Geht Turow doch früher vom Netz?

In vielen polnischen Kohlegruben gibt es derzeit Streiks. Auch in Turow haben die Gewerkschaften entsprechende Ausstände in Aussicht gestellt, berichten polnische Medien übereinstimmend. Demnach ist bis zum 28. September mit Protesten der Kumpel zu rechnen.
Die Aktionen richten sich vor allem gegen die Klima- und Energiepolitik der Regierung, die vor allem in der Kohleindustrie Ängste schürt. Der absehbare Preisanstieg bei den Emissionszertifikaten, der Polens Energiewirtschaft hart treffen wird, spielt hier eine Rolle. Immerhin entstammten laut dem Portal TVN24 im vergangenen Jahr 73 Prozent der heimischen Stromerzeugung aus Kohle, vor allem aus Braunkohle.
Zusätzlich wächst der Druck aus der EU auf die polnische Regierung mit Blick auf die Lizenzverlängerung für die Grube Turow. Die EU-Kommission hatte bei einer Sitzung des Petitionsausschusses betont, Polen habe hier mehrfach Grundsätze und Regeln missachtet. Weitere Untersuchungen und eine Entscheidung stehen noch aus. Gegner der Verlängerung des Turower Kohleabbaus hatten vor allem auf teilweise jetzt spürbaren Wassermangel vor allem auf polnischer und tschechischer Seite hingewiesen und eine Online-Petition mit 13.000 Unterschriften eingereicht. Deutlich mehr Unterschriften erzielte aber eine Unterschriftenaktion der Kohle-Befürworter, bei der 30.000 Menschen unterschrieben haben.
In vielen Regionen Polens ist die Wirtschaft eng mit Kohle verbunden. Bisher hatte die polnische Regierung keinen Zweifel daran gelassen, dass man diesen Weg auch weiter gehen und nicht so schnell aus der Kohleförderung und -verbrennung aussteigen wolle wie beispielsweise Deutschland. Anfang September aber hat Klimaminister Michał Kurtyka den letzten Entwurf der Staatlichen Energiepolitik bis 2040 vorgestellt.
Die darin enthaltene Prognose geht von zwei Szenarien aus: Bei hohen Preisen für CO2-Emissionszertifikate und einem moderaten Anstieg der Preise rechnet man im ersten Fall mit einem Absinken der heimischen Kohleverstromung auf 37 Prozent im Jahr 2030 und schlussendlich auf bis zu elf Prozent. Im zweiten Szenario soll dieser Kohlestromanteil 56 beziehungsweise 28 Prozent sinken. Zudem sollen bis 2030 in Städten und bis 2040 in ländlichen Gebieten Privathaushalte nicht mehr mit Kohle heizen. Die Gewerkschaften fordern hingegen eine Streckung dieses Programm auf mindestens 40 Jahre, also bis 2060.