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Die Probleme von 2015 sind zurück

Der Sieg der Taliban in Afghanistan entfacht eine Flüchtlingsdebatte in Deutschland - weil das Grundproblem der Flüchtlingspolitik noch ungelöst ist.

Von Gunnar Saft
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Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben Deutschland und andere westliche Staaten begonnen, in großer Eile ihre Staatsbürger und gefährdete afghanische Ortskräfte auszufliegen.
Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan haben Deutschland und andere westliche Staaten begonnen, in großer Eile ihre Staatsbürger und gefährdete afghanische Ortskräfte auszufliegen. © Verified UGC/AP

In ihrer Hilflosigkeit gegenüber der Entwicklung in Afghanistan klammern sich die meisten Parteien in Deutschland jetzt immer stärker an den einen Satz: 2015, so heißt es, darf sich nicht wiederholen. Gemeint ist das Jahr, in dem eine Flüchtlingswelle bis dahin unbekannten Ausmaßes die bundesdeutsche Politik überforderte und Deutschland seither in zwei Lager spaltet – in jene, die überzeugt sind: wir schaffen das, und alle anderen, die daran zweifeln.

Tatsächlich droht sich 2015 nun aber zu wiederholen, weil das Grundproblem deutscher Flüchtlingspolitik ungelöst ist. Es mangelt bis heute an praxisnahen Kriterien, wer bleiben darf und wer nicht. Und dort, wo es solche Vorgaben ins Gesetz geschafft haben, fehlen Staat und politischen Verantwortlichen häufig Kraft und Willen, sie auch durchzusetzen.

Das Ergebnis ist eine hohe Zahl von Flüchtlingen mit ungewisser Zukunft in Deutschland und eine willkürliche Abschiebepraxis, die oft die Falschen trifft. Bei vielen Bürgern schwindet daher das Vertrauen in die Asylpolitik der Bundesregierung rasant, da diese nicht Probleme löst, sondern neue schafft.

Dass man hier in den vergangenen sechs Jahren nicht weitergekommen ist, könnte sich bei der Bundestagswahl rächen. Wenn CDU, Grüne oder Linke im Wahlkampf auf ihren Positionen verharren, bleibt nicht nur alles wie gehabt, sondern die Krise wird sich nach Kabul sogar weiter verschärfen. Ein Versagen der Demokraten, von dem am Ende nur radikale Kräfte profitieren.

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