Berlin/Dresden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben. Bis Ende 2024 soll für alle gesetzlich Versicherten die elektronische Patientenakte (ePa) eingerichtet werden. Darin gespeichert werden können zum Beispiel Befunde, Röntgenbilder und Listen mit Medikamenten.
Papierakten und Faxe sollen damit überflüssig werden. Stattdessen sollen alle Daten dem Personal in Praxen und Kliniken automatisch zur Verfügung stehen. Es sei denn, man lehnt das ausdrücklich ab. „Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück. Das können wir nicht länger verantworten“, sagte Lauterbach am Donnerstag.
In Sachsen wird ePa bislang kaum genutzt
Die E-Akten stehen bereits seit 2021 zur Verfügung. Die Nutzung ist jedoch freiwillig. Versicherte müssen sich dafür kompliziert registrieren lassen. Bisher nutzt nur knapp ein Prozent der Versicherten das Angebot. Auch in Sachsen ist die Nachfrage gering.
Laut Kassenärztlicher Vereinigung (KVS) lassen sich gerade einmal 120 Patienten pro Quartal Behandlungsdaten in ihre ePa eintragen. Dabei würden 95,5 Prozent aller Ärzte im Freistaat die entsprechende Technik in ihren Praxen bereithalten.
Digitalisierung soll Versorgung verbessern
Karl Lauterbach plant nun einen Neustart. Sein erklärtes Ziel: Bis 2025 sollen 80 Prozent der Versicherten eine elektronische Patientenakte haben. Er erhofft sich davon eine bessere Versorgung. Eine Übersicht über Medikamente könnte zum Beispiel helfen, Wechselwirkungen zu vermeiden. Der Einblick in die Krankengeschichte könnte Diagnosen erleichtern.
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Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen begrüßt den „Rückenwind für die Digitalisierung“. Dazu gehöre aber, dass Ärzte die E-Akte mit Daten befüllen müssten. So könnten sie die ePA zum Teilen von Daten nutzen, auch wenn Versicherte über keine App verfügen. Sachsens Kassenärzte fordern ein „höheres Nutzerlebnis für Patienten und Ärzte“.
Kritik an der Widerspruchslösung
Kritiker bemängeln, dass die ePA als Widerspruchslösung eingeführt werden soll. „Schweigen bedeutet nicht Zustimmung“, sagt Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Er warnt zudem davor, nicht technisch versierte Menschen in ihren Rechten zu beschneiden. Aus Sicht der Verbraucherzentralen profitieren Patienten, wenn sie digital durch das Gesundheitswesen navigieren könnten. Es müsse für sie aber einfach festzulegen sein, welcher Arzt auf welche Daten zugreifen darf.
Neben der Patientenakte plant Lauterbach weitere Digitalisierungsschritte. Nach stockender Einführung soll das E-Rezept 2024 einfacher nutzbar und verbindlich werden. Gesetzlich geregelt werden sollen zudem mehr Datenauswertungen für die Forschung. (mit dpa)