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Zschaitzer Funkturm-Streit findet kein Ende

Die Funkturm GmbH bietet einen Kompromiss an. Dem stimmen die Lüttewitzer weiterhin nicht zu. Indes geht es um 20.000 Euro Planungskosten.

Von Erik-Holm Langhof
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Symbolbild: Der Streit um den Standort eines neuen Mobilfunkmasten im Zschaitzer Ortsteil Lüttewitz geht weiter.
Symbolbild: Der Streit um den Standort eines neuen Mobilfunkmasten im Zschaitzer Ortsteil Lüttewitz geht weiter. © dpa/Jens Büttner/Symbolbild

Zschaitz-Ottewig. Auch wenn Corona zahlreiche alltägliche Dinge lahmgelegt hat, nicht zuletzt in der Verwaltung, gibt es ein Streitthema, dass weiter bleibt: Was wird aus dem geplanten Funkturm im Zschaitzer Ortsteil Lüttewitz? In der vergangenen Gemeinderatssitzung fanden die Mitglieder klare Worte gegenüber der protestierenden Bewohner.

In der vergangenen Sitzung zeigte sich Bürgermeister Immo Barkawitz (parteilos) zusehend ratlos mit der derzeitigen Situation rund um den geplanten Mobilfunkmast. Seit etwa vier Monaten, also seit Januar diesen Jahres, läuft nun der Antrag der Deutschen Funkturm GmbH (DFMG) zum Bau eines neues 4G-Sendemastes im Zschaitzer Ortsteil Lüttewitz. Der Bau soll zur Verbesserung des Telekom-Netzes in der Region dienen. 

Doch die Anwohner freut das Vorhaben nicht so sehr. Seit mehreren Wochen versuchen sie nun den Bau des Standorts, knapp 50 Meter von der Wohnbebauung am Naturdenkmal "Sieben Linden" zu verhindern. Anfang März 2020 signalisierten knapp 150 Bürger aus Lüttewitz dem Bürgermeister, wie ernst sie ihre Forderungen meinen. 

In einer Mappe überreichen sie Immo Barkawitz eine Unterschriftensammlung, Erklärungen sowie eine Karte mit Alternativstandorten, die mindestens 500 Meter von der Wohnbebauung entfernt sind. Denn genau das ist eines der Voraussetzungen für die Lüttewitzer, dass ein neuer Standort entsteht. In mehreren Sitzungen verdeutlichten sie, dass sie Angst vor zu hoher Strahlenbelastung hätten und der Standort die Natur verschandeln würde.

Das Gemeindeoberhaupt versuchte daraufhin im März 2020 einen Gesprächstermin mit der Deutschen Funkturm GmbH, der Verwaltung sowie Vertretern der Bürger zu finden. Mit Erfolg, wie er in der Mai-Sitzung des Gemeinderats erzählt. "Wir hatten ein Gespräch, bei dem wir miteinander gut reden konnten." Dabei sei die Firma gemeinsam mit den Anwohnern auf den Entschluss gekommen, gemeinsam einen Alternativstandort zu finden. Beispiele dafür seien von den Lüttewitzern an die DMFG übergeben worden.

Doch einige Zeit später stellte sich heraus, dass diese Lösungssuche anscheinend keine Möglichkeit für die Funkturm-Bauer darstellt. Die Firma schrieb laut den Bürgern eine Antwort, indem sie "pauschal alle Vorschläge von uns ablehnt und keine ordentliche Begründung dazu liefert." 

Laut DFMG-Pressesprecher Benedikt Albers sei jedoch eine begründete Ablehnung hierzu erfolgt. "Aufgrund der Entfernung sind die beiden genannten Alternativstandorte funktechnisch nicht geeignet. Das bedeutet, das von dort aus die Mobilfunkversorgung nicht wie geplant verbessert werden kann", teilt er auf Anfrage von Sächsische.de mit.

20.000 Euro Funkturm-Planungskosten

Die Firma lieferte jedoch der Verwaltung einen Kompromiss-Vorschlag, der die Verschiebung des Standortes um 150 in Richtung Goselitz, bis in den letzten Zipfel der bereits durch die DFMG gepachtete Fläche, vorsieht. "Wir haben der Gemeinde im Interesse eines Konsens angeboten, den Standort so weit wie möglich zu verschieben. Dadurch könnten wir immer noch eine gute Mobilfunkversorgung gewährleisten, wesentliche Teile der bisherigen Planungsleistungen verwenden und dem Wusch der Gemeinde entgegenkommen", erklärte Albers.

Doch es ist nicht die einzige Antwort, die Zschaitz bekommen hat: Wie Bürgermeister Barkawitz sowie die Anwohner berichten, wurde dem Landratsamt eine Schadensersatzklage über 20.000 Euro durch die DMFG angedroht, wenn nicht bald der Bau starten könne. Das Landratsamt Mittelsachsen wollten sich auf Anfrage von Sächsische.de dazu nicht äußern. 

Die Deutsche Funkturm GmbH teilt nur mit: "Wir haben das Landratsamt um Unterstützung gebeten. Hintergrund ist, dass wir auf Basis der ursprünglichen Zusagen der Gemeinde im Rahmen des kommunalen Abstimmungsverfahrens 2017/2018 mit den Planungen und Vorbereitungen begonnen haben. Dadurch haben wir nicht nur Zeit investiert, sondern es sind bereits Kosten angefallen."

Völlig unverständlich für die Lüttewitzer. "Es kann doch nicht sein, dass ein Bürgermeister, der die Interesse seiner Anwohner vertritt und dass auch noch durch ein Bürgerbegehren gestützt wird, so verunglimpft wird", sagte ein Vertreter. Auch Immo Barkawitz gab zu: "Der Termin war link von der Firma. Das muss man schon sagen." 

Dennoch müsse er als Bürgermeister auch die Interessen der anderen Bürger beachten. Wie er erklärt, sei eine gute Netzabdeckung unabdingbar. Und auch die Lüttewitzer müssten nun verstehen, dass es nur noch "der gute Wille der Firma" sei, mit der Gemeinde zu verhandeln. Ein Kompromiss steht und er würde von 99 Prozent der Gemeinderäte auch getragen werden. "Denn, wenn wir jetzt wieder ablehnen, weiß ich nicht, ob wir noch einmal ein Gespräch zustande bekommen", sagte Barkawitz.

Auch Ostraus Bürgermeister Dirk Schilling (CDU), der der Sitzung in Zschaitz-Ottewig als Gast beisaß, unterstrich noch einmal: "Wenn es keine triftigen Gründe für eine Ablehnung des Turmes gibt, dann entscheidet das Landratsamt für den Bau. Die Diskussion wird emotionslos geführt." Somit würden Argumente wie die Angst vor der Strahlung nicht beachtet. Denn dafür gebe es gesetzliche Vorgaben und an diese hielte sich auch die Firma, meint Schilling. Seiner Meinung nach, habe der Zschaitzer Bürgermeister bereits mehr gemacht, als er hätte machen müssen.

Letzte Chance zur Kompromiss-Suche

Nicht zuletzt der eigene Gemeinderat sieht dies so. Wie Freie Wähler-Mitglied Ronny Gribowski sagte, habe Immo Barkawitz die Sorgen der Lüttewitzer von Anfang an beachtet, jedoch "brauchen wir eine fächendeckende Lösung und dazu zählen auch andere Bürger, die davon eventuell profitieren würden". Deshalb stehe ein Kompromiss der Funkturm GmbH, über die der Gemeinderat sprechen müsse.

Das Gemeindeoberhaupt schlug zum Schluss der Sitzung vor, noch einmal den Kontakt mit der Firma zu suchen. "Es ist noch ein Versuch, eine letzte Chance", entgegnete er den Bürgern. "Ich versuche sie noch einmal zu uns zu holen, damit wir eine Lösung zu finden." Sollte das jedoch nicht klappen, wolle er und der Gemeinderat den Kompromiss eingehen. Der Pressesprecher der Funkturm GmbH sagte Sächsische.de: "Wir sind weiter gesprächsbereit." 

Die Pressereferentin des Landkreises Mittelsachsen Peggy Zill teilte zudem mit: "Eine endgültige Entscheidung gibt es noch nicht. Die Beschwerden wurden geprüft, soweit sie Baurecht betreffen. Zudem ist der Antrag bis Ende Juni 2020 auf Wunsch der Antragsteller ausgesetzt."

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