks gegen Dieseldiebe sichern“, sagt Michel Zimmermann. Aber für den Zoll muss der Tank geöffnet werden können. Dann bauen die Kollegen die Kontrollstelle ab. Lkw kommen seltsamerweise kaum noch vorbei. „Es hat sich über CB-Funk herumgesprochen, dass wir hier stehen“, begründet Michael Zimmermann.

Im Oberland schneit’s, letzte Station der Schicht. Es ist 20.30Uhr, Kontrolle am Grenzübergang Sohland. Ein VW-Fahrer hat zusätzlich zu den 20 erlaubten 20 Liter Benzin zu viel in einem Reservekanister dabei. Das bedeutet für ihn: Zunächst warten, bis das Protokoll geschrieben ist und dann ein Griff ins Portemonnaie. 13,09 Euro werden als Nachzahlung fällig. Insgesamt hatte der Zittauer Zoll in diesem Monat bereits über 200 solche und ähnliche „fiskalische Aufgriffe“.

Schichtende in Zittau, die schusssichere Weste kann ausgezogen werden–endlich. Michael Zimmermann ist mit dem Tag zufrieden. „Auch“, sagt er, „wenn er wenig ergiebig war.“