Um den MDR-Staatsvertrag ist eine Auseinandersetzung entbrannt. Der Sender warnt vor möglichen Eingriffen in die Rundfunkfreiheit. Landespolitiker fordern dagegen Änderungen bei den Finanzen.
Nach drei Jahrzehnten wird der Staatsvertrag in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen derzeit neu gefasst. Er definiert sozusagen die Aufgaben des MDR und ist damit Grundlage für die Dreiländeranstalt.
In Sachsen etwa hat der Vertrag das Kabinett passiert. Nun befasst sich der Landtag damit. Im Dezember einigten sich die mitteldeutschen Regierungschefs zwar auf einen Vertrag, allerdings nicht völlig einmütig.
Sachsen-Anhalt drängt auf eine Begrenzung der Gehälter in den Leitungsebenen. Sie sollen sich am Einkommen des Präsidenten beziehungsweise der Richter des Bundesverfassungsgerichts orientieren. Der Gerichtspräsident verdient rund 200.000 Euro im Jahr und damit etwas halb so viel wie ARD-Chef Tom Buhrow vom WDR.
Thüringen behält sich mit Blick auf die Verteilung der MDR-Ressourcen sogar eine Kündigung des Staatsvertrages vor. In dem alten Standortstreit sieht sich das Bundesland etwa bei der Verteilung von Arbeitsplätzen beim MDR, dessen Zentrale in Leipzig ansässig ist, benachteiligt.
Kritik an Rechtsaufsicht über die Sender
Die Details sind kompliziert. In der von den Regierungschefs besiegelten Vertragsfassung heißt es wie bislang, dass die MDR-Intendanz „im Rahmen des Möglichen“ darauf hinwirken soll, dass den Ländern ihre Anteile an den MDR-Einnahmen mittelfristig zugute kommen sollen. Die Neufassung verschärft den Passus aber. Nun muss, falls die Landtage das beschließen, die MDR-Spitze einen Bericht dazu vorlegen. Zudem können die Kontrollgremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat Empfehlungen dazu aussprechen.
Im Kern geht es darum, wieviel Geld von dem in den Ländern generierten Rundfunkbeitrag dorthin zurückfließt. Allerdings ist das komplex. Nicht nur der Aufwand für die Landesprogramme muss bedacht, sondern auch die Zulieferungen für überregionale Rundfunk- und Fernsehsendungen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Rechtsaufsicht über die Sender. Die Regierungen der Länder sollen künftig dazu berechtigt sein, zu den Sitzungen des Rundfunk- und Verwaltungsrates je einen Vertreter der Rechtsaufsicht zu entsenden. Das entspricht einer Ausweitung der bisherigen Regelung.
Der MDR nahm bislang in einer Anhörung vor dem Medienausschuss des Landtages in Dresden Stellung. "Wir haben am Montag in der Ausschusssitzung im sächsischen Landtag zur Neufassung des MDR-Staatsvertrags unsere Bedenken hinsichtlich möglicher Gefahren für die Rundfunkfreiheit vorgetragen", sagt der juristische Direktor des Senders, Jens-Ole Schröder.

Aus Reihen der sächsischen Rundfunkpolitiker gibt es ein geteiltes Echo. CDU-Medienexperte Andreas Nowak findet die MDR-Argumentation "verwunderlich": In anderen Staatsverträgen oder Gesetzen zu Öffentlich-Rechtlichen hätten Landesregierungen Zugang zu Verwaltungsräten, teils sogar "mit Sitz und Stimme". Bei der Frage der Ressourcenverteilung seien bestehende Regelungen ergänzt worden. Nowak betont das Recht des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen zu definieren: "Nicht die Anstalt regelt solche organisatorischen Angelegenheiten, sondern die Parlamente."
SPD-Fraktionschef Dirk Panter verweist darauf, dass die Sachverständigen in der Anhörung neben "berechtigter Kritik" auch "viele positive Aspekte" vorgetragen hätten. Der Sozialdemokrat sieht die Unabhängigkeit des Senders gewährleistet und lobt die Staatsferne in den Gremien, die der neue Vertrag regle. Panter hält es für denkbar, dass der Rundfunkrat - das Gremium setzt sich aus gesellschaftlich relevanten Gruppen zusammen - den Intendanten künftig wählt, ohne dass der Verwaltungsrat einen Vorschlag für die Personalie macht.
Claudia Maicher von den Grünen erkennt in den neuen Regeln mehr Vielfalt: "Die Aufsicht über die Drei-Länder-Anstalt wird nicht nur staatsferner, sondern bildet auch die Vielfalt gesellschaftlicher Gruppen besser ab."
Kritik kommt von den drei Wirtschaftsverbänden Mitteldeutschlands. Sie seien gezielt von einer Anhörung Ende 2020 ausgeschlossen worden: "Nur so konnte man die Kritik an der Reduzierung der Sitze im Rundfunkrat für die Arbeitgeberverbände als einem der beiden Sozialpartner unterbinden." Zudem sei der "Reformbedarf bei Regionalität, Strukturen und Vergütung groß".