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Scholz: Kein Friedensschluss über die Köpfe der Ukrainer hinweg

Vor einem Jahr sprach Kanzler Scholz angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine von einer "Zeitenwende". Jetzt blickt er im Bundestag zurück auf das Jahr. Frieden sieht er in naher Zukunft nicht.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab am Donnerstag  eine Regierungserklärung ab.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab am Donnerstag eine Regierungserklärung ab. © dpa/Michael Kappeler

Berlin. Gut ein Jahr nach seiner Rede über eine "Zeitenwende" durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) deutsche Waffenlieferungen an das überfallene Land verteidigt und Forderungen nach schnellen Friedensverhandlungen eine Absage erteilt.

"Mit der Waffe an der Schläfe lässt sich nicht verhandeln - außer über die eigene Unterwerfung", sagte Scholz am Donnerstag in seiner Regierungserklärung im Bundestag in Berlin. Es könne "keinen Friedensschluss über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg geben".

"Frieden schaffen - das bedeutet eben auch, sich Aggression und Unrecht klar entgegenzustellen", betonte Scholz. Das täten mehr als 40 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer seit mehr als einem Jahr. Das tue Deutschland, "indem wir die Ukraine unterstützen - solange, wie das nötig ist", sagte der Regierungschef mit Verweis auf die Waffenlieferungen. "Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine", betonte er.

Es spreche nichts dafür, dass der russische Präsident Wladimir Putin überhaupt bereit sei, über einen gerechten Frieden zu verhandeln, sagte Scholz. Ein "Diktatfrieden" gegen den Willen der Opfer verbiete sich nicht nur aus moralischen Gründen, "sondern auch, wenn wir das Wohl unseres eigenen Landes und die Sicherheit Europas und der Welt im Auge haben", sagte Scholz.

Drei Tage nach dem Beginn des russischen Überfalls am 24. Februar 2022 hatte Scholz in einer Sondersitzung des Bundestags das Geschehen als "Zeitenwende" bezeichnet und umfangreiche Mehrausgaben für das Militär angekündigt. Im vergangenen Sommer beschloss das Parlament ein Sondervermögen im Umfang von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr.

Scholz sagte im Bundestag, ein Großteil der für das Sondervermögen vorgesehenen Projekte solle noch in diesem Jahr unter Vertrag sein. Zudem werde die Nachbeschaffung etwa von Waffen und Munition, die aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine geliefert wurden, in den kommenden Monaten "unter Dach und Fach gebracht".

Union kritisiert langsame Bundeswehr-Aufrüstung

Der Union geht die Beschaffung aber nicht schnell genug. Die Regierung habe die Opposition im vergangenen Jahr bei der Schaffung des Sondervermögens, für die eine Grundgesetzänderung notwendig war, unter großen Zeitdruck gesetzt, sagte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). Nun ließen Bestellungen und Entscheidungen auf sich warten. Diese seien aber nötig, da Sicherheit in Europa künftig "nicht mehr mit, sondern gegen Russland" organisiert werden müsse.

Gleichzeitig kritisierte Merz die von der Linken-Abgeordneten Sahra Wagenknecht mitinitiierten Petition und Demonstration gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. In "bizarrer Gemeinsamkeit" würden Vertreter und Vertreterinnen von ganz links und ganz rechts Täter und Opfer verwechseln, sagte Merz. Dies sei zynisch und niederträchtig. Kritik an der Demonstration kam auch von Rednern und Rednerinnen der Ampel-Fraktionen.

Der Co-Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, sagte, die Position seiner Fraktion sei, dass alles dafür getan werden müsse, dass Russland seinen Angriffskrieg endlich beende. Seit mehr als einem Jahr werde gemordet und das Völkerrecht gebrochen, sagte er und verteidigte zugleich die Forderung nach Friedensverhandlungen. Wer Verhandlungen fordere, wolle das Sterben und Leid in der Ukraine sowie die Gefahr einer nuklearen Eskalation beenden, sagte er.

Die Forderung nach Verhandlungen kam auch von AfD-Co-Fraktionschef Tino Chrupalla. Beide Seiten müssten schnellstmöglich auf diplomatischem Weg zu einer Lösung kommen, sagte Chrupalla, der deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnte. "Es ist nicht unser Krieg", sagte er. (epd)