Von Jens Fritzsche
Es riecht nach Teig und frisch gebackenen Semmeln. Bäckermeister Martin Kunath steht in seiner Leppersdorfer Backstube – und bäckt. Normalität. Aber der Leppersdorfer weiß, dass nur gut anderthalb Autostunden entfernt von solcher Normalität keine Rede sein kann: im polnischen Städtchen Bogatynia, das vor fast zwei Wochen von einer riesigen Flutwelle der Neiße zu großen Teilen zerstört worden war. „Man kann das mit Worten nicht beschreiben, was sich dort abgespielt hat, das muss man gesehen haben, um es zu glauben“, sagt Martin Kunath kopfschüttelnd, während er gerade wieder duftenden Kuchen aus dem Backofen holt. Auf einem gut hundert Meter breiten Uferstreifen links und rechts der Neiße gibt es quasi kein unzerstörtes Haus mehr. „Das sieht noch viel, viel schlimmer aus als im Fernsehen, wo ich die ersten Bilder dieser zerstörten Stadt gesehen habe“, ist der Leppersdorfer noch immer schockiert.
Diese Bilder waren es, die ihn am Sonntagmorgen hatten nach Bogatynia aufbrechen lassen – mit jeder Menge Hilfsgütern im Gepäck. „Es war unglaublich, wie groß die Bereitschaft rund um Wachau war zu helfen, als ich erstmals von meinem Vorhaben erzählt hatte“, klingt der Bäckermeister glücklich. Aus Wachau, Leppersdorf, Radeberg –überhall her waren Spenden gekommen: Kleidung, Hygieneartikel, Schaufeln, Gummihandschuhe; auch Spielzeug. Besonders begeistert ist er, dass auch aus der Ludwig-Richter-Mittelschule in Radeberg eine enorme Menge an Hilfsgütern kam. „Ist doch toll, wenn sich Schüler so für das Schicksal anderer interessieren“, findet der Leppersdorfer.
Kontakt über Gemeinde
Über die Wachauer Gemeindeverwaltung hatte Kunath Kontakt nach Polen aufgenommen; „Wachau hat ja eine polnische Partnergemeinde, die haben das für uns in die Wege geleitet“, erzählt der Leppersdorfer – und so war er in Bogatynia bereits erwartet worden. In einer unversehrten Schule der polnischen Stadt war die Anlaufstelle, „dort waren von vielen Helfern die Spenden in verschiedene Räume verteilt worden, dann kamen die Betroffenen und konnten sich mitnehmen, was sie brauchten“, beschreibt der Bäckermeister. „Alles ist also wirklich auch bei den Bedürftigen angekommen“, freut er sich.
Vielleicht neuer Transport
Vielleicht in drei Wochen, sagt Martin Kunath dann, will er noch einmal fahren. Nach Bogatynia. Aus der Normalität seiner Leppersdorfer Backstube ins Katastrophengebiet.
Er will helfen, dass auch dort bald wieder so etwas wie Normalität einziehen kann. „Auch wenn ich weiß, dass das alles nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein ist, aber es ist dennoch wichtig“, ist er überzeugt.