Zwei Meter Abstand bei Amazon

Lampertswalde. Der geplante Tag der Öffentlichkeit im April im Amazon-Verteilzentrum musste wegen Corona ausfallen. Doch das Interesse, wie unter den derzeitigen Bedingungen gearbeitet wird, ist bei vielen Menschen groß, bestätigen die örtlichen Bürgermeister von Schönfeld und Lampertswalde, Hans-Joachim Weigel und René Venus, bei einem Besuch vor Ort. So stellen sie die Fragen: Wie kann der amerikanische Logistiker eine Massenansteckung mit Corona-Viren verhindern? Wie lassen sich die Vorschriften auch auf die externen Fremdfirmen, die Pakete in ganz Sachsen ausliefern, ausweiten? Was sagt man bei Amazon zu immer wieder auftretenden Verkehrsproblemen?
"Besser gut vorbereiten"
Standortleiter Tim Stapf verweist gleich am Eingang auf die Basis-Vorsorge: Mundschutz ist für alle Pflicht, ob nun Mitarbeiter - davon gibt es derzeit etwa 160 - oder Zustelldienstleister auf der Straße - das sind täglich etwa 370 Fahrer. Außerdem gilt ein Mindestabstand von zwei Metern. Nach Empfehlung der WHO und des Robert-Koch-Instituts, sagt Tim Stapf. Er spricht von 180 bis 200 Prozessen, die für Sicherheit und Hygiene bei Amazon umgestellt worden sind.
In kürzester Zeit wurde ein Parcours aufgebaut, der für die Mitarbeiter eine Einbahnstraße vorgibt. Beim Betreten der Halle müssen alle einen Temperatur-Check durchlaufen. Ein Mitarbeiter sitzt dafür hinter einer Thermalkamera. Auch die Spinde wurden in die Verteilhalle verlagert, damit sich die Beschäftigten nicht zu nahe kommen.

Busse aus Dresden, Senftenberg und Ruhland bringen täglich die Mitarbeiter, die bei Amazon Lampertswalde rund 40.000 Pakete und Päckchen sortieren. "Für die Nachtschicht sind es sechs Busse, für die Frühschicht drei", sagt der Standortleiter. Plexiglas-Wände schützen die Mitarbeiter an den Bereichen, wo die angelieferten Pakete gescannt und sortiert werden. Auch auf dem Fußboden sind Abstandsregulierungen aufgeklebt. Sie sollen noch permanent aufgebracht werden.
"Wir haben die Personaleinteilung entschlackt, damit nur ein Sortierer pro Gang arbeitet", informiert Tim Stapf. Aktuell würde man deshalb mehr Mitarbeiter für die Sortierung benötigen. In einem Behälter liegen Umschläge mit Masken, die sich die Beschäftigten täglich neu nehmen können. Nein, bisher hätte es hier noch keinen bestätigten Corona-Fall gegeben, versichert der Standortleiter. Es gibt zahlreiche Spender mit Desinfektionsmitteln, auch die Scanner sollen täglich behandelt werden. Neben einer Reinigungsfirma kommt die Spezialdesinfektion Rentokill zum Einsatz.

Kein Gedränge! auf arabisch
In der Auslieferungshalle nebenan kommt gerade die zweite Welle an. Glücklicherweise nur der Fahrzeuge, die die Amazon-Lieferungen auch in Großstädte wie Leipzig oder Dresden bringen. Hier verladen die Zusteller die vorsortierten Pakettaschen und Schiebewagen. "Kein Gedränge! steht in mehreren Sprachen, unter anderem arabisch, an der Plastikverglasung, hinter der der Dispatcher sitzt. Auch hier gilt der Zwei-Meter-Abstand. "Die Wellenzeiten fürs Beladen wurden extra verlängert", erklärt Tim Stapf. So wurde die Nachtschicht vorgezogen, die Spätschicht nach hinten verlagert. Auch die Fahrer haben ihre Temperaturmessung - an der hinteren Zufahrt der Halle.

Die Firma Farnia bekommt gerade den Wanderpokal für den "Zustelldienstleister der Woche". Disponent Mario Sandmann nimmt ihn entgegen. Farnia hat ihren Sitz in Linz auf der Hauptstraße. 43 Kleintransporter und rund 48 Mitarbeiter gehören zu diesem Dienstleister. Eine weitere Firma - der polnische Logistiker Rumak - zahlt in Schönfeld Gewerbesteuern. "Viele Zimmervermieter profitieren von Amazon", bemerkt Bürgermeister Weigel.
Auch die Fahrer tragen Mundschutz. Sie sollen die Pakete eigentlich nicht direkt an die Kunden übergeben, sondern vorher abstellen, so die Liefer-Anweisung. "Manchmal sind die Empfänger aber gar nicht erreichbar", meint Mario Sandmann. Dann muss im Zweifelsfall das On-Road-Management im Büro helfen. Bürgermeister Venus baut als Metallfirma bereits Privatzäune mit Paketablage, wie er erzählt.

Fahrer müssen sich an STVO halten
Die Bürgermeister beklagen an dieser Stelle, dass mancher Auslieferer zu schnell unterwegs ist. "Und dass schon mal drei Vierzigtonner vier Sperrscheiben bei uns in Schönfeld übersehen und dann über Anliegerstraßen fahren", empört sich Bürgermeister Weigel. Weder Amazon-Lkw noch Kleintransporter dürfen die Abfahrt Thiendorf wegen des B 98-Straßenbaus nutzen, sondern müssen über Schönborn fahren. Tim Stapf sagt, dass die Probleme erst nach der eigentlichen Sperrzeit im Juni begonnen hätten. "Wir haben uns schon bei Google Maps gekümmert." Der richtige Anfahrtsweg sei für die Lkw "im System" platziert. Auch Amazon-Sprecher Manuel Lesch verkündet den Anspruch, dass alle Fahrer verkehrsgerecht unterwegs sein müssen. Dasselbe gelte bei Alkohol und Drogen. So wünschen sich die Bürgermeister nur noch, dass sich auch Amazon für einen raschen Baubeginn der Schönfelder Ortsumfahrung stark machen sollte.