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Neuer Sozialbericht: Das ist Sachsen in Zahlen

Die sächsische Staatsregierung legt umfassende Sozialdaten vor. Es geht um fehlende Frauen, Rentenhöhen, die Entfernung zum nächsten Pflegeheim und viele weitere Zahlen.

Von Thilo Alexe
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Rentner in Dresden: Sachsen hat nach wie vor eine der ältesten Bevölkerungen im Vergleich der Bundesländer.
Rentner in Dresden: Sachsen hat nach wie vor eine der ältesten Bevölkerungen im Vergleich der Bundesländer. ©  Symbolfoto: dpa/Sebastian Kahnert

Dresden. Petra Köpping hat eine eindeutige Forderung: Sachsen braucht mehr gut bezahlte Arbeitsplätze. Die Sozialministerin appelliert an Arbeitgeber und Gewerkschaften, sich auf Tarife zu einigen. Und sie kündigt an, die Krankenhausplanung voranzutreiben. All das sind aus ihrer Sicht Maßnahmen, um soziale Strukturen im Freistaat zu verbessern.

Die SPD-Politikerin präsentierte am Dienstag die Resultate der zweiten sächsischen Sozialberichterstattung. Ausgewertet wurden größtenteils Daten aus den Jahren 2005 bis 2019 – etwa vom Statistischen Landesamt, der Arbeitsagentur und Rentenversicherung. Nach Einschätzung der SPD-Politikerin hat sich die soziale und wirtschaftliche Lage der Sachsen in diesem Zeitraum kontinuierlich entwickelt. Das betrifft etwa die Bereiche Einkommen, Beschäftigung sowie das verringerte Armutsrisiko.

Die Ministerin wies darauf hin, dass die Daten vor der Corona-Pandemie und den aktuellen Preissteigerungen im Zuge des Ukraine-Krieges erhoben worden seien. Sie zeigten dennoch langfristige Entwicklungen.

Petra Köpping (SPD), Sozialministerin von Sachsen
Petra Köpping (SPD), Sozialministerin von Sachsen ©  Archiv: dpa/Robert Michael

Köpping äußerte Verständnis für jene, die wegen existenzieller Nöte „kein Ohr“ dafür haben, dass es den Sachsen „im Schnitt“ besser gehe als vor Jahren.

Demografie

Sachsen hat nach wie vor eine der ältesten Bevölkerungen im Vergleich der Bundesländer, mehr als jeder Vierte (26,5 Prozent) ist über 65 Jahre alt. Das hat Auswirkungen auf die Pflege. Im Berichtszeitraum hat sich die Zahl Pflegebedürftiger auf rund 251.000 verdoppelt. Bis 2035 wird eine Zunahme auf rund 282.500 prognostiziert. Benötigt werden mehr als 8.800 zusätzliche Pflegeplätze und – gemessen am Jahr 2017 – rund 12.800 weitere Vollzeitpflegerinnen und -pfleger bereits 2030.

Kinderbetreuung

Die Betreuungssituation hat sich dem Bericht zufolge verbessert. Die Betreuungsquote bei den Ein- bis unter Dreijährigen stieg von 48 Prozent (2006) auf 76 Prozent (2020). Der Bundesschnitt liegt bei 51 Prozent. Die Landeszuschüsse stiegen von knapp 300 Millionen Euro (2005) auf rund 750 Millionen Euro (2019). Dazu kommt der kommunale Anteil.

Bruttoausgaben der Kinder- und Jugendhilfe beliefen sich 2019 auf knapp 2,8 Milliarden Euro. Jeder zweite Vater geht in Elternzeit, damit ist Sachsen bundesweit spitze.

Alleinerziehende

Sie sind im Schnitt häufiger von Armut betroffen. Allerdings hat sich der Anteil Erwerbstätiger unter ihnen im Berichtszeitraum von 62 auf knapp 81 Prozent vergrößert. Die Quote derer, die Hartz-IV-Leistungen bezogen, halbierte sich seit 2006.

Arbeit

Rund 1,87 Millionen Sächsinnen und Sachsen sind Arbeitnehmer, 200.000 sind selbstständig. Die Arbeitslosenquote sank im Berichtszeitraum von 18,3 auf 5,5 Prozent. Sachsen verzeichnet einen Höchststand an Beschäftigung. Rund eine halbe Million Menschen arbeiten in Teilzeit, mehr als dreiviertel von ihnen sind weiblich. Die gute Arbeitsmarktlage ist dem Ministerium zufolge auch durch Corona nur wenig geschädigt worden, vor allem wegen des Kurzarbeitergeldes.

Einkommen

Die Entwicklung ist positiv. Das mittlere monatliche Nettoeinkommen (ohne Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) ist im Berichtszeitraum gestiegen – von 915 auf 1.479 Euro. Gestiegen ist auch der Anteil von Paaren, bei denen beide erwerbstätig sind. Allerdings gab es in den Krisenjahren seit 2020 teils deutliche Einbrüche bei Reallöhnen. Auch an andere Stelle sind die Zahlen nicht optimal. Der durchschnittliche Tageslohn (Mediantageslohn) lag bei Männern in Vollzeit 2018 bei 88 Euro, bei Frauen darunter. Daraus folgt: Mehr als 50 Prozent der Vollzeitbeschäftigten verdienten 2018 weniger als zwölf Euro pro Stunde. Allerdings schafft der Mindestlohn Köpping zufolge Abhilfe, die Ministerin forderte zudem mehr Tarifbindung.

Rente

Die Renten sind in Sachsen im Berichtszeitraum um etwa 35 Prozent angestiegen. Der sogenannte Rentenbestand - also die Gesamtheit aller gezahlten Renten – lag 2019 bei rund 1.000 Euro pro Monat für Frauen und etwa 1.250 Euro bei Männern. Die sächsischen Senioren erhalten im Schnitt mehr Rente als im Bundesschnitt. Das liegt aber daran, dass etliche Rentnerinnen im Westen zuvor nicht arbeiteten. Bezieht man die Rene auf 35 Beitragsjahre liegt sie in Sachsen unter dem Bundesschnitt. Köpping würdigte die Grundrente als hilfreich für Menschen in Ostdeutschland.

Vermögen

Das Geld- und Immobilienvermögen in Sachsen lag 2018 unter dem Bundesschnitt. Damals besaß ein Haushalt im Freistaat im Schnitt 41.000 Euro Geldvermögen (Bund: 58.000) und 57.000 Euro Immobilienvermögen (Bund: 136.000). Gestiegen ist auch die sogenannte Einkommens- und Vermögensungleichheit. Menschen mit höherem Einkommen haben stärker von der wirtschaftlichen Entwicklung profitiert, das Vermögen der Einkommensschwächeren verringerte sich.

Besonderheiten

Sachsen ist ein differenziert strukturiertes Bundesland mit lokaler Vielfalt. Rund 30.000 eingetragene Vereine waren 2021 registriert – eine hohe Dichte. Mit einer Ausnahme gab es in allen Gemeinden eine Kindertageseinrichtung. Der Durchschnittsweg dorthin betrug 1,4 Kilometer, der zum nächsten Pflegeheim etwa 3,8 Kilometer. Von abgehängten Regionen kann nach Einschätzung des Ministeriums keine Rede sein. Es gebe keine Gegenden, in denen sich nur schwierige oder positive Lebenslagen ballen.