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Zwölf Stunden am Patienten

Anke Heinicke arbeitet in der häuslichen Intensivpflege. Vor dem Corona-Virus hat sie nur aus einem Grund Angst

Von Jens Hoyer
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Die Döbelnerin Anke Heinicke arbeitet in der häuslichen Intensivpflege und betreut schwer kranke Menschen. Die Corona-Krise hat die ohnehin anspruchsvolle Arbeit noch einmal komplizierter gemacht.
Die Döbelnerin Anke Heinicke arbeitet in der häuslichen Intensivpflege und betreut schwer kranke Menschen. Die Corona-Krise hat die ohnehin anspruchsvolle Arbeit noch einmal komplizierter gemacht. © Jens Hoyer

Döbeln. Kranke Menschen sind in der Corona-Zeit besonders gefährdet. Für das Pflegepersonal, das diese Menschen versorgt, ist das eine schwierige Situation. „Die Gefahr, selbst zu erkranken, gehört zum Beruf. Ich habe eher Angst, jemanden unbewusst anzustecken“, sagt Anke Heinicke. 

Sie gehört zu den Menschen, die als „Helden des Alltags“ in der Coronakrise von der Kreissparkasse Döbeln gewürdigt wurden. 

Die Döbelnerin ist gelernte Krankenschwester und Fachkraft für außerklinische Intensivpflege. Sie hat mit besonders gefährdeten Menschen zu tun. „Ich mache so wenig wie möglich, wobei ich mich infizieren kann. Ich gehe zu Zeiten einkaufen, wo andere eher nicht einkaufen gehen und versuche, Menschenmassen zu meiden“, erzählt sie.

Anke Heinicke betreut mit einem kleinen Team schwerkranke Menschen, die beatmet werden müssen, in ihren Wohnungen. Und das rund um die Uhr. Für sie und ihre Kollegen bedeutet das Zwölf-Stunden-Schichten. „Das hat Vor- und Nachteile. Man arbeitet einen halben Monat und hat einen halben Monat frei“, erzählt die 51-Jährige. 

Zurzeit betreut sie eine schwerkranke Frau in Leipzig.Die Corona-Krise verkompliziert den Arbeitsalltag. Die Hygienestandards, die ohnehin schon hoch waren, sind jetzt noch strenger. Mundschutz und Schutzhandschuhe gehören nun unbedingt dazu, wenn sich Pflegerin und Patient in einem Raum befinden. Das war vorher nur bei bestimmten Tätigkeiten am Patienten nötig, erklärt Anke Heinicke. 

In ihrer Arbeit eingeschränkt sind Physiotherapeuten und Logopäden. „Physiotherapie war eine Zeit lang gar nicht möglich. Die Logopädin muss den Mundschutz aufbehalten, das macht die Arbeit nicht einfacher“, sagt sie.Die Döbelnerin hatte den Beruf der Krankenschwester in der Landesklinik Hochweitzschen gelernt. 

Vor etwa 13 Jahren ist sie in der Intensivpflege gewechselt. „Das war damals ganz neu. Es ist ein schöner Beruf, wenn die Chemie mit dem Patienten stimmt. Sonst können zwölf Stunden sehr lang werden. Aber ich habe meistens Glück gehabt und viele interessante Menschen kennengelernt.“ Manche liegen im Wachkoma und seien zu nichts mehr in der Lage. Andere seien noch sehr selbstständig. „Ich hatte eine Patientin, die ging sogar in Konzerte“, sagt Anke Heinicke.

 Es sind nicht nur alte Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, sondern auch Jüngere, etwa mit einer Querschnittlähmung oder Multipler Sklerose.Anke Heinicke, die bei einem großen deutschlandweit agierenden Pflegedienst angestellt ist, mag auch die selbstständige Arbeit mit den Patienten. „Im Krankenhaus gibt es immer einen Arzt oder Kollegen, die man fragen kann. Wir müssen selbst Entscheidungen treffen.“

Neben ihrer Arbeit hatte die Döbelnerin in der Krise auch ihre Eltern versorgt. „Die sind beide über 80. Ich habe in der erste Zeit für sie alle Wege erledigt“, erzählt sie. Auch um die Schwiegereltern ihrer Tochter – diese wohnt in der Nähe von Stuttgart – hatte sie sich gekümmert. 

Zur Tante im Pflegeheim habe sie wegen der Beschränkungen derzeit gar keinen Kontakt. „Ostern habe ich sie von der Schwester mal zum Fenster führen lassen, damit wir winken konnten.“

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