Von Anja Hecking
„Er kommt aus dem Nichts und verschwindet wieder dorthin“, sagt Manfred Schneider. Der Revierförster zeigt auf den grünen Nadelteppich unter einer schmalen Fichte im Buschschenkenwald bei Kemnitz. Das Werk des Kupferstechers. Etwa mannshoch vom Erdboden entfernt schält der Förster mit der Axt ein Stück Rinde vom Stamm. Kleine weiße Maden winden sich darunter. Überall verstreut zeigen sich winzige Gänge. Hier und da sitzt der nur wenige Millimeter große dunkle Käfer. Wie sein Komplize, der Buchdrucker, vermehrt sich der Kupferstecher bei wenig Regen und viel Hitze massenhaft. Seine natürlichen Feinde, wie Specht, Ameisenbuntkäfer, Schlupfwespe, Pilze oder Viren, kommen gegen sein Aufgebot nicht mehr an.
Seit einigen Wochen treibt der Borkenkäfer schon in Fichtenbeständen besonders im südlichen Teil des Niederschlesischen Oberlausitzkreises sein Unwesen. Förster und Waldbesitzer müssen ganz besonders auf der Hut sein. Forstbetriebsgemeinschaften, wie der Waldbauverein Deutsch Paulsdorf, helfen größere Schäden zu verhindern. Im privaten Wald zwischen Herwigsdorf und Kemnitz hat der Gersdorfer Forstunternehmer Helmuth Knothe im Auftrag der Betriebsgemeinschaft bereits etliche Fichten zu Fall gebracht.
Auch hier machen Kupferstecher und Buchdrucker gemeinsame Sache. Manfred Schneider zeigt auf eine stattliche Fichte. Die Rinde ist an vielen Stellen schon abgebröckelt. Der etwa fünf Millimeter große Buchdrucker hat sein typisches Fraßbild hinterlassen: Wie bei einem aufgeschlagenen Buch die Zeilen verlaufen schmale Gänge von der Mitte aus nach den Seiten. Der Herd an einem einzigen Baum hat hier bisher einen Befall von etwa weiteren 40 Fichten zur Folge gehabt. Schnelles Handeln ist gefragt. „Bei dieser Krankheit hilft nur Amputation“, sagt der Förster und zeigt auf die Baumstämme, die bereits auf dem Waldboden liegen. Das Holz muss schnell behandelt und aus dem Wald abgefahren werden, um den Jungkäfern ein Schnippchen zu schlagen.
Des Buchdruckers Werk
Die warten unter der Rinde nur darauf, dass ihnen die Sonne Flugwetter beschert. Bleiben die kranken Bäume unbehandelt im Wald, wird der Borkenkäfer im nächsten Jahr wieder zum Problem, er überwintert im Boden. Der Buchdrucker sucht sich meist die schon stärkeren Bäume aus und hinterlässt ein feines braunes Bohrmehl am Stamm. Das kann man mit dem bloßen Auge nicht auf Anhieb erkennen.
Manfred Schneiders Kontrollgänge an den Käferfallen mit den Lockstoffen ergeben mitunter zwar keine reiche Ausbeute. Aber der Schein trügt, denn den Borkenkäfern ist es manchmal einfach zu kühl. Das machen sich die Forstleute zunutze und versuchen, dem Kupferstecher und Buchdrucker den Garaus zu machen.
„Dabei brauchen wir die Hilfe der Waldbesitzer“, sagt der Revierleiter aus Deutsch Paulsdorf. Denn allein können die Förster die Wälder nicht im Blick behalten.