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Zwischen Tausenden Fischen zu Haus

Auch wenn die Fische keinen Mucks von sich geben – lautlos ist es am Arbeitsplatz von René Montag nie. Hier brummt eine Pumpe, dort gluckst es hinter einer Glaswand, neben dem Tresen plätschert Wasser über künstliche Felsen.

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Von Christoph Scharf

Auch wenn die Fische keinen Mucks von sich geben – lautlos ist es am Arbeitsplatz von René Montag nie. Hier brummt eine Pumpe, dort gluckst es hinter einer Glaswand, neben dem Tresen plätschert Wasser über künstliche Felsen. Dahinter steht der 32-Jährige im dünnen T-Shirt – denn kühl ist es im Geschäft an der Hinteren Reichenstraße trotz Gewölbedecken und Springbrunnen nicht.

„Unsere Diskus-Buntbarsche brauchen stets 28Grad Wassertemperatur“, sagt der Bautzener. Und da sich an allen Wänden die Aquarien bis hoch zur Decke stapeln, wird der Laden kräftig mitgeheizt. „Der einzige Unterschied zwischen Sommer- und Winterkleidung ist die Hosenlänge“, sagt René Montag, der auf Arbeit nie einen Pullover braucht. – Seit drei Jahren ist er im Aquaristik-Shop „Amazonas“ tätig, den sein Kompagnon André Domagala 2004 in einem ehemaligen Blumenladen eröffnet hat. Hier gibt es nur Fische, keine Meerschweinchen oder Hundefutter wie in anderen Zoohandlungen. „Wir haben uns eine Nische gesucht und gefunden“, sagt der Zoofachhändler. Langweilig wird es zwischen den lautlosen Tieren dennoch nicht: Hier gleiten auf dem Aquarienboden bunt gepunktete Rochen, deren Stich für Kinder tödlich wäre. Dort schwebt ein „Blue Diamant“ durchs Wasser. Handtellergroß und daumenbreit wird er von zwei Dutzend Stecknadelkopf-großen Jungfischen begleitet, die ihn eng umschwirren. „Sie ernähren sich in den ersten Tagen von einem Hautsekret, dass der Mutterfisch abstößt“, sagt der Fachmann.

Denn im „Amazonas“ wird nicht nur verkauft, sondern auch gezüchtet. Ein „Blue Diamant“ ist gar Vize-Europameister geworden. Doch auch für „einfache“ Kunden gibt es Fische im Programm. Eine Mutti kommt mit ihrer kleinen Tochter ins Geschäft, die Guppys haben es ihnen angetan. René Montag fischt mit einem Kescher vier Männchen und sechs Weibchen heraus und verpackt die zappelnden Winzlinge in einem wassergefüllten Plastebeutel. Jetzt wickelt er sie in eine Zeitung ein, „damit den Fischen beim Transport nicht langweilig wird.“ Das Mädchen ist skeptisch, ob die Fische wirklich lesen können, will den Laden aber gar nicht verlassen. „Können wir morgen wieder Fische gucken gehen?“, fragt sie die Mama.

Der Aquarist ist den Umgang mit Kindern gewohnt. Nicht nur im Kindergarten seiner Tochter hat er ein Becken mit Fischen ausgestattet, das Fachgeschäft betreut in mehreren Kitas und Schulen Aquarien – wovon eine bunte Wandzeitung mit von Kinderhand gemalten Fischbildern Zeugnis ablegt. Und dass die kleinen Wasser-Welten für Kinder faszinierend sind, weiß er aus eigener Erfahrung. „Mit meinem ersten Aquarium hab ich mir zu DDR-Zeiten ein paar Pfennige dazu verdient“, erinnert sich der Vater zweier Töchter: Denn die Jungfische konnte man damals gegen Geld beim Händler abgeben.

Per Expressfracht ins Ausland

Auch jetzt kommen ab und an Kunden mit Tieren ins Geschäft – aber aus dem Grund, weil sie sich keinen Rat mehr wissen. „Anderswo bekommen die Leute manchmal etwas aufgeschwatzt, ohne dass sie dabei beraten werden“, sagt René Montag. Und dann wundern sie sich, warum der neue Fisch plötzlich alle anderen auffrisst oder der niedliche Wels nach einem Jahr schon größer als ein Meerschwein ist. Der Zooladen „Amazonas“ hat dagegen auch für „schwierige“ Fische Kunden – er verkauft sie auch über das Internet, so dass sie gut verpackt und per Expressversand sogar ins Ausland geliefert werden.