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Kontinuierliche Kontrollen an Grenzen zu Tschechien und Polen verstoßen gegen Europarecht

CDU und AfD wollen angesichts stark gestiegener Flüchtlingszahlen Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien. Deshalb hat eine Grünen-Politikerin aus Sachsen das Ansinnen rechtlich bewerten lassen.

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Bundespolizisten kontrollieren ein Fahrzeug an der Grenze zu Tschechien.
Bundespolizisten kontrollieren ein Fahrzeug an der Grenze zu Tschechien. © Rafael Sampedro (Archiv)

Brüssel. Kontinuierliche Kontrollen an den deutschen Grenzen sind laut einer Kurzstudie mit dem Europarecht nicht vereinbar. "Grenzkontrollen aufgrund irregulärer Migration einzuführen verstößt gegen unsere gemeinsamen Regeln für offene Grenzen in der EU. Dass die Kontrollen zwischen Bayern und Österreich seit der sogenannten Migrationskrise 2015 ununterbrochen andauern, macht sie nicht legal", erklärte die sächsische Europa-Abgeordnete Anna Cavazzini (Grüne). Sie hatte die Studie bei Daniel Schade von der Universität Leiden in den Niederlanden in Auftrag gegeben. Anlass waren Forderungen aus Sachsen nach Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien.

Cavazzini zufolge muss die Europäische Kommission endlich die Regeln im Schengen-Raum durchsetzen, damit Menschen ohne Einschränkungen von der Personenfreizügigkeit profitieren können. "Die schengenwidrigen Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich können kein Vorbild für Sachsen sein. Besonders in Sachsen sind die Grenzregionen mit Polen und Tschechien eng verwoben. Sächsinnen und Sachsen leben, lieben und arbeiten selbstverständlich grenzüberschreitend." Dieses Miteinander sei der Kern europäischer Zusammenarbeit und Solidarität. Grenzen zu kontrollieren sei "ein Schritt der Abschottung" und schränke die Lebensqualität vor Ort massiv ein.

Laut Studie kann ein Schengen-Mitgliedsstaat nur in begründeten Ausnahmefällen und für eine maximale Dauer von sechs Monaten bei Bedrohung der öffentlichen Ordnung temporäre, stationäre Grenzkontrollen durchführen. Dies kann durch eine Empfehlung des Europäischen Rates in Ausnahmefällen auf bis zu zwei Jahre verlängert werden. Erneute Kontrollen müssten durch die Mitgliedsstaaten mit einer neuen Bedrohungslage begründet werden. Migration stelle allein keine begründete Bedrohung der öffentlichen Ordnung nach Schengener-Grenzkodex dar.

"Vor diesem Hintergrund verstoßen die seit der sogenannten Migrationskrise 2015 andauernden Grenzkontrollen an der Grenze zwischen Bayern und Österreich seit November 2017 gegen Europarecht", hieß es.

In der aktuellen Debatte um Grenzkontrollen an sächsischen EU-Binnengrenzen könne mit Verweis auf die Migration das Beispiel Bayern/Österreich nicht als Begründung herangezogen werden. Gleichzeitig sind die negativen Folgen von Grenzkontrollen für Menschen und Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze aus der Pandemie mit kilometerlangen Staus noch in Erinnerung. (dpa)