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Gemüse wird billiger: Die Inflation in Sachsen lässt nach

Im Mai ist die Inflationsrate in Sachsen deutlich gesunken. Ein typischer Warenkorb kostet zwar mehr als vor einem Jahr - aber weniger als noch im April.

Von Georg Moeritz
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Gurken sind in diesem Mai etwa ein Drittel günstiger als noch im April. Und das ist nicht alles: Die Inflationsrate sinkt.
Gurken sind in diesem Mai etwa ein Drittel günstiger als noch im April. Und das ist nicht alles: Die Inflationsrate sinkt. ©  Archivbild: dpa/Patrick Pleul

Dresden. Die Preise sinken etwas: Ein typischer Warenkorb in Sachsen ist von April zu Mai 0,3 Prozent billiger geworden. Das Statistische Landesamt in Kamenz meldete am Mittwoch, die Inflationsrate für ein Jahr sei damit im Mai auf 6,5 Prozent gesunken. Im April hatten die sächsischen Statistiker noch 7,6 Prozent Inflationsrate für die Verbraucherpreise errechnet.

Die neue Ernte ließ im Mai beispielsweise die Preise für frisches Gemüse sinken. Die Kamenzer Statistiker fanden bei ihren Preis-Erhebungen auf sächsischen Wochenmärkten und in Ladengeschäften heraus, dass Gurken gut ein Drittel billiger waren als noch im April. Schnittkäse wurde gut zehn Prozent billiger, Butter rund sieben Prozent. Insgesamt sanken die Preise für Nahrungsmittel von April zu Mai in Sachsen um 1,2 Prozent. Im Vergleich zu Mai vorigen Jahres waren sie aber noch immer 15,7 Prozent höher.

Kaffee und Bier wurden im Mai ebenfalls billiger, die Preise an den Tankstellen sanken im Vergleich zum April in Sachsen im Schnitt um 2,5 Prozent. Auch die Einführung des Deutschlandtickets für 49 Euro im Monat spielte bei der Berechnung des Warenkorb-Preises eine Rolle.

Sächsische Hotels und Reiseveranstalter erhöhen Preise

Dass die Pfingstfeiertage dieses Jahr im Mai lagen, dürfte nach Einschätzung des Statistischen Landesamts zu den Preiserhöhungen im Hotel- und Reisegewerbe beigetragen haben. Pauschalreisen wurden im Jahresvergleich um 13,6 Prozent teurer, Übernachtungen in sächsischen Hotels und Gasthöfen um elf Prozent. Wer im Mai seinen Tank auffüllen musste, zahlte für Heizöl rund 30 Prozent weniger als im teuren Mai vorigen Jahres, für Flüssiggas rund 40 Prozent weniger.

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden wird am Nachmittag die Inflationsrate für Deutschland insgesamt veröffentlichen. Im April lag sie bei 7,2 Prozent und war damit etwas niedriger als in Sachsen. Auch in den Monaten zuvor gab es leichte Unterschiede: Die Lebensmittelpreise stiegen in Sachsen eine Zeitlang stärker als im Bundesdurchschnitt, die Kaltmieten dagegen nicht so stark. Innerhalb eines Jahres sind die Kaltmieten laut Kamenzer Statistik in Sachsen um 1,3 Prozent gestiegen. Gemeint sind die tatsächlich gezahlten Mieten, nicht Angebote für neue Mietverträge.

Auf der Internetseite des Statistischen Bundesamts gibt es auch einen Inflationsrechner, mit dem jeder seine persönliche Inflation ausrechnen kann. Denn der typische Warenkorb gilt nicht für jeden. Wer eine eigene Wohnung oder ein Haus hat, hat statt der Kaltmiete andere Ausgaben und möglicherweise zeitweilig eine höhere persönliche Inflation als ein Mieter.

Branchenexperten gehen davon aus, dass sich die Inflation bei Lebensmitteln in der zweiten Jahreshälfte deutlich abschwächen wird. Die Preissenkungen bei vielen Rohstoffen dürften zeitversetzt auch auf die Lebensmittelpreise durchschlagen. Zeitweise hatten sächsische Milchbauern für ihre Rohmilch deutlich höhere Preise von den Molkereien bekommen, die Preise für Butter und Milch im Handel stiegen deutlich. Doch die Landwirte fürchten wieder sinkende Preise - Sachsens Landesbauernverband will über das Thema Milch am Donnerstag auf einem Hof bei Wittichenau informieren.

Erdgas-Preis in Abwärtstrend

Der Deutschlandchef des Discounters Lidl, Christian Härtnagel, hatte vorige Woche in einem Handelsblatt-Interview gesagt, Lebensmittel dürften keine Luxusprodukte werden. Wo er Entspannung auf dem Rohstoffmarkt sehe, gebe er dies an die Kunden weiter und senke die Preise. Grundnahrungsmittel wie Butter, Käse und Nudeln seien nicht mehr so teuer wie im vorigen Jahr. Viele Kunden zeigen sich sparsam: Im März setzten Einzelhändler rund zehn Prozent weniger mit Lebensmitteln um als ein Jahr zuvor.

Der Börsenpreis für europäisches Erdgas war am Dienstag erstmals seit zwei Jahren unter 24 Euro je Megawattstunde gefallen, also 2,4 Cent pro Kilowattstunde.
Der Preis für europäisches Erdgas befindet sich seit Ende des vergangenen Jahres in einem Abwärtstrend. In der Spitze wurde im vergangenen Sommer ein Rekordpreis von mehr als 300 Euro je Megawattstunde gezahlt, als Folge des Krieges in der Ukraine. Deutschland füllte seine Gasspeicher und zahlte dafür Rekordpreise.

Trichet: Drei Gründe für steigende Preise

Einige Händler haben ihren Kunden inzwischen sinkende Preise angekündigt, etwa Envia-M mit der Tochter Mitgas in Chemnitz. Sachsen-Energie mit den Marken Enso und Drewag dagegen verwies darauf, das Erdgas für die kommenden Monate teuer eingekauft zu haben und die Verkaufspreise noch nicht senken zu können - zudem seien die Preise des Unternehmens vergleichsweise niedrig.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen in den vergangenen Monaten schrittweise um 3,75 Prozentpunkte erhöht, um die Inflation zu bremsen. Steigende Zinsen bringen zwar Sparern mehr Ertrag, aber Kredite werden teurer - das hemmt beispielsweise die Baubranche.

Der frühere EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte im Handelsblatt-Interview, die längere Phase mit niedrigen Zinsen und geringer Inflation vor der Corona-Pandemie sei eine Ausnahme gewesen: "Wir werden nicht dorthin zurückkehren." Der Franzose rechnet damit, dass der Inflationsdruck andauert und nennt dafür drei Gründe: die teilweise Umkehr der Globalisierung, den Kampf mit höheren Löhnen gegen die soziale Ungleichheit sowie den teuren Umbau der Wirtschaft zu einer klimafreundlicheren Produktion.