Von Thomas Napp
Lediglich 26 Zuhörer fanden am vergangenen Mittwochabend den Weg in den Lausitzsaal des Nieskyer Bürgerhauses. Nun luden jedoch nicht etwa blutige Anfänger zu einem kammermusikalischen Abend, sondern weltweit geehrte und anerkannte Musiker. Auf dem durchaus ansprechenden Programm standen Werke zweier Romantiker des 19. Jahrhunderts. Verbindet man mit dem Namen Richard Strauß nicht gerade als erstes die Kammermusik, ist dies bei Franz Schubert um so zutreffender.
Klavierquartett von Richard Strauß
Zu Beginn spielten vier der insgesamt sechs Musiker des Abends das Klavierquartett c-Moll des durch seine Opernmelodien bekannten Richard Strauß. Trotzdem erwies es sich als sehr interessant, dem bei weitem seltener aufgeführten Frühwerk des Komponisten zu lauschen.
Unüberhörbar ließ sich ein Bezug zur Kammermusik von Johannes Brahms herstellen. Erst zwanzigjährig, nahm Strauß im Jahr 1884/85 natürlich intensiv die Einflüsse der ihn umgebenden Komponisten auf, bevor er in den kommenden Jahren seinen unverwechselbaren Stil fand. Die ausführenden Musiker überzeugten in den vier Sätzen, Allegro, Scherzo, Andante und Finale-Vivace, durch ihr homogenes Zusammenspiel. Wie aus einem Bogen übertrug das Quartett die kammermusikalischen Wechselspiele zwischen den einzelnen Instrumenten auf das Publikum.
Musiker harmonierten im gemeinsamen Spiel
Im rhythmisch markanten Scherzo zeigte sich insbesondere bei den forcierten Tonrepetitionen, dass die vier Musiker, obwohl sonst nicht regelmäßig zusammenspielend, gut aufeinander hörten und abgestimmt waren. Im ruhigen Andante konnte man im Saal eine Stecknadel fallen hören, so ausdrucksstark übertrugen Heike Janicke (Violine), Andreas Kuhlmann (Viola), Sergej Roldugin (Cello) und Detlef Kaiser (Klavier) die innere Spannung der Musik auf die aufmerksam folgenden Zuhörer. Das Finale setzte anschließend wie ein Sturmlauf zum beifallsgekrönten Abschluss an.
Nach der Pause konnte das spärlich erschienene Publikum sich auf ein Meisterwerk der Kammermusik freuen. Das Streichquintett in C-Dur von Franz Schubert entstand kurz vor seinem Tod 1828. Die fast orchestrale Klangfülle stellten die fünf Musiker, Heike Janicke, Ilja Konowalow (2. Violine), Andreas Kuhlmann, Leonid Gorokhov (Cello) und Sergej Roldugin, mit großer Transparenz dar.
Eine gefühlvolle Passage voller Wehmut
Auch wenn anfangs Gorokhov noch ein wenig zu solistisch agierte, passte er sich ab der Mitte des 1. Satzes, Allegro ma non troppo, dem geschlossenen Klang an. Das Adagio ließ dem Zuhörer die Tränen in die Augen steigen. Mit äußerster Intensität trugen die fünf Musiker die gefühlvolle Passage voller Wehmut vor. Im rhythmisch geschwinden Scherzo konnte das Quintett eine weitere Facette ihres Könnens zeigen, bevor im abschließenden Allegretto volkstümliche Melodien, mit Schubertscher Ornamentik verarbeitet, erklangen.
Gerade weil die nicht ideale Akustik des Saales von den Musikern alles verlangte, hätten diese ein zahlreicheres Publikum verdient. Wenn sich in Musikerkreisen herumspricht, mit welcher Lethargie die Nieskyer klassischer Musik begegnen, werden in Zukunft namhafte Künstler einen weiten Bogen um diese Stadt machen.