Von Jürgen Zacharias
Die Staatsanwaltschaft hat Herrn T. aus Zittau vorgeworfen, an einem Augustabend 2011 aus Richtung Oderwitz kommend in der Ortsdurchfahrt Mittelherwigsdorf zunächst einen anderen Pkw überholt und dann in Höhe Abzweig zur Straße der Pioniere von seinem Anhänger eine ungesicherte Euro-Palette verloren zu haben. Auf diese Palette ist dann wenig später das überholte Fahrzeug aufgefahren. Am Auto des als Zeugen anwesenden Geschädigten wurden Reifen, Felge und Unterbau zerstört, der Gesamtschaden nach dem Unfall wurde auf rund 1 500 Euro beziffert. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllt dieser Hergang den Straftatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.
Zum Tatvorwurf wollte sich der Angeklagte in der Verhandlung im Zittauer Amtsgericht jedoch nicht äußern. Dafür aber erzählte der Geschädigte als Zeuge dem Gericht seine Erlebnisse an jenem Tag. Als er überholt worden sei, habe er sich Teile des Kennzeichens am Hänger gemerkt. Dieses habe, soweit er sich erinnerte, mit den Buchstaben AC begonnen. Der Palette habe er dann später nicht mehr ausweichen können. Er hatte sie offensichtlich zu spät bemerkt. Die Palette habe er in den Straßengraben geräumt, dann die Schäden besichtigt und schließlich bei der Polizei den Verkehrsunfall gemeldet.
Das bestätigt der nächste Zeuge, ein Polizeiobermeister. „Gegen 21.09 Uhr wurden wir per Funk zum Unfallort geschickt, wo wir den Unfall aufgenommen und den Geschädigten befragt haben.“ Nachdem die Beamten gegen 21.50 Uhr den Unfallort verlassen hatten, haben sie Ausschau nach dem möglichen Unfallverursacher gehalten und auf der Äußeren Weberstraße ein Fahrzeug mit Hänger gestoppt, dessen Kennzeichen mit AIC begann. Der Fahrer gab an, aus Richtung Oderwitz gekommen zu sein. Auf dem Hänger fanden die Beamten dann mehrere ungesicherte Zaunfelder und Europaletten.
Nach Abschluss der Zeugenbefragung durch Richter Oltmanns war sich die Staatsanwaltschaft deshalb sicher: So viel bloße „Zufälligkeiten“ könne es gar nicht geben. Sie sah den Tatvorwurf gegen den Zittauer Angeklagten als erwiesen an.
Dessen Verteidiger sah das jedoch anders. Erstens sei die Befragung seines Mandanten durch die Polizisten ungefähr eine Stunde nach dem Unfall erfolgt. Von der Unfallstelle bis zur Äußeren Weberstraße brauche man aber nur etwa zehn Minuten. Wo der Beschuldigte sich denn die restlichen 40 Minuten aufgehalten haben soll, fragte der Verteidiger. Infrage stehe außerdem, ob es sich überhaupt um das gesuchte Fahrzeug handele, denn AC – vom geschädigten Zeugen angegeben – stehe für Aachen und AIC für Aischach. Und drittens sei auch der Tatvorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nicht zu belegen. Das setze voraus, dass er die Palette tatsächlich verloren, das bemerkt, sie aber nicht weggeräumt habe. Er stelle darum den Antrag, seinen Mandanten freizusprechen.
Richter Oltmanns folgte letztlich dem Antrag der Verteidigung: Freispruch mangels Beweisen. Die Kosten des Verfahrens trägt nun die Staatskasse.