Herr Eisel, unternimmt 20Jahre nach der politischen Wende auch das Bautzen-Forum einen besonderen Rückblick?
Wir machen keine Bilanzveranstaltung, sondern haben uns wie in den vergangenen Jahren wieder ein spezielles Thema vorgenommen, und zwar „Freiheit und Unfreiheit als deutsche Erfahrung“. Dabei wird unter anderem die Bedeutung des Häftlingsfreikaufs als Wirtschaftsfaktor für die DDR beleuchtet, ebenso die Rolle der Kirche zwischen Religion und Opposition. Wie immer werden auch Zeitzeugen von ihren ganz persönlichen Erfahrungen berichten. Zum Abschluss des Forums wollen wir dann doch eine aktuelle Debatte aufnehmen und über die Auseinandersetzung um die SED und die Rolle der Blockparteien diskutieren. Leider konnten wir zu diesem Thema trotz mehrerer Anfragen niemanden aus der sächsischen CDU für das Podium gewinnen.
Spüren Sie denn nach 20Jahren immer noch genügend Interesse am Bautzen-Forum?
Wir haben jedes Jahr 200 bis 250Teilnehmer, und das obwohl der Kreis der damals Betroffenen natürlich allmählich kleiner wird. Dennoch sind nach wie vor viele ehemalige politische Häftlinge oder deren Angehörige unter den Teilnehmern, aber zunehmend auch jüngere Leute sowie Lehrer, da die Veranstaltung vom sächsischen Kultusministerium auch als Fortbildung anerkannt wird. Es wird also sicher weiterhin Bedarf an der Aufarbeitung von deutscher Geschichte in dieser Form geben.
Was denken Sie, verschwimmt der Blick auf die Vergangenheit oder wird er schärfer, je weiter die Ereignisse zurück liegen?
Darauf lässt sich schwer eine allgemeingültige Antwort finden. Aber wir beobachten ein wieder zunehmendes ernsthaftes Interesse eben gerade auch bei jüngeren Leuten. Dazu haben sicher Filme wie „Das Leben der anderen“ beigetragen, während die Ostalgie-Shows wieder in den Hintergrund getreten sind.
Gespräch: Madeleine Siegl-Mickisch
20.Bautzen-Forum im Saal des Bautzener Brauhauses, T.-Mann-Straße, am 7.Mai 10 bis 17.30Uhr, am 8.Mai 9 bis 13 Uhr, Eintritt frei
Anmeldung bis 24. April unter (0341)9602431 oder [email protected]