Politik
Merken

Flüchtlingskosten: Länder und Kommunen fordern deutlich mehr Geld

Beim Flüchtlingsgipfel am Mittwoch wird es vor allem um Geld gehen. Dabei betonen alle, die vor Ort Verantwortung tragen, dass Geld allein ihre Probleme nicht lösen wird.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Hessen, Bensheim: Flüchtlinge sind in einem der Zelte einer provisorischen Flüchtlingsunterkunft unterwegs.
Hessen, Bensheim: Flüchtlinge sind in einem der Zelte einer provisorischen Flüchtlingsunterkunft unterwegs. © Arne Dedert/dpa

Berlin. Vor den geplanten Bund-Länder-Beratungen zur Flüchtlingspolitik haben die Ministerpräsidenten der Länder den Druck auf die Bundesregierung erhöht. "Städte, Gemeinden und Landkreise brauchen deutlich mehr Geld - der Bund muss deshalb seinen Anteil von derzeit 2,75 Milliarden Euro mindestens verdoppeln", forderte Hessens Landeschef Boris Rhein (CDU) im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Anders seien Unterbringung und Integration dauerhaft nicht zu finanzieren.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte der "Bild am Sonntag" (BamS): "Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass Zuwanderung gesteuert wird. Wenn wir uns in Deutschland nicht handlungsfähig zeigen, wird das Vertrauen in unsere Demokratie mehr und mehr untergraben." Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) schlug vor, Herkunftsstaaten, die ablehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen, Hilfen zu kürzen. "Wir stehen zum Grundrecht auf Asyl. Aber bei Ländern, die einer geordneten Rückführung nicht zustimmen, müssen wir künftig auch über Kürzungen bei der Entwicklungshilfe nachdenken", sagte Söder der Zeitung.

Kretschmann: Bund darf Länder mit Mehrkosten nicht allein lassen

Auch von Ministerpräsidenten der Ampel-Parteien kamen kritische Töne. "Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf die Länder und Kommunen mit den Mehrkosten der Flüchtlingskrise nicht alleine lassen", sagte Baden-Württembergs Landeschef Winfried Kretschmann (Grüne) der "BamS". Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) forderte, "nicht abgerufene Mittel der Wohnraumförderung einsetzen zu können, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der zeitweise auch zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen kann".

Der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe (CDU), sagte der Funke-Mediengruppe: "Bund und Länder dürfen bei ihrem nächsten Treffen am 10. Mai nicht mit leeren Händen auseinandergehen. Wir brauchen verlässliche Finanzierungszusagen und konkrete Ergebnisse, die uns bei der Aufnahme von Geflüchteten spürbar entlasten." Das Geld müsse sich den steigenden Flüchtlingszahlen dynamisch anpassen und auch tatsächlich bei den Kommunen ankommen. Geld allein reiche jedoch nicht aus. "Deshalb müssen die Länder ihre Aufnahmekapazitäten deutlich ausbauen und dauerhaft vorhalten. Und auch der Bund muss sich mehr engagieren mit eigenen Immobilien", verlangte der Oberbürgermeister von Münster. "Der Bund muss außerdem die Rückführung ausreisepflichtiger Asylbewerber ohne Bleibeperspektive konsequent unterstützen."

Pro Asyl: Regierung soll Asylverfahren an EU-Außengrenzen verhindern

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht derweil gute Chancen, innerhalb der EU bald zu einer Lösung in der Migrationspolitik zu kommen. "Ich will, dass wir als Europäer endlich gemeinsam handeln - trotz aller Widerstände", sagte sie der "BamS". "Die jahrelange gegenseitige Blockade in der EU haben wir schon durchschlagen." Dabei geht es vor allem um den Vorschlag für Asylzentren an den EU-Außengrenzen, von wo Asylbewerber auch zurückgeschickt oder gerecht verteilt werden können.

Pro Asyl forderte die Parteivorstände von SPD, Grünen und FDP indes auf, eine deutsche Zustimmung zu Asylverfahren an den Außengrenzen beim nächsten Treffen der EU-Innenminister zu verhindern. "In fernab gelegenen, geschlossenen Lagern an den Rändern der EU geht es nicht um Schutzgewährung", hieß es in einem Aufruf der Organisation, die für die Rechte von Geflüchteten eintritt. Vielmehr sollten Schutzsuchende dort schnellen Verfahren unterzogen werden, an deren Ende für viele die Abschiebung in einen sogenannten sicheren Drittstaat drohe.

Beim Ratstreffen der EU-Innenminister am 8. Juni geht es um die seit Jahren strittige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Vor allem Staaten an den EU-Außengrenzen wie Italien und Staaten wie Deutschland, die das Ziel vieler Asylbewerber sind, haben mit Blick auf die Europawahlen im kommenden Jahr großes Interesse, dazu bald eine Einigung zu erzielen.

Teuteberg: Irreguläre Migration endlich wirksam begrenzen

Die FDP-Innenpolitikerin Linda Teuteberg sagte, entscheidend sei der politische Wille, Migration wirksam zu ordnen und zu steuern. "Steuerung setzt Kontrolle voraus", betonte Teuteberg, die dem Bundesvorstand der FDP angehört. Sinnvoll wäre es aus ihrer Sicht, schon in Drittstaaten zu prüfen, "ob jemand schutzberechtigt ist, als Arbeitsmigrant in die EU einreisen kann oder offensichtlich keine Bleibeperspektive hat". Teuteberg mahnte zudem eine Versachlichung der Debatte an. Sie sagte: "Die zu Recht hohe Akzeptanz und Aufnahmebereitschaft für ukrainische Kriegsflüchtlinge darf nicht als Vorwand dafür dienen, die Notwendigkeit, irreguläre Migration endlich wirksam zu begrenzen, in Abrede zu stellen."

Der Bundesvorsitzende der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU, Christian Haase, sagte: "Die Aufnahmekapazitäten sind vielerorts erschöpft, es fehlt an Schul- und Kitaplätzen. Unter diesen Bedingungen können Integrationsangebote nicht wirken." Darunter litten auch Menschen, die bereits das Asylverfahren durchlaufen haben und sich nun eine Perspektive in Deutschland aufbauen wollten. Deshalb brauche es nun "wirksame Mechanismen, um den Zustrom von Flüchtlingen zu begrenzen". (dpa)