Zitterpartie im Wahlausschuss

Es wird eine Wahl mit großer Auswahl: Insgesamt 153 Pirnaer Bürgerinnen und Bürger bewerben sich um die 26 Sitze im künftigen Stadtrat. Am Montag hat der Gemeindewahlausschuss über die Zulassung der Bewerberlisten für die Wahl am 26. Mai entschieden. Die öffentliche Ausschuss-Sitzung im Volckamer-Saal des Stadthauses lockte nicht nur Vertreter der Parteien, sondern auch interessierte Bürger – die vor allem eine Frage beantwortet wissen wollten: Wird der Ausschuss, der aus zwei Mitgliedern der Stadtverwaltung und sechs Bürgern besteht, die Kandidatenliste der Freien Wähler zulassen?
Das Thema sorgt seit Tagen für eine hitzige Debatte in Pirna. Die Wählervereinigung „Freie Wähler – Wir für Pirna“ hatte am 7. Februar ihre Kandidaten für die Stadtratswahl bestimmt, die Liste aber nicht wie gesetzlich vorgeschrieben in geheimer, sondern in offener Abstimmung beschlossen. Dieser Formfehler wurde publik und bei Gemeinde-Wahlleiterin Ilka Becker im Rathaus angezeigt. Eine Lappalie ist das nicht, denn drei Mitglieder der Nominierungsversammlung hatten auf einem Standard-Formular mit ihrer Unterschrift an Eides statt versichert, dass eine geheime Abstimmung stattgefunden habe. Die Wählervereinigung zog ihren Wahlvorschlag zurück, andernfalls wäre ihre Liste von der Wahl ausgeschlossen worden.
Letztlich treten die Freien Wähler am 26. Mai trotzdem an. Sie hatten in einer Hau-Ruck-Aktion als lose Vereinigung „Freie Wähler“ eine neue Liste beschlossen. Das war möglich, da die Freien Wähler mit zwei Räten seit 2014 im Stadtparlament vertreten sind, somit kamen sie um das neuerliche Sammeln von Unterstützungsunterschriften für ihren Wahlvorschlag herum. Denn dies hätten sie in der Kürze der Zeit wohl nicht mehr geschafft.
Gemeinde-Wahlleiterin Ilka Becker erläuterte am Montag ausführlich die rechtliche Einschätzung der Stadtverwaltung zu diesem Thema. Entscheidend fürs Anerkennen der Freie-Wähler-Liste sei aus Sicht der Stadt-Juristen tatsächlich die Kommunalwahl von 2014, erklärte die Wahlleiterin. Damals zogen mit Ulf Weise und Bernd Kühnel zwei Freie Wähler in den Rat ein und gehören ihm bis heute ununterbrochen an. Dass sie sich zwischendurch der Fraktion „Wir für Pirna – Freie Wähler“ anschlossen, die sich dann noch einmal umbenannte, spiele dabei keine Rolle.
Unterdessen kursiert unter den Parteien in Pirna ein Papier mit einer juristischen Einschätzung des Vorgangs. Dessen Autor kommt zu einem anderen Schluss und zieht die Rechtmäßigkeit des Freie-Wähler-Wahlvorschlags in Zweifel. Auch dieses Papier gab die Gemeinde-Wahlleiterin dem Wahlausschuss zur Kenntnis. Bei der Abstimmung über die Zulassung der Freie-Wähler-Liste folgte die Mehrheit der Ausschussmitglieder aber der Argumentation der Stadtverwaltung und ließ die FW-Kandidaten zur Wahl zu. Ein Ausschussmitglied stimmte dagegen.
An Unterschriften-Hürde gescheitert
Offen war am Dienstag noch, ob Kandidaten anderer Parteien Beschwerde gegen dieses Votum des Wahlausschusses einlegen werden. Drei Tage hätten sie dafür Zeit. Unabhängig davon hat der Stadtrat Peter Tränkner (Pirnaer Bürgerinitiativen) gegen die Unterzeichner des zurückgezogenen Wahlvorschlags von „Freie Wähler – Wir für Pirna“ bei der Staatsanwaltschaft Dresden Strafanzeige wegen Meineids gestellt. Die weiteren Entscheidungen des Wahlausschusses gingen am Montag mit weniger Dramatik einher. Inklusive der Freien Wähler werden in Pirna neun Parteien und Wählervereinigungen zur Stadtratswahl zugelassen. Eine Partei allerdings darf tatsächlich nicht antreten: die FDP. Die Freien Demokraten hatten sich mit einer eigenen Liste beworben, drei Kandidaten waren dort verzeichnet. Da die Partei aber weder im aktuellen Sächsischen Landtag noch im Pirnaer Stadtrat vertreten ist, hätte sie 100 Unterstützungs-Unterschriften sammeln müssen, um zugelassen zu werden. Während zum Beispiel die Wählervereinigung „Pirna kann mehr“, die ebenfalls auf Unterstützer-Unterschriften angewiesen war, dieses Quorum mit 127 gültigen Signets mühelos schaffte, scheiterte die FDP deutlich. Laut Ilka Becker wurden für die Liberalen nur sieben Unterschriften abgegeben. Sie können somit zur Stadtratswahl nicht antreten.
Auf dem Wahlzettel vertreten sein werden laut Beschluss des Gemeinde-Wahlausschusses die CDU, die SPD, Bündnis 90/Grüne, die Linkspartei, die Freien Wähler, die Wählervereinigung „Pirna kann mehr“, die AfD, die Pirnaer Bürgerinitiativen und die NPD.
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