Warschau. Der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat eine aktivere Rolle seines Landes in der Europäischen Union angekündigt. In seiner ersten Regierungserklärung sprach sich der liberale Politiker am Freitag im Parlament in Warschau auch für eine Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland und Russland aus. Diese hatten sich unter Vorgänger Jaroslaw Kaczynski merklich abgekühlt.
Die wichtigsten Vorhaben der neuen polnischen Regierung:
Europa
Polen will den EU-Reformvertrag am 13.Dezember in Lissabon ratifizieren. Um eine spätere Ratifizierung im polnischen Parlament nicht zu gefährden, soll jedoch die Grundrechtecharta ausgeklammert werden. Tusk kündigte zudem an, er werde sein Land so schnell wie möglich auf die Einführung des Euro vorbereiten. Ein Zieldatum nannte er nicht.
Wirtschaft
Der neue Premier versprach, die Deregulierung und Privatisierung voranzutreiben, um den Unternehmergeist zu stimulieren. Tusk will einen „demokratischen Kapitalismus“ entwickeln, der „liberale Wirtschaftspolitik mit solidarischer Sozialpolitik“ verbindet. Die Steuern sollen gesenkt und gleichzeitig Gehälter, vor allem der Lehrer und Ärzte, erhöht werden. Dazu strebt er an, den Staatshaushalt in einigen Jahren auszugleichen.
Aussenpolitik
Tusk stellt einen Abzug der rund 900 polnischen Soldaten aus dem Irak im kommenden Jahr in Aussicht. Polnische Einheiten sollen dagegen weiterhin in Afghanistan bleiben. An der von der Nato geführten Isaf-Mission beteiligen sich 1200 polnische Soldaten. Verhandlungen über die geplante US-Raketenabwehr auf polnischem Boden werden erst nach Konsultationen mit der Nato und den Nachbarländern fortgesetzt.
Infrastruktur
Verbesserung sind in der Infrastruktur vorgesehen. Das marode Straßen- und veraltete Eisenbahnsystem soll in den kommenden Jahren modernisiert werden.
Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski warf in der Debatte der Regierungskoalition im Namen der größten Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vor, die „alte Ordnung“ aus den 90er Jahren wiederherstellen zu wollen. Die neue Regierung lege Institutionen lahm, die dem Kampf gegen Korruption dienten, kritisierte Kaczynski. In der Außenpolitik betrete die Koalition einen „für Polen gefährlichen Weg“. Er bemängelte, Tusk habe die Frage der Ostsee-Pipeline ausgeklammert.
Vor der Regierungserklärung unterzeichneten Tusk und der PSL-Vorsitzende Waldemar Pawlak den Koalitionsvertrag. Pawlak fungiert in der neuen Regierung als stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister. Die neue Regierung war vor einer Woche von Staatspräsident Lech Kaczynski vereidigt worden. Die Koalition kann sich auf 240 der 460 Abgeordneten im Sejm stützen. (dpa/AP)