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Zuschendorf verliert 100.000 Euro

Das Landschloss und die Botanischen Sammlungen öffnen wieder. Wer das Minus durch die Zwangspause ausgleicht, ist bislang völlig offen.

Von Thomas Morgenroth
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Matthias Riedel im Blütenrausch: Der Leiter der Botanischen Sammlungen steht in einem Gewächshaus in Zuschendorf neben zwei Azaleen.
Matthias Riedel im Blütenrausch: Der Leiter der Botanischen Sammlungen steht in einem Gewächshaus in Zuschendorf neben zwei Azaleen. © Thomas Morgenroth

Das Landschloss Zuschendorf wollte in diesem Jahr „Die Auferstehung der Winterkönigin“ gebührend feiern. Mehr als 1.000 Kamelienblüten waren in besonderen Gefäßen arrangiert, eine aufwendige Szenerie um ein böhmisch-schottisches Königspaar aufgebaut. Die siebzehnte Deutsche Kamelienblütenschau aber wurde von Staats wegen jäh ausgebremst. Schon am 18. März, zwei Wochen nach der Eröffnung, musste das Schloss seine Tore wieder schließen.

„Die Folgen sind verheerend“, sagt Matthias Riedel, Leiter der zur TU Dresden gehörenden Botanischen Sammlungen und Geschäftsführer des Fördervereins. Die Kamelienblütenschau, zu der jährlich um die 30.000 Besucher erwartet werden, ist die mit Abstand größte Einnahmequelle des Vereins. „Durch die zwangsweise Schließung sind uns 100.000 Euro an Eintrittsgeldern verloren gegangen“, sagt Riedel. Das ist beinahe die Hälfte des Jahresetats in Höhe von rund 230.000 Euro, mit dem der Verein sämtliche Betriebskosten, Instandhaltungen, Investitionen und teilweise auch Personalkosten für das Anwesen bestreiten muss. Die TU Dresden selbst finanziert fünf Angestellte für die Botanischen Sammlungen, kommt darüber hinaus aber für keine weiteren Kosten auf.

Und gleicht auch den Verlust nicht aus. Bislang, sagt Riedel, wisse er nicht, wie er das Loch stopfen soll. Er setzt nun auf Freistaat und Bund. Er sieht beide in der Pflicht. „Die Verbreitung des Corona-Virus ist doch eine Folge der von der Regierung beförderten Globalisierung“, sagt der 61-Jährige. „Das ist die eigentliche Ursache. Aber das wird nicht diskutiert, weder von der Obrigkeit noch von den Medien.“ In die Gesamtbilanz der Globalisierung gehörten seiner Ansicht nach auch deren Nachteile, wie sie jetzt durch den Stillstand entstehen.

Für das Landschloss endet die Zwangspause am Donnerstag. Dann dürfen die Besucher wieder in den rund einen Hektar großen Park und in das Landschloss zur Auferstehung der Winterkönigin, allerdings ohne Blüten. Nur vereinzelt blühen die Kamelien noch. Auch die Azaleen werden wohl bald den größten Teil ihrer Pracht verloren haben. Wer sich beeilt, könnte sich noch an einigen mehr als drei Meter hohen Blütenkegeln in den Gewächshäusern erfreuen – unter Einhaltung der Abstandsregeln selbstverständlich.

In diesen Tagen stellen die Gärtner die Bonsais im Park wieder auf. In Zuschendorf sind die beiden größten Sammlungen Ostdeutschlands vereint, die private des Dresdner Gärtners Wilhelm Elsner und eine staatliche. An der hat Riedel einen wesentlichen Anteil, unter anderem mit Kiefern, die er 1983 für seine Diplomarbeit säte und zog. Er erinnert sich noch an den Sinneswandel der Regierenden, die Bonsais erst als „dekadente Kunst des Klassenfeindes“ verdammten und dann, nach einem Staatsbesuch Honeckers in Japan, nicht genug davon bekommen konnten. Staatsratsvorsitzender Willi Stoph war der erste, der einen Bonsai aus Dresden haben wollte.

Riedel hofft jetzt auf zahlreiche Besucher, auf die neben den Bonsais die Rhododendronblüte wartet und 500 blühende Hortensien im Sommer. Eine Weihnachtsausstellung soll das Jahr beschließen. „Sollten allerdings keine staatlichen Hilfsgelder gezahlt werden“, sagt Riedel, „müssen wir unsere Tore wieder verschließen.“

Geöffnet Die.-So./feiertags von 10-17 Uhr.

https://kamelienschloss.de/

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