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Baerbock wird Kandidatin der Grünen

Annalena Baerbock soll als Kanzlerkandidatin der Grünen bei der Bundestagswahl antreten. Der Vorstand nominierte sie für den Posten.

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Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen.
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen. © dpa

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen. Der Bundesvorstand der Grünen nominierte sie am Montag für den Spitzenposten, wie die Partei mitteilte. Die Entscheidung muss noch auf einem Parteitag vom 11. bis 13. Juni bestätigt werden, die Zustimmung gilt aber als sicher.

„Klimaschutz ist die Aufgabe unserer Zeit. Ich will, dass die Politik einer neuen Bundesregierung Klimaschutz zum Maßstab für alle Bereiche macht“, sagte Baerbock am Montag in ihrer Antrittsrede. „Wir haben es in der Hand und deshalb stehe ich heute hier.“

Co-Parteichef Robert Habeck hatte zuvor von einem „besonderen Tag“ für die Grünen gesprochen. Er beschrieb Baerbock am Montag in Berlin als „kämpferische, fokussierte, willensstarke Frau“, die genau wisse, was sie wolle.

Habeck sagte, er selbst und Baerbock hätten in den vergangenen Wochen vertraute, manchmal auch schwierige Gespräche darüber geführt, wer von beiden die Kandidatur übernehmen solle. "Wir beide wollten es, aber am Ende kann es nur eine machen", sagte er. Er selbst wolle sich aber gleichfalls in den Wahlkampf werfen. Die Gemeinsamkeit habe die Grünen so erfolgreich gemacht. "In dieser Situation führt der gemeinsame Erfolg dazu, dass einer einen Schritt zurücktreten muss."

Baerbock wirbt für Neuanfang in Deutschland

Baerbock erklärte am Montag: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieses Land einen Neuanfang braucht.“ Sie wolle eine Politik anbieten, die vorausschauend agiere, so Baerbock – „eine Politik, die bei aller Notwendigkeit, harte Entscheidungen zu treffen, menschlich und empathisch bleibt“. Baerbock weiter: „Jetzt ist es an der Zeit, dass Politik über sich hinauswächst. Das ist mein Angebot. Dafür treten wir an.“

Sie haben „große Demut und großen Respekt vor der Aufgabe“, erklärte die designierte Kanzlerkandidatin auf einer Pressekonferenz. Sie bringe Entschlossenheit, Durchsetzungskraft und einen „klaren Kompass“ mit. Und weiter: „Wir wollen dieses Land in der Sache verändern.“ Sobald Deutschland die Pandemie überwunden habe, sei ein Sofortprogramm für den Klimaschutz fällig.

Mit Blick auf die ungeklärte Frage der Kanzlerkandidatur in der Union sagte Baerbock: „Wir leben in einer Welt der Herausforderungen.“ In solchen Zeiten brauche es ein starkes Europa und eine Bundesregierung, die die Stimme Europas vertrete. Mit Blick auf die Schwankungen in der Union zeigte sich Baerbock besorgt. „Ich wünsche Herrn Laschet und Herrn Söder, dass sie gemeinsam zu einer Entscheidung kommen.“

Der Bundesvorstand der Grünen hat Annalena Baerbock (l) als Kanzlerkandidatin nominiert.
Der Bundesvorstand der Grünen hat Annalena Baerbock (l) als Kanzlerkandidatin nominiert. © dpa

Laschet: "Die CDU freut sich auf einen fairen Wahlkampf"

Christin Furtenbacher, Landesvorstandssprecherin der Grünen in Sachsen, kommentierte am Montag: „Wir haben mit Annalena Baerbock und Robert Habeck ein hervorragendes Spitzenduo und mit Annalena Baerbock jetzt auch erstmals in bündnisgrüner Geschichte eine Kanzlerkandidatin.“ Auch Furtenbacher formulierte das Ziel, auf Bundesebene Verantwortung zu nehmen. Anja Siegesmund, designierte Spitzenkandidatin der Grünen in Thüringen, sagte am Montag: "Ich freue mich, dass die Wahl auf Annalena Baerbock gefallen ist, weil sie nicht nur sehr klug und willensstark ist, sondern auch absolut dialogfähig."

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet kommentierte die Kandidatur Baerbocks am Montag in Berlin: "Ich gratuliere Annalena Baerbock zu dieser Wahl. Ich kann ihr zusagen, dass sich die CDU Deutschland auf einen fairen Wahlkampf freut. Wir müssen menschlich miteinander fair umgehen." Dies sei insbesondere in Zeiten der Pandemie wichtig, so Laschet.

Grüne in Umfragen derzeit zweitstärkste Kraft

Mit der Entscheidung bei den Grünen enden monatelange Spekulationen. Die Partei hatte die Klärung der Kandidatenfrage ihren beiden Parteivorsitzenden Baerbock und Robert Habeck (51) überlassen, die sich geräuschlos untereinander verständigten.

Die Grünen hatten sich angesichts der seit 2018 hohen Umfragewerte erstmals für eine Kanzlerkandidatur entschieden. Derzeit sind sie mit mehr als 20 Prozent zweitstärkste Kraft hinter der CDU/CSU und vor der SPD. Baerbock ist bei der 20. Bundestagswahl seit 1949 erst die zweite Frau nach Angela Merkel, die sich um das höchste Regierungsamt bewirbt. Keiner der bisherigen Kanzlerkandidaten war jünger.

Baerbock wird bei der Wahl gegen zwei Männer antreten: Die SPD hat Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz nominiert, die Union muss sich noch zwischen den Vorsitzenden von CDU und CSU entscheiden, Armin Laschet und Markus Söder.

Anders als bei CDU und CSU hat es bei den Grünen weder Streit noch größere öffentliche Diskussionen über die Kandidatenkür geben. Deswegen wird auch auf dem Parteitag im Juni eine große Zustimmung erwartet.

Baerbock wuchs in der Nähe von Hannover auf dem Dorf auf und studierte Politikwissenschaften und Völkerrecht in Deutschland und London. Bei den Grünen hat die Mutter von zwei Töchtern schnell Karriere gemacht: 2009 Vorstand der europäischen Grünen und Landesvorsitzende in Brandenburg; 2013 Einzug in den Bundestag; 2018 Bundesvorsitzende der Grünen gemeinsam mit Habeck.

Bisher haben in der Regel nur CDU/CSU und SPD Kanzlerkandidaten nominiert, mit einer Ausnahme: 2002 stellte die FDP Guido Westerwelle auf, wurde dann aber mit 7,4 Prozent nur viertstärkste Kraft im Bundestag hinter SPD, CDU/CSU und Grünen.

Bundesgeschäftsführer Kellner hat als Wahlziel ausgegeben, dass die Grünen das Kanzleramt erobern. "Wir wollen das Land in die Zukunft führen. Darum kämpfen wir für das historisch beste grüne Ergebnis aller Zeiten und die Führung der nächsten Bundesregierung." Ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl erzielten die Grünen 2009 mit 10,7 Prozent. Bei der Wahl 2017 kamen sie nur auf 8,9 Prozent. (SZ/hej/dpa)