Wie in Sachsen wieder Solarjobs entstehen

Freiberg. Auf dem Hemdrücken haben sie noch das alte Firmenlogo: Die Männer, die in der Freiberger Werkhalle Anlagen für die Solarmodul-Produktion zurechtrücken, tragen neben dem Schriftzug Meyer-Burger einen gestrichelten Kreis. Doch das Unternehmen Meyer-Burger ändert gerade seine Produktion radikal und hat sich von einer Werbeagentur ein neues gezacktes Logo entwerfen lassen. Auf Fahnen vor der Fabrikhalle ist es schon zu sehen.
Daneben lässt sich an der Hallenwand auch noch das Logo des früheren Besitzers Solarworld erkennen. Der ging pleite, mehr als 2.000 Arbeitsplätze in der Freiberger Fotovoltaik-Industrie fielen vor einigen Jahren weg. Trotz der Erfahrungen mit dem raschen Niedergang einer Hoffnungsbranche haben sich 1.600 Menschen beim neuen Hoffnungsträger Meyer-Burger beworben.
Der Schweizer Konzern hat zunächst den sächsischen Maschinenbauer Roth & Rau erworben und nun beschlossen, künftig die eigenen Maschinen selbst zur Produktion von Solartechnik zu nutzen. Der Maschinenbauer und -exporteur wird zum Fabrikanten von Endprodukten. Geschäftsführer Gunter Erfurt, früher schon ein Geschäftsführer im Solarworld-Konzern, verspricht bis zu 3.500 Arbeitsplätze im Jahr 2027 – wenn sich genügend Kapitalgeber finden.

Produktion startet mit gut 300 Beschäftigten
Zunächst beginnt die Produktion mit gut 300 Beschäftigten. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen werden in Freiberg Solarmodule herstellen. Der andere Teil der Belegschaft stellt in Thalheim bei Bitterfeld die Bestandteile dafür her, die Solarzellen. Solche Zellen zum Wandeln von Licht in Strom kommen sonst fast nur noch aus China.
Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) und sein Staatssekretär Gerd Lippold freuten sich am Mittwoch beim Werksbesuch über die Wiederbelebung der Industrie. Lippold sagte, Europa brauche wieder „Zugriff auf die Basistechnologie“. Asien habe früh begriffen, dass die Solarprodukte „eine Schlüsseltechnologie“ seien. Laut Minister Günther sind „Solar und Windkraft in Sachsen die Hauptpfade, die künftig die Energieversorgung abdecken müssen“.
In vier bis fünf Wochen soll die Produktion mit Prominenz eröffnet werden, wenn die Corona-Lage es erlaubt. Der Staat zahlt erneut Zuschüsse. „Der Freistaat ist Teil der Finanzierung“, sagte Günther. Sachsen-Anhalt hat laut Geschäftsführer Erfurt 7,5 Millionen Euro Wirtschaftsförderung bewilligt, zudem habe sich das Unternehmen für 15 Millionen Euro Umweltbeihilfe qualifiziert.

"Der Markt ist groß genug"
Doch entscheidend für den Erfolg ist, dass sich Kunden finden. Darin sieht Erfurt keine Schwierigkeit. Der Markt sei „groß genug für uns alle zusammen“, sagt er auf die Frage zur Konkurrenz mit den verbliebenen sächsischen Herstellern Solarwatt in Dresden und Heckert Solar in Chemnitz. Mit deren Chefs treffe er sich gelegentlich und bespreche, wie sich das Solargeschäft voranbringen lasse.
Erfurts wichtigstes Argument: Die Solarmodule von Meyer-Burger erzeugten auf der gleichen Fläche 20 Prozent mehr Strom als „derzeitige Standardmodule“. Zwar spricht auch Solarwatt in Dresden vom „Premium“-Segment, ist stolz auf das schicke Schwarz statt Blau der Solarmodule und baut ebenfalls gerade seine Produktion aus.
Doch die Technik von Meyer-Burger hat laut Chef den höchsten Wirkungsgrad von mehr als 24 Prozent Stromausbeute. Üblich im Markt seien 22,5 Prozent. „Wenn ich mehr leiste, kann ich einen höheren Preis verlangen“, sagt Geschäftsführer Erfurt. Meyer-Burger setzt zunächst auf das lukrative Geschäft mit Hausbesitzern, die ihr Dach zur Stromquelle machen wollen. Erst später sollen große Solarkraftwerke folgen.

Keine modernen Anlagen mehr für China
Im ersten Schritt sollen die eigenen Fabriken Solartechnik mit einer Leistung von 400 Megawatt pro Jahr liefern. Das sei ein Promille vom Gesamtmarkt, sagte Erfurt. Auf ein Gigawatt lasse sich die Produktion in der vorhandenen Halle ausbauen. Das Geld für die Investition von 145 Millionen Euro hat er zusammen.
Bis 2027 soll die Kapazität möglichst auf sieben Gigawatt wachsen. Freie Solarworld-Hallen in Freiberg gibt es laut Meyer-Burger-Sprecherin Anne Schneider nicht mehr, inzwischen seien alle neu vermietet. Staatssekretär Lippold ist „gespannt, wo die künftigen Gigafabs stehen werden“ und will einiges dafür tun, sie in Sachsen anzusiedeln.
Erfurt verspricht, keine Maschinen mehr ins Billigproduktionsland China zu liefern, sodass der Technologievorsprung in Europa bleibt. China habe keine Solartechnologien selbst entwickelt. Freilich haben Meyer-Burger und der sächsische Vorgänger Roth & Rau vom Export nach Asien gelebt, der falle nun weg. Im Maschinenbau in Hohenstein-Ernstthal seien deshalb 30 Stellen gestrichen worden. Doch Meyer-Burger beschäftige dort trotzdem mehr als 400 Menschen. Zwar sei das Hauptquartier in der Schweiz, doch in Hohenstein-Ernstthal gebe es "zentrale Funktionen" wie Finanzen, Informationstechnologie, Personalwesen und Forschung. Die Grundlagenforschung sei allerdings in der Schweiz.