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EU-Parlament: Unternehmen müssen Gehaltsunterschiede offenlegen

Das Europaparlament hat strengeren Regeln für mehr Lohntransparenz zugestimmt. Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten müssen künftig Informationen zu Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen offenlegen - zur Freude von Sachsens Gleichstellungsministerin Katja Meier.

Von Nora Miethke
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Unternehmen mit mehr als hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen künftig regelmäßig Daten zum Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen veröffentlichen.
Unternehmen mit mehr als hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen künftig regelmäßig Daten zum Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen veröffentlichen. © Jean-Francois Badias/AP/dpa

Das Europaparlament hat am Donnerstag strengeren Regeln für mehr Lohntransparenz zugestimmt. Unternehmen in der EU mit mehr als 100 Angestellten müssen künftig Informationen zu Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen offenlegen. Das EU-Parlament sprach sich in Brüssel mit 427 Stimmen bei 79 Gegenstimmen und 76 Enthaltungen für eine solche Regelung aus.

Vergütungsstrukturen müssen künftig auf geschlechtsneutralen Kriterien beruhen und so gestaltet sein, dass die Arbeitsbewertung und die berufliche Einstufung unabhängig vom Geschlecht erfolgen. Außerdem dürfen Stellenausschreibungen und Stellenbezeichnungen keine Rückschlüsse auf das Geschlecht zulassen und Einstellungsverfahren müssen diskriminierungsfrei sein.

Für Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten gilt diese Pflicht nur, sobald sie von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin dazu aufgefordert werden. Mit der neuen Regelung sollen Gehälter leichter verglichen und eventuelle Lohnunterschiede aufgedeckt werden. Die EU-Länder müssen noch zustimmen, was als Formsache gilt.

Frauen verdienen in der EU den Angaben zufolge für dieselbe Arbeit durchschnittlich 13 Prozent weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gap habe sich in den vergangenen Jahren nur minimal verkleinert. In Deutschland liegt die Lohndifferenz bei 18 Prozent.

Geheimhaltungsklauseln über das Gehalt sollen demnach in Verträgen verboten sein. Vorgesehen ist nach dem Willen der EU außerdem eine verpflichtende Untersuchung gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen, falls bei einem Unternehmen eine Lohndifferenz von fünf Prozent oder mehr festgestellt wird. Wenn Arbeitgeber Verpflichtungen des Grundsatzes für gleiche Bezahlung nicht beachteten, hätten Arbeitnehmer das Recht, Entschädigung zu verlangen. Das EU-Parlament fordert, dass die Mitgliedstaaten "wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen" für Arbeitgeber einführen müssen, die sich nicht an die Regeln halten. Das können zum Beispiel Geldstrafen sein.

Erst im Februar diesen Jahres hatte die Dresdnerin Susanne Dumas vor dem Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil erfochten, nach dem gleicher Lohn keine Verhandlungssache sein darf. Frauen hätten den Anspruch auf gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen, entschied das Gericht. Dresdnerin hatte ihren alten Arbeitgeber in Meißen verklagt.

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das ist EU-Recht. Die Umsetzung scheitert aber immer noch an mangelnder Lohntransparenz. Deswegen begrüße ich sehr, dass das Europäische Parlament heute dem Vorschlag der EU-Kommission für verbindliche Maßnahmen zur Lohntransparenz zugestimmt hat", betont Sachsens Gleichstellungsministerin Katja Meier. In Sachsen würden in Vollzeit beschäftigte Frauen bei gleicher Qualifikation, Tätigkeit und Erwerbsbiografie fast zwölf Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen erhalten. "Wir müssen den Gender-Pay-Gap schließen, denn der hat gravierende Folgen: weniger Lohn für Frauen, ein erhöhtes Armutsrisiko, weniger Rente", so die Grünen-Politikerin. Ihr Ministerium veranstaltet seit November 2022 gemeinsam mit dem DGB Sachsen die Workshopreihe: ‚Gender Pay Gap in Sachsen‘.“

Bei der Abstimmung der EU-Staaten über die neuen Lohntransparenz-Regeln im Dezember 2022 hatte sich Deutschland enthalten, weil sich die Ampelkoalition nicht einig ist. Während die grüne Bundesfrauenministerin Lisa Paus die Verschärfungen gelobt hatte, kritisierte das Bundesfinanzministerium die EU-weiten Vorgaben. Die Bundesregierung hätte sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass die EU-Richtlinie "bürokratiearm und mittelstandskonform" umgesetzt werden solle. Das ist nach Ansicht des von Christian Lindner (FDP) geführten Hauses nicht der Fall. Arbeitgeber mit 100 bis 150 Beschäftigten müssen die ersten Berichte zu Gehaltsunterschieden zwischen Frauen und Männern 2031 vorlegen.