Der Tagebau Turow hat Auswirkungen auf Zittau und umliegende Orte. Darin sind sich die Experten einig. Doch wie schlimm sie ausfallen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Das Bergbauamt hat zwar Bodensenkungen in der Stadt festgestellt, aber bisher keine Schäden an Gebäuden dadurch. Diese seien aber im Einzelfall nicht auszuschließen. Eine Greenpeace-Studie hingegen kommt zu dem Schluss, dass bei einem weiteren Kohleabbau auf polnischer Seite bis 2044 schwere Schäden an Gebäuden drohen, im schlimmsten Fall ein Durchbruch der Neiße in das Tagebaugebiet.
Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) hatte die Fachleute auf deutscher Seite dringend zum Handeln aufgefordert: Entweder die Ergebnisse könnten widerlegt, oder die polnischen Pläne müssten gestoppt werden.
Doch wie reagiert Sachsens Regierung darauf? Sie sieht trotz kritischer Punkte und Unklarheiten aktuell keinen Anlass dafür, gegen die Aktivitäten im Tagebau vorzugehen. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Antonia Mertsching (Linke) hervor. Die Regierung ist auch nicht am Genehmigungsverfahren beteiligt. Das Oberbergamt hat lediglich Stellungnahmen und Einwendungen verschiedener Behörden nach Polen weitergeleitet, in denen sie unter anderem Belange des Grundwassers, der Hydrogeologie und Trinkwasserversorgung kritisieren. Da aber Unterlagen fehlten, konnten die Auswirkungen nicht abschließend beurteilt werden, heißt es in dem Schreiben.
Für Antonia Mertsching ist das nicht nachvollziehbar, dass die Regierung trotz der Kritik nicht rechtlich gegen den Ausbau vorgehen will. Schließlich geht es dabei um die lebensnotwendige lokale Versorgung. Die Landtagsabgeordnete fordert nun entschiedenere Maßnahmen. "Es kann nicht sein, dass die grenznahen Kommunen wie Zittau mit ihrer Kritik gegen den Ausbau durch das Land Sachsen allein gelassen werden." Die Regierung müsse spürbar diplomatische oder schließlich juristische Wege gehen, um bisher fehlende Unterlagen und Gutachten zu erhalten. "Bis dahin muss sich der Freistaat für den Ausbaustopp des Tagebaus einsetzen", so Antonia Mertsching.
Die tschechische Seite bereitet derzeit ein Klage gegen die Erweiterungspläne von Turow vor. Die Bewohner der Grenzorte fürchten vor allem um ihr Grund- und damit Trinkwasser, weshalb nun Messungen laufen. Diese sollen die Auswirkungen belegen. Tschechische Wissenschaftler schätzen die Kosten auf 1,5 Milliarden Kronen (60 Millionen Euro), um die Trinkwasser-Quellen weiter sicherzustellen. Dafür zahlen soll Polen.
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