Zweisprachige Botschaft auf Babyshirts

Von Silke Richter
Hoyerswerda. Was ist eine „Game-Changerin“ und was hat sie in Hoyerswerda zu tun? Wir sprachen mit Madeleine Matschke.
Frau Matschke: Sie sind Hoyerswerdas neue „Game-Changerin“ – was ist eine Spiel(regel)Ändererin?
Einfach jemand, der die Rahmenbedingungen zum Positiveren ändert – konkret in Sachen Stadtmarketing für Hoyerswerda.
Sie wohnen in Spremberg. Was wussten Sie vor Ihrer Arbeit über die Sorben rund um Hoyerswerda?
Ich bin in Weißwasser aufgewachsen, wo die sorbische Tradition ebenso beheimatet ist wie um Hoyerswerda. Doch mehr Berührungspunkte als die zweisprachigen Ortsnamen und einen Besuch der Heimatstube von der Schule aus hatte ich nicht. Oder doch: Meine Freundinnen und ich bemalten ausdauernd sorbische Ostereier.
Zweisprachigkeit war für Sie sofort ein Thema. Warum?
In den letzten Jahren durfte ich zahlreiche Ärzten aus -zig Ländern auf ihrem Weg zur Approbation und schließlich zur Facharzt-Erlangung begleiten. Die Begegnung mit den verschiedenen Kulturen und Mentalitäten empfand ich als äußerst spannend, beeindruckend und für mich persönlich absolut bereichernd. Schnell zeigte sich, wie viele gemeinsame Nenner doch bestehen. Ich sehe die kulturelle Vielfalt als größten Gewinn einer Gesellschaft und wichtigen Innovationsmotor. Daher sollte sich ein jeder von uns für den Erhalt dieser Diversität in der eigenen Umgebung einsetzen. Natürlich gehört dazu in der Lausitz unumstritten die Pflege der sorbischen Sprache und Tradition.
Wie kann aus Ihrer Sicht das Sorbische im Allgemeinen die Entwicklung von Hoyerswerda positiv beeinflussen?
Eine Identität der Lausitz ist das Sorbentum. Wie maßgeschneidert liefert Otfried Preußlers Jugendbuch „Krabat“ bereits starke Motive für ein regionales Marketing. Die Geschichte verpackt den sorbischen Sagenstoff, aber auch sächsische Historie rund um August den Starken sowie Orte der Lausitz auf wunderbar-mystische Weise. Das alles zeigt, wie Zusammenhalt und Liebe alle Ängste und Tiefen überwindet. Diese Motive lassen sich sehr gut in die heutige Zeit übertragen. Die sagenhafte Lausitz bietet großes Potenzial, um in der hektischen, digital dominierten Welt den Wunsch nach physischer, identitätsstiftender Verortung zu erfüllen. Die Krabatmühle in Schwarzkollm ist ein solcher Ort.
Welche Ideen der Umsetzung schweben Ihnen dahingehend vor?
Ganz konkret arbeitet der Marketingverein „Familienregion HOY“ am Entwurf von Babyshirts. Witzige Sprüche, bezogen auf den Nachwuchs sowie Hoyerswerda, sollen unsere neuen Erdenbürger begrüßen und die zweisprachigen Botschaften in die Lausitz tragen. Die Sprüche übersetzte mir eine ehemalige Arbeitskollegin in Sorbisch.
Zur Umsetzung der Ideen braucht es Kontakte. Ist es schwer, Zugänge zu in Frage kommenden Vereinen, Institutionen und privaten Menschen zu finden?
Ich bin froh, dass ich die Stelle bereits im Februar dieses Jahres angetreten habe. So konnte ich einen Monat „vor Corona“ bereits viele Unternehmen, Vereine und für Hoyerswerda aktive Menschen kennenlernen. Natürlich war dies erst der Anfang. Aktuell liegt dieses wertvolle Netzwerk auf Eis, und die Liste derer, die ich noch kennenlernen und treffen will, ist sehr lang.
Apropos: Ein kleines Fazit zu ihrer bisherigen Arbeit wäre schön.
Ich fühle mich als Leiterin Stadtmarketing in Hoyerswerda gut angekommen und aufgenommen. Die anfänglichen bürokratischen Hürden sind gemeistert, und so sprudeln nun vor allem die Ideen. Aktuell setzen wir unsere vereinseigene Website um und hoffen, dass wir damit bis zum Sommer live gehen können. Dann haben wir eine Plattform, um unsere Botschaften überregional zu verbreiten.
Was machen Sie in Zeiten von Corona?
Wie gefühlt der Rest der Welt arbeite auch ich im Homeoffice. Das funktioniert ebenso wie das Home-Schooling meiner Tochter erstaunlich gut.
Was wünschen Sie sich für die Entwicklung von Hoyerswerda und der Region?
Ich wünsche mir ein gelebtes Leitbild: ein solidarisches, selbstbewusstes und weltoffenes Hoyerswerda. Diese Botschaft muss über die Stadtgrenzen hinaus Bekanntheit erlangen. Ich will größtmöglich dazu beitragen, dass Hoyerswerda und die Lausitz diese wohlverdiente Aufmerksamkeit erlangen. Ich werde zeigen, welch beeindruckende Persönlichkeiten hier wirken und leben, welch atemberaubend schöne Landschaften die Lausitz prägen, wie großartig es ist, hier zu leben. Schlagen wir dem demografischen Wandel ein Schnippchen und erheben wir Hoyerswerda zur Familienregion im sagenhaften Lausitzer Krabat- und Seenland. Ich wünsche mir, dass meine Kinder ihre berufliche und persönliche Zukunft in der Lausitz finden und nicht wie meine Generation berufsbedingt abwandern müssen. Ich bin davon überzeugt, dass wir kreativen, unkompliziert pragmatischen und anpackenden Lausitzer/innen das ehrgeizige Ziel gemeinsam schaffen werden.