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Weiter Streit um Härtefallfonds für Ostrentner

Die Pauschale für bestimmte Ostrentner mit geringen Bezügen wird in Sachsen nicht verdoppelt. Das sorgt für Streit in der CDU.

Von Thilo Alexe
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Sachsen stockt Hilfe für Ostrentner mit geringen Bezügen nicht auf.
Sachsen stockt Hilfe für Ostrentner mit geringen Bezügen nicht auf. ©  dpa/Monika Skolimowska

Es geht um alte Menschen mit wenig Geld. Um Senioren, deren Rentenansprüche aus DDR-Zeiten nicht vollständig in die neue Bundesrepublik überführt wurden. Der Umgang mit ihnen wird in Sachsen zur Belastungsprobe für die Koalition. Auch in der Regierungspartei CDU sind die Meinungen geteilt.

Etwa 180.000 bis 190.000 ostdeutsche Rentner haben Anspruch auf eine Einmalzahlung von 2.500 Euro aus einem Härtefallfonds des Bundes. Im April wird über die ersten Auszahlungen entschieden. Wer eine Nettorente von unter 830 Euro bezieht, kann einen Antrag stellen.

Helfen soll die Pauschale denen, die in der DDR etwa bei der Reichsbahn, der Post, in der Braunkohleveredelung, dem Gesundheitswesen oder als Balletttänzer gearbeitet haben. Auch in der DDR geschiedene Frauen können profitieren. Sie sollen zumindest ansatzweise dafür entschädigt werden, dass Ansprüche aus Zusatzversorgungssystemen der DDR nach der Wende nicht ins bundesdeutsche Rentenrecht übernommen wurden.

Strittig ist allerdings die Höhe der Zahlung. Der Bund stattete den Fonds mit 500 Millionen Euro aus. Treten Länder bei, kann sich die Auszahlung dort auf 5.000 Euro verdoppeln. Thüringen will das tun, Mecklenburg-Vorpommern auch, Sachsen bislang aber nicht. Rund 20.000 Betroffene, womöglich auch mehr, sind im Freistaat nach Schätzungen wohl anspruchsberechtigt. Zwischen 50 und 60 Millionen Euro wären nötig, um die Pauschale für sie zu verdoppeln.

Wanderwitz: „Armutszeugnis der Landtagsfraktion“

Im Landtag führte das in der vergangenen Woche zu einem offenen Konflikt in der Dreierkoalition aus CDU, Grünen und SPD. Die beiden kleinen Koalitionspartner dringen nach wie vor auf den Beitritt Sachsens zu dem Fonds. Die CDU ist dagegen. Deren Sozialexperte Alexander Dierks sagte der Sächsischen Zeitung: „Es wäre die Aufgabe des Bundes gewesen, eine Lösung für ganz Deutschland vorzulegen und nicht einen unzureichenden Flickenteppich zu schaffen.“

In der Partei sehen das nicht alle so. Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, schrieb auf Twitter von einem „Armutszeugnis der Landtagsfraktion“. Eine „große Chance“ für die „weitergehende Schließung“ der „Gerechtigkeitslücke“ sei vertan worden.

Vor der Landtagsabstimmung am Donnerstagabend hatte die vogtländische CDU-Bundestagsabgeordnete Yvonne Magwas ihre Parteifreunde ebenfalls via Twitter ermahnt, dass die Härtefallregelung „vor allem auch in der DDR geschiedene Frauen“ betreffe: „Es wäre kein gutes Signal, wenn Sachsen sich nicht beteiligt.“ Die Linke hatte beantragt, dass Sachsen mit 50 Millionen Euro dem Fonds beitreten soll.

Redner von Grünen und Sozialdemokraten warben vehement dafür. SPD-Chef Henning Homann konstatierte, das Recht in der DDR geschiedener Frauen auf eine gerechte Rente sei im Einigungsvertrag „schlicht vergessen“ worden. Die Grüne Franziska Schubert betonte: „ Es liegt nicht am Geld, das ist da.“ Allerdings haben CDU, Grüne und SPD festgelegt, keinen Koalitionspartner zu überstimmen. Linke und AfD waren für den Antrag, aus Koalitionsdisziplin stimmten Grüne und SPD mit der CDU schließlich dagegen.

Thema noch nicht ganz erledigt

Unmittelbar vor der Abstimmung nahmen die Christdemokraten überraschend eine halbstündige Auszeit. „Die CDU bevorzugt und privilegiert nicht Stasi-Leute“, sagte Fraktionschef Christian Hartmann danach. Was er meinte: Ehemalige Beschäftigte von Sicherheitsorganen wie der NVA oder der Staatssicherheit erhalten Sonderrenten, die Sachsen mitfinanziert – Mitglieder anderer Berufsgruppen aber nicht.

Hartmann verwahrte sich jedoch dagegen, dass seine Partei hier eine Ungleichbehandlung dulde. Die CDU habe in der vorigen Bundesregierung mit der SPD eine Milliarde Euro für den Härtefallfonds bereitgestellt, den die Ampel-Koalition nun halbiert habe. Nun sollten die Länder einspringen, was Sachsens CDU ablehne.

Ganz erledigt ist das Thema aber nicht. SPD-Sozialministerin Petra Köpping kündigte in der Landtagsaussprache an, beim CDU-geführten Finanzministerium einen Antrag auf Beitritt in den Fonds stellen zu wollen. Das ist noch bis zum 31. März möglich. Die Ministerin sprach von einem kleinen Stück Wiedergutmachung, die auch mit Landesmitteln geschaffen werden soll.