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Scharfe Kritik an Milliardensubvention für Infineon-Chipfabrik Dresden

Der Bund will eine Milliarde Euro für den Anbau an die Dresdner Mikrochipfabrik von Infineon zuschießen. Was ein Wirtschaftsforscher aus Sachsen-Anhalt dazu sagt.

Von Georg Moeritz
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Bei Infineon Dresden arbeiten 3.200 Menschen. 1.000 sollen dazukommen - auch dank einer Milliardensubvention.
Bei Infineon Dresden arbeiten 3.200 Menschen. 1.000 sollen dazukommen - auch dank einer Milliardensubvention. © Archiv/Marion Doering

Dresden. Der angekündigte Milliarden-Zuschuss für die Erweiterung der Mikrochipfabrik von Infineon Dresden sollte lieber für Zukunftstechnologien ausgegeben werden - das fordert der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Professor Reint Gropp. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte Gropp, der Staat zahle pro zusätzlichen Arbeitsplatz bei Infineon Dresden eine Million Euro Zuschuss - das sei zu viel. Auch bei Batteriefabriken seien Subventionen für "alte Technologie" nicht sinnvoll.

Gropp sagte, profitablen Unternehmen wie Infineon sollten keine "Geschenke" vom Staat gemacht werden. Der Münchner Halbleiterkonzern hatte am Donnerstag anlässlich seiner Hauptversammlung angekündigt, in diesem Jahr mit dem Anbau an sein Dresdner Werk zu beginnen. Fünf Milliarden Euro sollen dort für Gebäude und Maschinen ausgegeben werden, 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze in Dresden entstehen. Vom Bund kommt voraussichtlich eine Milliarde Euro Zuschuss - davon drei Viertel im Rahmen des geplanten EU Chips Act zur Stärkung der Mikroelektronik-Produktion in Europa und ein Viertel als Teil des Vorhabens "Important Projects of Common European Interest" (Ipcei), das eher an technischem Fortschritt orientiert ist.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte vor einigen Tagen die Erlaubnis erteilt, schon vor der endgültigen Subventionsentscheidung in Brüssel mit dem Dresdner Infineon-Projekt zu beginnen. Habeck sprach von staatlicher Förderung für Unternehmen, deren Innovationen "notwendig sind für die Transformation hin zur Klimaneutralität". Die Halbleiter, die in Dresden produziert werden sollen, seien "notwendig für die Nutzung erneuerbarer Energien oder für die E-Mobilität".

Auf und Ab bei Arbeitsplätzen in der Halbleiter-Industrie

Infineon-Konzernchef Jochen Hanebeck sagte auf Nachfrage von Aktionärsvertretern auf der Hauptversammlung, sein Idealbild seien zwar Unternehmen, die mit wenigen Subventionen am Markt handeln könnten. Aber die Welt sei nun in einer "geopolitischen Neuorientierung". Es wäre ein Fehler, wichtige Industriezweige aus EU und USA abwandern zu lassen. Die EU-Kommission will ebenso wie die USA mit Milliardenförderung die heimische Mikrochipproduktion stärken - im Wettbewerb mit Asien.

Der Hallenser Volkswirtschaftsprofessor Gropp dagegen warnt vor dem Risiko, dass es in Zukunft wieder große Überkapazitäten bei Halbleitern geben könne. "Es kann nicht sein, dass nun mithilfe öffentlicher Gelder Kapazitäten aufgebaut werden, die wir vielleicht gar nicht brauchen." In Dresden waren 2008/09 bei der Pleite der Infineon-Tochterfirma Qimonda rund 4.000 Arbeitsplätze weggefallen, weil die Massenproduktion von Speicherchips mit der Konkurrenz in Asien nicht mithielt. Auch bei Globalfoundries in Dresden gab es ein Auf und Ab der Arbeitsplätze, dieses Jahr wird eine Abteilung nach Portugal verlagert.

Intel, BMW und Porsche im Osten ohne Zentralfunktion

Gropp sieht auch in der geplanten Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel in Magdeburg mit mindestens 3.000 Arbeitsplätzen keinen Wendepunkt für die Region. "Intel baut ein großes Werk, aber dort werden auch künftig keine wichtigen Entscheidungen fallen oder bedeutende Aktivitäten für Forschung und Entwicklung angesiedelt." Das habe sich auch schon bei den großen Investitionen von BMW und Porsche in Autofabriken in Leipzig gezeigt. In Ostdeutschland gebe es kaum große Hauptverwaltungen.

Intel hatte für Magdeburg eine Investition von 17 Milliarden Euro angekündigt. Aus der Bundesregierung hatte es zuletzt geheißen, Intel fordere für die geplante Ansiedlung statt der zugesagten 6,8 Milliarden Euro nun 10 Milliarden Euro. Zuletzt hatte Bosch mit Subventionen eine hoch automatisierte Mikrochipfabrik in Dresden gebaut, die bei voller Auslastung 700 Arbeitsplätze haben soll. Das Werk kostete rund eine Milliarde Euro, davon waren nach früheren Angaben mindestens 140 Millionen Euro Subventionen. Bosch hat auch ein neues Entwicklungszentrum für Dresden angekündigt.

Der Hallenser Forscher forderte, das Geld vom Staat statt für Produktion lieber für Forschung und Entwicklung auszugeben - auch in Unternehmen. Anschubfinanzierungen für große Projekte halte er auch für wichtig. Doch den "internationalen Subventionswettbewerb" sehe er sehr kritisch. Das gelte nicht nur für die Mikrochipproduktion. Es sei auch besser, billige Autobatterien aus den USA zu kaufen, als in Europa mit viel Fördergeld Produktionen anzusiedeln.