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Altkanzler Schröder verliert Büro und Mitarbeiter

Altkanzler Schröder ist wegen seiner Kontakte zu Russlands Präsident Putin hoch umstritten. Jetzt verliert er viele der Privilegien, die ihm als Ex-Regierungschef eigentlich zustehen.

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SPD-Altkanzler Gerhard Schröder muss wegen seiner Russland-Kontakte jetzt sogar um die staatliche Versorgung bangen.
SPD-Altkanzler Gerhard Schröder muss wegen seiner Russland-Kontakte jetzt sogar um die staatliche Versorgung bangen. © dpa/Kay Nietfeld

Berlin. Der Bundestag hat Altkanzler Gerhard Schröder einen Teil seiner Sonderrechte als früherer Regierungschef in Deutschland entzogen. Der Haushaltsausschuss beschloss am Donnerstag die Abwicklung seines Büros, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Ausschusskreisen erfuhr. Das verbliebene Personal soll anderweitige Aufgaben übernehmen, hieß es in einem Antrag der Ampel-Koalition, der im Ausschuss eine Mehrheit fand. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der Altkanzler aber weiterhin. Die Union hätte dem SPD-Politiker am liebsten auch sein Ruhegehalt gestrichen. Sie warf Schröder unter anderem vor, dem internationalen Ansehen Deutschlands zu schaden.

Am Donnerstag hat sich auch das Europaparlament mit großer Mehrheit für EU-Sanktionen gegen Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgesprochen. Der Schritt des Parlaments dürfte den Druck auf die zuständige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den Außenbeauftragten Josep Borrell erhöhen, einen Vorschlag für die Aufnahme Schröders auf die EU-Sanktionsliste vorzulegen. Sollte dieser dann angenommen werden, könnten in der EU vorhandene Vermögenswerte Schröders eingefroren werden.

Union würde noch weiter gehen: Auch Gehalt weg

Die Ampel-Koalitionäre waren in ihrem Vorschlag an den Bundestag hingegen eher vorsichtig: Sie erwähnen Schröders Haltung zu Russland und Putin überhaupt nicht - obwohl sie der wahre Grund für die Kappung sein dürfte. Die Befürchtung: Das Ganze könne wie eine politisch willkürliche Lex Schröder wirken und damit rechtlich angreifbar sein. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der Altkanzler werde für eine umstrittene Meinung bestraft.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, verteidigte das Vorgehen, das Ruhegehalt Schröders unangetastet zu lassen. Beim Gehalt gehe es um Eigentumsansprüche, sagte Mast am Mittwoch in Berlin. "Deswegen ist das höchst bedenklich verfassungsrechtlich."

"Nur noch Lobbyist für russische Staatsunternehmen"

SPD, Grüne und FDP wollen nun die Alimentierung früherer Bundeskanzler und Bundespräsidenten generell neu regeln. Bisher bekommen ehemalige Staatsgranden nach ihrer Amtszeit nicht nur ein von der Amtsdauer abhängiges Ruhegehalt, sondern auf Lebenszeit auch ein Büro mit mehreren Mitarbeitern, einen Fahrer und eine Erstattung von Reisekosten. Die Koalitionäre wollen diese Ausstattung jetzt davon abhängig machen, ob die früheren Top-Politiker tatsächlich noch Aufgaben übernehmen, also etwa Schirmherrschaften haben und Reden halten.

"Die Ausstattung für ehemalige Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler soll künftig nicht mehr statusbezogen sein, sondern sich an den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt orientieren", erklärten die Haushälter der Fraktionen am Mittwoch. Und sie machten klar: "Gerhard Schröder nimmt keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler mehr wahr. Somit entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers."

Schröder sei "nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland", sagte Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe daher keine Veranlassung mehr, ihm auf Staatskosten Büro und Mitarbeiter zu finanzieren.

Auswirkungen auch auf Merkel und Scholz?

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann wies darauf hin, dass die Entscheidung beim Parlament liegt, signalisierte aber gleichzeitig Verständnis für den Schritt. Es entspreche einer langjährigen Staatspraxis, dass Bundeskanzlern außer Dienst ein Büro zur Verfügung gestellt werde, um sie bei der Erfüllung ihrer nachfolgenden Amtspflichten zu unterstützen, sagte sie. "Wenn es jetzt natürlich keine fortwährenden Verpflichtungen aus der vorhergehenden Amtstätigkeit gibt, so mag da auch eine Einschränkung folgerichtig erscheinen."

Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Danach übernahm er Aufgaben unter anderem für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, die russische Gazprom und den Energiekonzern Rosneft. Weil er sich davon nach Kriegsbeginn nicht distanzierte, forderte ihn die SPD-Spitze zum Parteiaustritt auf. Es gibt auch Anträge auf einen Parteiausschluss.

Eine so generelle Neuregelung der Ausstattung ehemaliger Kanzler dürfte auch Maßstäbe für Ex-Kanzlerin Angela Merkel und irgendwann auch für Kanzler Olaf Scholz setzen. Merkel hat vor wenigen Monaten erst ihr Altkanzlerinnen-Büro bezogen. Sie bekam neun Mitarbeiter mit Gehältern bis zu 10 000 Euro bewilligt. Das sind zwei mehr als Schröder nach seiner Kanzlerschaft 2005 hatte - und vier mehr als zuletzt für ihn arbeiteten. Der Haushaltsausschuss hatte 2019 zwar entschieden, dass ehemalige Kanzler nur noch fünf Mitarbeiter haben sollten. Das gilt jedoch erst in Zukunft - wenn Scholz nicht mehr im Amt ist.

Dobrindt: Schröder-Porträt aus dem Kanzleramt entfernen

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte, auch das Gemälde von Gerhard Schröder im Bundeskanzleramt abzuhängen. Im ersten Stock hängen Porträts aller früheren Bundeskanzler - außer von Angela Merkel, für die noch keins angefertigt wurde. "Es ist einfach unwürdig, dass Gerhard Schröder da noch neben erfolgreichen Kanzlern der Bundesrepublik Deutschland hängen bleibt", sagte Dobrindt im Fernsehsender "Welt". "Er wird ja selber zum Gespött in der Öffentlichkeit mit seiner vollkommen undifferenzierten Haltung, die er gegenüber Putin einnimmt." (dpa)