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Dialog statt Abschottung: Parteien im neuen Pirnaer Kreistag setzen auf Inhalte

Wenige Tage vor der konstituierenden Sitzung haben sich die Fraktionen gebildet. Einige steckten bereits für sich die Marschrichtung ab.

Von Roland Kaiser
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Noch ist der Kreistagssaal in Pirna verwaist. Schon in Kürze startet die neue Legislaturperiode.
Noch ist der Kreistagssaal in Pirna verwaist. Schon in Kürze startet die neue Legislaturperiode. © freier Fotograf

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Bevor sich am 26. August der neue Kreistag in Pirna zu seiner ersten Sitzung nach der Kommunalwahl zusammenfindet, haben sich hinter den Kulissen mehrere Bündnisse geschmiedet.

Zum einen betrifft dies die Freien Wähler. Sie werden künftig mit zwei gewählten FDP-Kreisräten eine gemeinsame Fraktion bilden. Diese kommt auf elf Sitze und bildet damit die drittstärkste Kraft in dem Gremium.

Zum anderen schlossen sich die Bündnisgrünen mit den Sozialdemokraten zu einer sechsköpfigen Fraktion zusammen. Beide Parteien für sich genommen, hätten lediglich Gruppenstärke erzielt.

AfD stärkste Kraft, linkes Lager geschwächt

Zum Vergleich: In der Vergangenheit bildeten die Grünen eine eigenständige Fraktion in der Größenordnung, wie sie nunmehr mit der SPD erreicht wird. Die Sozialdemokraten wiederum fuhren sogar ein Mandat weniger ein. Statt bisher auf vier kamen sie nurmehr auf drei.

Dabei zeigte sich Kreisrat Ralf Wätzig, der sein Mandat verteidigen konnte, vor der Kreistagswahl noch recht zuversichtlich, aus eigener Kraft die Fraktionsstärke erreichen zu können. In dem Zusammenhang betonte der Pirnaer: "Ziel kann es nur sein, in der kommenden Wahlperiode mehr sichtbare Akzente zu setzen. Grundsätzlich stehen wir für soziale, die Gesellschaft zusammenführende und zusammenhaltende Themen."

Inwieweit eine Umsetzung angesichts der Kräfteverschiebung im Kreistag gelingt, wird sich erst noch zeigen müssen. Dort nimmt die AfD die Spitzenposition ein. Sie sicherte sich 27 Sitze. Fünf Jahre zuvor hatten sie 22 Kreistagsmandate geholt. Damit löst die AfD die CDU ab, die auf 22 Sitze (vorher 23) kam. Auf Platz drei rangiert besagter Zusammenschluss von Freie Wähler und den Liberalen. Das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erzielte zehn Mandate.

Ferner sind im Kreistagssaal mehrere Parteien mit Gruppenstatus zu finden. Dazu zählen die "Konservative Mitte" mit vier sowie die Linkspartei und die "Freien Sachsen" mit jeweils drei Sitzen.

Doch wie halten es die Parteien künftig mit der AfD, deren sächsischer Landesverband vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft wurde?

CDU und Freie Wähler geben sich pragmatisch

"Die Freien Wähler streben im Kreistag einen sachlichen Umgang mit der AfD an", ließ deren Fraktionsvorsitzender Heiko Wersig auf Anfrage wissen. Wersig, der in Bannewitz Bürgermeister ist, begründete die Entscheidung damit, dass es wichtig sei, "sich auf die Inhalte und Themen zu konzentrieren, die für die Bürger von Bedeutung sind". Dabei solle eine klare Position bezogen werden, ohne in persönliche Angriffe oder emotionale Auseinandersetzungen abzudriften.

CDU-Fraktionschef Ralf Rother, gleichzeitig Bürgermeister der Stadt Wilsdruff, übt sich ebenso in Diplomatie: "Die Zusammenarbeit im Kreistag wird von inhaltlichen Themen abhängen, wie in der bisherigen Konstellation auch." Er und seine Parteifreunde sehen die größten Schnittmengen weiterhin mit den Freien Wählern und der FDP. "Dabei werden wir das Wählervotum akzeptieren und uns in der Sache mit jedem auseinandersetzen, der seinerseits zur konstruktiven Politik beiträgt."

Genau das hatte die AfD im Wahlkampf versprochen. "Im Kreistag werden wir in größerer Fraktionsstärke vermehrt inhaltliche Akzente setzen und uns noch stärker bei der Gestaltung unseres Landkreises einbringen", erklärte für die Fraktion der wiedergewählte André Barth. "Insbesondere die desaströse Haushaltslage der gesamten kommunalen Ebene in Sachsen bewegt mich dabei sehr. Dieses Themas werde ich mich annehmen."

Kräfteverschiebung Zeichen des Protests

Die Bündnisgrünen stellten klar, dass sie sich weiterhin kritisch und konstruktiv in den Kreistag einbringen werden.

Aus den Reihen der Linken war bereits zu vernehmen, dass sie eine Zusammenarbeit mit der AfD und den "Freien Sachsen" grundsätzlich ausschließen. Inwieweit diese sich der gemeinsamen Koalition von SPD und Bündnisgrünen anschließen werden, blieb zunächst offen. In der Vergangenheit habe es zwar durchaus einige Absprachen zwischen den drei Parteien gegeben. Eine auf fünf Jahre Zusammenarbeit angelegte, gemeinsame Fraktion wäre dagegen ein Novum, so Lisa Thea Steiner, Vorsitzende des Linke-Kreisverbandes. "Insofern wird dies Gegenstand weiterer Beratungen sein. Ein Ergebnis ist aus verschiedenen Gründen sicher erst nach der Landtagswahl zu erwarten."

Hingegen sagte Peter Pfitzenreiter von der "Konservativen Mitte" mit Blick auf die Konstellation im Kreistag: "Neue Akteure sind hinzugekommen, die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben." Das Frustpotential - damit spielt der Vereinschef auf den Krieg in Osteuropa sowie verschiedene Krisen an - hätten für einen starken Protest gesorgt. "Unsere Arbeit werden wir mit voller Kraft und gleicher Qualität wie bisher fortsetzen." Ideologie müsse dabei außen vor bleiben, meint er.

Am 26. August braucht aller Voraussicht nach noch niemand aus der Politikrunde Vollgas zu geben. Zwar lagen mit Stand Donnerstag zur Tagesordnung noch keine Informationen vor. Wie eine Landratsamtssprecherin allerdings mitteilte, könne davon ausgegangen werden, dass in erster Linie organisatorische Fragen zu klären sind. So stünden unter anderem die Besetzung der Ausschüsse an. Aufgrund ihrer Fraktionsstärke gilt es als höchstwahrscheinlich, dass AfD, Christdemokraten und Freie Wähler samt FDP im Schlepptau diese erneut dominieren.

Dann könnte ebenso der frühere Bauingenieur Lothar Brandau von den Freidemokraten durchaus ein zusätzliches Betätigungsfeld erhalten. Zuletzt wirkte der 74-Jährige im Senioren- und Behindertenbeirat als stimmberechtigtes Mitglied mit. Er ist der älteste Kreisrat. Den jüngsten stellt im Übrigen mit dem 29-jährigen Maximilian Weber das BSW.