Ein zweites Mal gegen Karsten Hilse von der AfD zu verlieren dürfe ihm und der CDU nicht passieren, sagte er bei seiner Nominierung in der Lausitzhalle Hoyerswerda. Denn auch bei den Zweitstimmen hatte die CDU vor vier Jahren das Nachsehen. Im März ging er davon aus, dass es erneut auf einen Zweikampf zwischen ihm und Karsten Hilse hinauslaufen werde. Ob sich das so darstellt, werden die Wahlergebnisse am 26. September zeigen.
Der verheiratete und dreifache Vater stellt sich zur Wahl, um dem Wahlkreis „eine starke Stimme in Berlin“ zu geben. Er stehe mit beiden Beinen im Arbeitsleben und bei den Menschen, um den Strukturwandel positiv zu gestalten. Im Landkreis Bautzen wolle er im Fall seiner Wahl „die Eigenverantwortung stärken und Gelder zur freien Verwendung zur Verfügung stellen.“
Besonders einsetzen möchte sich Roland Ermer für „die Entfesselung der Wirtschaft und eine neue Gründerpolitik. Nur so werden neue, gut bezahlte Arbeitsplätze möglich.“
Abgesehen von seinen politischen Forderungen erklärt der CDU-Direktkandidat auf seiner Homepage etwa, welche feste Prinzipien er hat. Er glaube an die Familie, an Gott, an die Gerechtigkeit im Arbeitsleben und an die Kraft des bürgerschaftlichen Engagements.
Der gelernte Elektromonteur, frühere Polizist und jetzige Bundestagsabgeordnete ist unter anderem Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Als seine wichtigste Forderung für den Landkreis Bautzen gibt er an, den Kohleausstieg „solange auszusetzen, bis eine preisgünstige, adäquate, grundlastfähige Stromerzeugungsart in Deutschland zur Verfügung steht“. Dies könne etwa durch Kernreaktoren umgesetzt werden. Die „sogenannten erneuerbaren Energien“ seien nicht in der Lage, Deutschland sicher und kostengünstig mit Strom zu versorgen.
Neben dem Klima ist Corona das wiederkehrende Thema bei Karsten Hilse. Er wolle die Bundesregierung auffordern, „alle Corona-Zwangsmaßnahmen sofort und ohne Ausnahme zu beenden“, erklärt er. Bei einer Kundgebung in Bautzen im August behauptete er, es habe nie „eine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ gegeben.
Im Falle seiner Wahl wolle er sich dafür einsetzen, das gesellschaftliche Klima mit „Zuversicht, Hoffnung und Aufbruchsstimmung“ zu prägen, sagt Hilse. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Lohsa bei Hoyerswerda. Neben seiner Direktkandidatur steht er zudem auf Platz vier der AfD-Landesliste in Sachsen.
Kathrin Michel bezeichnet sich selbst als „Quereinsteigerin in die Berufspolitik“, die große Berufs- und Lebenserfahrung mitbringt. Die 58-jährige Kamenzerin ist gelernte Industriekauffrau, die seit ihrer Ausbildung bei einem Chemieunternehmen arbeitet. Später absolvierte sie noch das berufsbegleitende Studium „Management und Partizipation“ an der TU Dortmund. Die verheiratete und dreifache Mutter stellt sich zur Wahl, weil es „besonders für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen“ gerechter zugehen soll.
Für die Lausitz will sich Kathrin Michel im Falle ihrer Wahl besonders einsetzen. „Die Lausitz muss Energieregion mit guten Arbeitsplätzen bleiben und attraktive Zukunftsperspektiven bieten, damit die Menschen in der Region bleiben“, erklärt sie gegenüber Sächsische.de.
Klein- und mittelständische Unternehmen bilden ihrer Meinung nach das Rückgrat des Landkreises Bautzen. „Sie benötigen Fachkräfte und Rahmenbedingungen, in denen ihre Unternehmen gesund wachsen können. Darum mache ich Politik“, fügt die SPD-Kandidatin hinzu. Auch die Infrastruktur des Landkreises müsse dringend zukunftsfähig gemacht werden. Im Bundestag werde „die Verabschiedung eines tragfähigen und gerechten Haushalts“ eine der größten Herausforderungen sein.
Der Direktkandidat von Bündnis 90/Die Grünen ist mit Abstand der jüngste bei der bevorstehenden Bundestagswahl im Wahlkreis Bautzen I. Der 24-Jährige und ledige Lukas Mosler aus Hoyerswerda kandidiert, weil er etwas verändern und viele große Herausforderungen gemeinsam mit Bürgern, Unternehmern und Akteuren der Region bewältigen will: „die Klimakrise und die Corona-Pandemie“ sowie „der Ausstieg aus der Braunkohle und der Wandel in der Automobilindustrie“, erklärt er auf Anfrage von Sächsische.de. „Der Strukturwandel gelingt nur gemeinsam. Ich will die Menschen weiter zusammenbringen.“
Für den Landkreis Bautzen fordert der Einkäufer eines mittelständischen Unternehmens einen nachhaltigen Strukturwandel mit einer aktiven Bürgerbeteiligung. Das bedeute etwa, „in bestehende Projekte, die sich bereits positiv auf und für unsere Region auswirken, weiter zu investieren. Wir müssen jetzt Voraussetzungen schaffen für die Ansiedlung neuer, innovativer Wirtschaftszweige und Start-ups.“ Zudem wolle er „Bleibeperspektiven aufzeigen und Menschen vom Herkommen bzw. Rückkehren überzeugen“.
Von der Bundespolitik erwartet er die Stärkung von ländlichen Räumen, etwa durch einen guten und attraktiven öffentlichen Personennahverkehr, ein gut ausgebautes Radwegenetz, Supermärkte vor Ort sowie kurze Wege zu Ärzten, Kitas und Schulen.
Die ledige, 48-jährige Sozialwissenschaftlerin war von 2004 bis 2009 Landtagsabgeordnete in Sachsen. Seit 2009 ist sie Mitglied im Deutschen Bundestag, seit Oktober 2013 stellvertretende Fraktionsvorsitzende und seit 2016 Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik ihrer Fraktion.
Im Fall ihrer Wahl will sie sich dementsprechend für „bezahlbares Wohnen in Stadt und Land“ einsetzen. „Die steigenden Miet- und Baupreise müssen gestoppt werden. Wohnen und Leben in bislang strukturschwachen Gebieten muss wieder attraktiver werden“, erklärt sie gegenüber Sächsische.de.
Für den Landkreis Bautzen fordert Caren Lay eine gerechte Verteilung der Strukturhilfegelder, damit neue Arbeitsplätze entstehen. „Das Geld darf nicht in sowieso-Projekte fließen, die auch ohne Strukturwandel hätten finanziert werden müssen.“ Stattdessen müssten gute Ideen unterstützt werden und nicht Prestigeobjekte des Ministerpräsidenten finanziert oder Haushaltslöcher gestopft werden. Insbesondere der Bahnstreckenausbau sei der Direktkandidatin wichtig. „Kostengünstige, gute und schnelle Verbindungen“ seien eines ihrer Herzensanliegen.
Daneben setzt sich Caren Lay für eine gerechte Bezahlung ein. „Die großen Lohnunterschiede zwischen Ost und West müssen endlich behoben werden.“ Durch die Anhebung des Mindestlohns auf 13 Euro pro Stunde „sorgen wir für eine faire Bezahlung, verhindern zukünftige Altersarmut und stoppen durch höhere Löhne die Abwanderung junger Menschen gerade aus unserer Region.“
Matthias Schniebel (FDP): Investoren in die Region holen
Der 48-jährige Direktkandidat der FDP stellt sich zur Wahl, weil er den Wählern „eine Möglichkeit der echten Mitte" geben will. Diese fehle, „da sich insbesondere in unserer Region die politische Welt immer mehr an den rechten und linken Rändern abspielt“, erklärt Matthias Schniebel vor der Wahl gegenüber Sächsische.de. Der verheiratete und dreifache Vater aus Elstra ist mit einem Fachhandel für Labor-, Mess- und Wägetechnik selbstständig und wolle Deutschland „auf Grundlage der sozialen Marktwirtschaft und Freiheit“ modernisieren.
Regional möchte Matthias Schniebel, dass der Landkreis Bautzen und die Lausitz aufgrund des Strukturwandels als besonders wichtige Region wahrgenommen werden. „Dieser ist und bleibt das prägende Thema der kommenden Jahre. Wir müssen jetzt schnell reagieren und die Region zu einer der investorenfreundlichsten Regionen Europas machen. Dazu brauchen wir Planungsbeschleunigung, Stärkung der Infrastruktur und Förderung von Forschung und Entwicklung“, führt der FDP-Direktkandidat aus. Um das schnell umzusetzen, will sich Matthias Schniebel im Fall seiner Wahl „für die Schaffung einer Sonderwirtschaftszone für die Lausitz“ einsetzen.
Darüber hinaus liege ihm das Thema Bildung am Herzen: Der Vorsitzende des FDP-Regionalverbendes Kamenz möchte, „dass ein Prozent der Mehrwertsteuereinnahmen zusätzlich in Bildung investiert werden und somit ein zukunftsfähiger Bildungsföderalismus geschaffen wird.“
Neben Dirk Nasdala von den Freien Wählern und Roland Ermer von der CDU ist Matthias Schniebel der dritte Kreisrat unter den Direktkandidaten. Auf der Landesliste der sächsischen FDP steht er auf Platz 13.
Das sind die weiteren Direktkandidaten im Landkreis Bautzen
248.000 Wahlberechtigte gibt es im Landkreis
Bautzen, zu dem zwei Wahlkreise gehören. Jeder Wähler hat am 26. September zwei
Stimmen. Die Erststimme gilt einem Kandidaten, die Zweitstimme einer Partei.
Der Kandidat mit den meisten Stimmen zieht direkt in den Bundestag ein.
Zum Wahlkreis 156 - Bautzen I gehören alle Städte und Gemeinden des Landkreises Bautzen bis auf Arnsdorf, Großröhrsdorf, Ottendorf-Okrilla, Radeberg und Wachau, die zum Wahlkreis 160 - Dresden II - Bautzen II zählen. Im Wahlkreis 156 wohnen rund 209.500 Wahlberechtigte.
Hier werben zehn Direktkandidaten um die Erststimme der Wähler: Karsten Hilse (AfD), Roland Ermer (CDU), Caren Lay (Die Linke), Kathrin Michel (SPD), Matthias Schniebel (FDP), Lukas Mosler (Grüne), Steffi Thomas (Die Partei), Dirk Nasdala (Freie Wähler), Daniela Trittmacher (Basisdemokratische Partei Deutschlands) und Maik Lehmann (Liberal-Konservative Reformer).
Inhaber des Mandats im Wahlkreis Bautzen I ist Karsten Hilse, der bei der Wahl vor vier Jahren 33,2 Prozent der Erststimmen erhalten hatte. 30,6 Prozent gingen damals an Roland Ermer.
Zum Wahlkreis 160 - Dresden II - Bautzen II gehören Arnsdorf, Großröhrsdorf, Ottendorf-Okrilla, Radeberg und Wachau aus dem Landkreis Bautzen. Dazu kommen noch von der kreisfreien Stadt Dresden die Ortsamtsbereiche Cotta, Klotzsche, Loschwitz, Neustadt und Pieschen sowie die Ortschaften Altfranken, Cossebaude, Gompitz, Langebrück, Mobschatz, Oberwartha, Schönborn, Schönfeld-Weißig und Weixdorf. Hier sind etwa 38.900 Wahlberechtigte mit Wohnsitz im Landkreis Bautzen zu Hause.
Hier treten 16 Kandidaten an. Nur einer von ihnen kommt aus dem Landkreis Bautzen: der parteilose Einzelbewerber Jens Düvelshaupt. Das sind die anderen 15, alle aus Dresden: Andreas Harlaß (AfD), Lars Rohwer (CDU), Silvio Lang (Die Linke), Stephan Schumann (SPD), Silke Müller (FDP), Merle Spellerberg (Grüne), Charlotte Brock (Die Partei), Korvin Lemke (Freie Wähler), Anne Herpertz (Piraten), Florian Busch (Ökologisch-Demokratische Partei), Günter Slave (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands), Anke Althoff (Basisdemokratische Partei Deutschland), Andreas Kabus (Partei für Gesundheitsforschung), Michael Gründler (Bürgerrechtsbewegung Solidarität) und der Direktkandidat Frank Hannig.
Vor vier Jahren holte Arnold Vaatz (CDU) mit 25,5 Prozent der Erststimmen das Direktmandat. Er tritt ebenso nicht wieder an wie Anka Willms (AfD), die mit 22,3 Prozent die zweitmeisten Erststimmen holte. Es könnte einen Zweikampf zwischen Harlaß und Rohwer geben, in Großstädten sind aber auch Linke, SPD und Grüne stärker als auf dem Land. Vor vier Jahren holte die Linke als dritte Kraft 17 Prozent der Erststimmen. (mit SZ/tbe)
Der Beitrag wurde um 19.30 Uhr korrigiert. Kathrin Michel bewirbt sich gemeinsam mit Henning (und nicht Michael) Homann um den SPD-Landesvorsitz.