Von Carla Mattern
Seit gestern wird am Landgericht in Görlitz gegen eine Frau aus Zittau verhandelt. Sie soll versucht haben, ihren Mann zu töten und zu bedrohen. 185 Tage saß die 37-Jährige wegen der Vorwürfe in Untersuchungs-Haft. Jetzt wurde sie dazu vor der Strafkammer gehört. „Es gab kein Messer“, sagte sie.
In der Nacht des 13. November 2000 gab es wie so oft Streit zwischen den Eheleuten. Ohne Grund habe die Angeklagte ihren Mann angegriffen, gekratzt, getreten und gebissen. Dann sei sie in die Küche gegangen und mit einem Messer zurückgekehrt. Ihr 26 Jahre älterer Mann wehrte den Angriff ab. Auch den zweiten, mit einem größeren Messer. Sie soll „Ich bring dich um“ gesagt und in Bauchhöhe zugestochen haben, so die Anklage der Staatsanwaltschaft.
Schwere Kindheit und Heimaufenthalt
Eine ganze Zeit später, während eines Prozesses vor dem Amtsgericht in Zittau, als der Mann rückständige Miete einforderte, drohte sie ihm wieder „Dich leg ich um“.
Als sie gestern diese Anklage hörte, saß die zierliche Frau mit den offenen langen Haaren gefasst auf der Anklagebank. Ruhig berichtete sie von ihrer Kindheit und Jugend in Oberfranken. Von den ewigen Streitereien zwischen Mutter und Stiefvater, Schlägen und Alkohol. Mit 13 ging sie in ein Heim. Von dort haute sie immermal ab, traf sich dann mit Männern, ging mit 17 zum Alkohol-Entzug. Ihren jetzigen Ehemann lernte sie kennen, als sie für ihn als Animierdame in einer seiner beiden Striptease-Bars arbeitete. Später, heirateten sie, Ende 1989 wurde ein Sohn geboren. Damals begannen ihre Depressionen, die seitdem behandelt wurden. Der Nachtbar-Besitzer verkaufte beide Lokale, zog mit ihr in die Oberlausitz. Während das Kind von der Oma betreut wurde, fuhr er seine Frau zum Striptease-Tanzen. Mehr als ein Taschengeld bekam sie nicht.
Verhandlung wird Ende Januar fortgesetzt
Der Zoff zwischen den Eheleuten nahm zu, sie versuchte sich zu trennen, ging zu ihrer Schwester nach Bayreuth. Dort kam es zu einem schwer wiegenden Vorfall. Beim Ausgehen in einer Nachtbar wurde sie angepöbelt. Sie reagierte und verletzte eine Frau mit einem Messer schwer. Dafür musste sie von Februar 1997 bis März 2000 in den Maßregelvollzug.
Ihr Ehemann wurde als Betreuer eingesetzt. Er ließ sie einen Mietvertrag unterschreiben. Obwohl sie in dem Haus des Sohnes keine eigenen Räume bewohnte, wie sie sagt, klagte er die ausstehende Miete ein. „Er versucht mir das Leben zur Hölle zu machen oder mich in den Wahnsinn zu treiben“, sagt die Angeklagte. Die Scheidung ist seit August 2000 eingereicht, Versuche, im Frauenhaus unterzukommen, schlugen fehl. Er setze sie emotional unter Druck, bis sie Wut bekäme und aggrassiv reagiere, so die 37-Jährige. In jener Nacht stritten sie, „es gab kein Messer in meiner Hand“, sagte sie gestern.
Die Verhandlung wird am 30. Januar fortgesetzt.