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Zwischen Öl und EU

Plaste und Elaste aus den neuen Ländern sind in Osteuropa gefragt. Der US-Chemiekonzern Dow Chemical kann von seinen Standorten im Dreieck Böhlen, Schkopau und Leuna profitieren. Schkopau. Christoph Mühlhaus...

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Von Georg Moeritz

Plaste und Elaste aus den neuen Ländern sind in Osteuropa gefragt. Der US-Chemiekonzern Dow Chemical kann von seinen Standorten im Dreieck Böhlen, Schkopau und Leuna profitieren.

Schkopau. Christoph Mühlhaus gehört zu den Managern, die keine Angst vor der Erweiterung der Europäischen Union nach Osten zeigen. „Stabile Zuwachsraten“ sieht Mühlhaus seit Jahren, wenn er die Nachfrage nach Kunststoffen aus Osteuropa betrachtet. Das sei eine „durchgängige Konjunktur“, und die erwartet der Geschäftsführer der Buna Sow Leuna Olefinverbund GmbH auch für die kommenden Jahre. „Das ist Voraussetzung für unser Wachstum“, sagte Mühlhaus bei einem Vortrag in Schkopau in Sachsen-Anhalt.

Viel Überzeugungsarbeit und viele Milliarden von der Treuhand waren in den 90er Jahren nötig, um den US-Konzern Dow Chemical zur Übernahme der drei Werke in Böhlen (Sachsen), Schkopau und Leuna (Sachsen-Anhalt) zu bewegen. Belegschaft und Anlagen schrumpften stark. Doch es kamen auch neue Anlagen hinzu, und Mühlhaus sagt den Bau einer zweiten Produktionsstrecke für PET voraus – den Kunststoff, aus dem die Getränkeflaschen sind. Die Nachfrage danach erreiche „Größenordnungen, von denen wir Anfang der 90er Jahre nicht zu träumen gewagt haben“.

Beschränkungen kann den Chemiewerkern allerdings der steigende Ölpreis auferlegen: Vorige Woche berichtete die Dow-Zentrale in den USA von gesunkenen Gewinn-Erwartungen wegen teurerer Rohstoffe. Die Aktienkurse der Chemie-Riesen fielen, obwohl Dupont als Nummer zwei hinter Dow auf dem US-Markt der schlechten Prognose eine positive hinterherschickte.

2 300 Menschen sind heute beim Olefinverbund direkt beschäftigt. Etwa gleich viele arbeiten im südbrandenburgischen Schwarzheide bei BASF. Doch Mühlhaus hält die Werke wegen unterschiedlicher Produkte und Arbeitsorganisation nicht für vergleichbar: Der Olefinverbund erwirtschafte fast den dreifachen Umsatz von Schwarzheide, doch das bedeute nicht dreifache Arbeitsproduktivität. Vielmehr gebe es im Chemiedreieck noch einmal mindestens genauso viele Menschen, die nicht beim Olefinverbund direkt beschäftigt seien, aber von der Arbeit für ihn lebten.

Mühlhaus war zur Wendezeit Hauptingenieur im Ammendorfer Plastwerk; wer ihn heute sprechen hört, erlebt einen Lobbyisten für die Chemie-Industrie. Dass der Kohlendioxid-Ausstoss der drei Kunststoffwerke seit 1997 wieder steigt, bezeichnet er als Glück. Die Produktion steige, die technischen Möglichkeiten zur Kohlendioxid-Verminderung seien ausgereizt. Also mischt sich der Manager und Vizechef des Verbands Nordostchemie in die Umwelt-Politik: Die „Meinungsbildung im Bundesumweltministerium“ unterscheide sich oft von der im Wirtschaftsministerium. „Da gilt es, sich einzubringen – am besten über den Bundesrat“.

Über die Länderregierungen also versucht die Chemie-Industrie Einfluss auf die Umweltgesetze zu nehmen. Dazu kommen immer mehr Gespräche bei der EU-Kommission in Brüssel. Denn eines macht Mühlhaus schon Sorgen, wenn er nach Osteuropa blickt: Die Konkurrenz dort habe noch „Modernisierungspotenzial“. Wenn osteuropäische Fabriken demnächst weniger Umweltgifte abgeben, können sie sich nach Brüsseler Plänen dafür Gutschriften („Emissions-Zertifikate“) verdienen – und teuer an wachsende westeuropäische Konkurrenten verkaufen. Mühlhaus bereitet sich darauf vor, in diesem Fall erneut Politik für sein Unternehmen zu machen, um Kosten zu vermeiden.

www.dow.com