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Zwölf Stunden Kampf gegen Großfeuer in Groß Düben

Am Tag nach dem Brand ist das Ausmaß der Verwüstung sichtbar. Entwarnung gilt für die Feuerwehr nicht.

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Von S. Larbig und T. Staudt

Warum es in der Dorfstraße in Groß Düben am Donnerstagnachmittag brannte – was zu einem unerwarteten Großeinsatz regionaler Feuerwehren führte – weiß niemand. Noch laufen die Ermittlungen der Kriminalpolizei. Brandstiftung wird nicht ausgeschlossen. Gesucht werden daher Zeugen, die – speziell in der Nähe des Brandobjektes – in den Mittags- und frühen Nachmittagsstunden am Donnerstag verdächtige Personen oder Fahrzeuge wahrnahmen. „Hinweise, auch unbedeutend erscheinende, nehmen das Polizeirevier in Weißwasser und die Polizeidirektion Görlitz entgegen“, appelliert Polizei-Pressesprecherin Petra Kirsch an die Mithilfe der Bürger.

Brandwache geht weiter

Während die Polizei weiter ermittelt, kommen die Helden von Groß Düben – 92 Feuerwehrleute von sieben Ortswehren – nach mehr als 12-stündigem Dauereinsatz jetzt langsam zur Ruhe. „Die letzten Nachbarwehren aus Schleife und Halbendorf fuhren Freitag erst gegen vier Uhr morgens bei uns weg“, erzählt Alexander Krautz, Gruppenführer bei der Ortswehr in Groß Düben, der nach nur wenigen Stunden Schlaf schon wieder mit anderen Kameraden auf Brandnestkontrolle unterwegs war.

„Wir halten auch die nächsten Tage weiter Brandwache und kontrollieren den Brandort“, so der Feuerwehrmann. Denn noch schwelt und qualmt es an der Unglücksstelle. „Weil es beim Löscheinsatz so enorm kalt war, gefror das Wasser sofort. Es bildet nun eine dicke, versiegelnde und alles miteinander verbindende Eisschicht auf den Brandresten, unter denen sich dadurch noch Glutnester halten.“

Kampf gegen Feuer und Kälte

Überhaupt ließ die extreme Nachtkälte den Einsatz in Groß Düben für die Feuerwehrleute zum Härtetest werden. „Beim Löschen gefror selbst das Wasser in den Schläuchen. Die liegen nun im Gerätehaus und brauchen sicher ein paar Tage, ehe sie aufgetaut sind“, erzählt Kamerad Marco Rühlemann. Auch ein Strahlrohr sei beim Einsatz durch die Kälte gebrochen. „Und unsere nassen, bretthart gefrorenen Schutzanzüge ließen die Kälte überall eindringen und erschwerten unsere Arbeit.“

Glücklicherweise sei ein ständiger Wechsel der Einsatzkräfte erfolgt. So habe sich wirklich jeder Kamerad immer mal wieder kurzzeitig aufwärmen können, bevor es wieder ans Löschen ging. Auch die mehr als 12 Stunden nötige Löschwasserzufuhr habe sich als ungeahntes Problem entpuppt. „Aus den Hydranten kam nach dem Erstangriff kaum noch Wasser, sodass ständig Tanklöschwagen zwischen der Brandstelle und einem Löschteich im Wald pendeln mussten“, weiß Alexander Krautz.

Einwohner helfen Helfern

Während die „Helden von Groß Düben“ alles taten, um dem Flammenmeer Einhalt zu gebieten und ein Übergreifen auf Nachbarhäuser zu vermeiden, halfen ihnen die Einwohner des Ortes auf ihre Weise. „Manche stellten Feuerkörbe zum aufwärmen auf die Straße. Andere verteilten heiße Getränke“, sagt Bürgermeister Helmut Krautz.

Da wegen des Großaufgebotes an Feuerwehrleuten auch der örtliche Gasthof Köppen schnell an seine Leistungsgrenzen kam, was die Versorgung mit Essen betraf, wurden in den späten Abendstunden weitere Gastronomen und Geschäftsinhaber im Ort mobilisiert. „Alle sagten spontan zu, schmierten stundenlang Brote und Brötchen, kochten Tee und Kaffee für die vielen Kameraden. Das war echt toll“, so der Bürgermeister stolz. Überhaupt sei der Einsatz bewundernswert gewesen. „Obwohl sich die Nachbargemeinden nicht immer einig sind und mal Meinungsverschiedenheiten haben, bewiesen die Feuerwehrleute einmal mehr, dass sie sich aufeinander verlassen können und jederzeit zusammenhalten.“

Dass bei dem Großbrand mit Hindernissen niemand verletzt wurde, ist fast ein kleines Wunder. Auch Willi Krauz ist darüber sehr glücklich – und über die Geistesgegenwart seines Nachbarn. „Er hat am Donnerstag den Qualmgeruch bemerkt und nachgesehen, was bei uns auf dem Grundstück los ist. Weil da schon erste Flammen aus unserem Nebengebäude züngelten, rief er sofort die Feuerwehr“, sagt Willi Krauz, der zur selben Zeit bei der Beerdigung von Groß Dübens Gemeindewehrleiter Maik Stoppe war. „Ich habe durch den Brand zwar einen großen Verlust erlitten. Wichtiger ist aber, dass niemand zu Schaden kam. Bei uns geht es schon irgendwie weiter“, so der 70-Jährige.

Lebenstraum in Flammen

Dennoch steigen ihm beim Blick auf die dunklen, ineinander verschmolzenen und noch immer qualmenden Haufen – die einstmals seine Werkstatt, ein Gartenhaus und Holzschuppen waren – die Tränen in die Augen. „Irgendwie kann ich es einfach nicht fassen: Mein Lebenstraum und die Arbeit der letzten 20 Jahre sind über Nacht durch ein Feuer vernichtet.“

Parallelalarm im Tagebau

Noch während der Brand in Groß Düben tobte, ging Donnerstag um 23.50 Uhr erneut die Sirene. Im Tagebau Nochten stand einer von fünf Kohlebaggern in Flammen. Laut Vattenfall-Sprecher Thoralf Schirmer lief durch einen Lagerschaden des Brechers Fett aus, das sich mit dem Kohlestaub entzündete. Die Bergleute vor Ort entdeckten die Rauchentwicklung früh und konnten den Brand selbstständig löschen. Trotz des einstündigen Ausfalls erreichte die Tagesproduktion ihr Soll von 80 Tonnen.

Wegen der vorgeschriebenen Meldekette waren nach Auskunft der Rettungsleitstelle Weißwasser aber nicht nur die Betriebsfeuerwehr von Vattenfall angerückt, sondern auch Kameraden aus Weißwasser, Boxberg, Kringelsdorf, Schleife, Trebendorf, Mulkwitz und Mühlrose. Ihr Einsatz war jedoch nicht erforderlich – weshalb sie zurück nach Hause durften – während in Groß Düben weiter der Kampf gegen die Flammen tobte.

Zeugenhinweise an Polizei in Weißwasser oder Polizeidirektion unter 03581 468-224