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Familienministerin Giffey tritt zurück

Franziska Giffey hat nach Plagiatsvorwürfen ihren Rücktritt eingereicht. Justizministerin Lambrecht übernimmt vorerst das Amt.

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Lange wurde über ihren Doktortitel und die möglichen Konsequenzen diskutiert und spekuliert: Nun hat Franziska Giffey (SPD) selbst die Konsequenzen gezogen.
Lange wurde über ihren Doktortitel und die möglichen Konsequenzen diskutiert und spekuliert: Nun hat Franziska Giffey (SPD) selbst die Konsequenzen gezogen. © dpa/Wolfgang Kumm

Berlin. Wegen einer möglichen Aberkennung ihres Doktortitels tritt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) von ihrem Amt zurück. Sie habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Kabinettssitzung am Vormittag um die Entlassung aus ihrem Amt gebeten, teilte sie am Mittwoch in Berlin mit. Giffey reagiert damit auf den Abschluss des dritten Verfahrens an der Freien Universität Berlin zur Überprüfung von Plagiatsvorwürfen.

Giffey erklärte, sie ziehe "bereits heute die Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren. Damit stehe ich zu meinem Wort." Die Mitglieder der Bundesregierung, ihre Partei und die Öffentlichkeit hätten "Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit". Die SPD-Politikerin hatte 2019 angekündigt, ihr Amt aufzugeben, wenn ihr der Doktortitel aberkannt werden sollte. Zudem hatte sie wegen der Diskussionen um die Rechtmäßigkeit ihres Doktortitels auf eine Kandidatur für den SPD-Vorsitz verzichtet.

Giffeys Worten zufolge hat ihr die Universität bis Anfang Juni eine Frist zur Stellungnahme zu dem Verfahren eingeräumt, die sie wahrnehmen werde. Sollte die Freie Universität zu dem Ergebnis kommen, ihr den Doktortitel abzuerkennen, werde sie die Entscheidung akzeptieren, schreibt Giffey in ihrer Erklärung. Sie versicherte erneut, sie habe ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben. Sie bedaure, wenn ihr dabei Fehler unterlaufen seien.

Eine zweite Überprüfung im Jahr 2019 hatte nicht zur Aberkennung des Doktortitels geführt, es war aber eine Rüge ausgesprochen worden. 2020 wurde das Verfahren zur Überprüfung von Plagiatsvorwürfen erneut aufgerollt. Seit Ende 2020 verzichtet Giffey darauf, ihren Titel zu führen. Sie hatte an der Freien Universität 2009 eine Doktorarbeit über die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft eingereicht und war 2010 promoviert worden.

SPD will Familienministerium nicht nachbesetzen

Franziska Giffey war seit März 2018 Bundesfamilienministerin. Seit November 2020 ist die 43-Jährige Vorsitzende der SPD Berlin und deren Spitzenkandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters. Nach Informationen des "RedaktionsNetzwerks Deutschland" aus SPD-Parteikreisen soll das Familienministerium vor der Bundestagswahl im September nicht mehr nachbesetzt werden.

Die Amtsgeschäfte übernimmt erst einmal Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Das teilten die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans am Mittwoch in Berlin mit. Lambrecht habe sich bereiterklärt, die Aufgaben bis zum Ende der Legislaturperiode zu übernehmen. Die Bundestagswahl ist am 26. September.

Christine Lambrecht (SPD)
Christine Lambrecht (SPD) © Kay Nietfeld/dpa

"Wir sind sehr stolz, dass wir mit Christine Lambrecht eine so kompetente und erfahrene Nachfolgerin für Franziska Giffey in unseren Reihen haben", so die beiden SPD-Vorsitzenden. Damit greift nicht die eigentlich vorgesehene Vertretungsregelung der Bundesregierung. Demnach hätte nämlich Bildungsministerin Anja Karliczek von der CDU das Familienministerium in den kommenden Monaten geführt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte die Rücktrittsentscheidung. "Ich nehme diese Entscheidung mit großem Respekt, aber ich sage auch mit ebenso großem Bedauern entgegen", sagte Merkel am Mittwoch in Berlin. Sie habe mit Giffey sehr gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Dafür danke sie ihr von Herzen. "Sie hat sich mit Leidenschaft und Geschick für ihre politischen Themen eingesetzt", sagte Merkel. Wichtige und bleibende Fortschritte seien für Familien, Frauen, Jugendliche und Senioren auf den Weg gebracht worden. "Ich wünsche ihr für die kommende Zeit alles Gute."

Kandidatur für Abgeordnetenhauswahl

Als Familienministerin im Bund hatte sich Giffey vor allem durch ihre direkte Art einen Namen gemacht. Sie sorgte unter anderem dafür, dass Gesetzentwürfe plakative Titel erhielten wie etwa das "Gute-Kita-Gesetz". Eines der wichtigsten Anliegen der SPD-Politikerin im Frauen-, Familien- und Seniorenressort war die gezielte Förderung benachteiligter Kinder und ihrer Eltern.

Vor ihrer Zeit als Bundesministerin war Giffey in Berlin zunächst Bezirksstadträtin für Bildung und von 2015 an Bezirksbürgermeisterin im Stadtbezirk Neukölln. Ihre Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin, die wie die Bundestagswahl am 26. September stattfindet, hält Giffey aufrecht. Die Berlinerinnen und Berliner könnten sich auf sie verlassen, erklärte sie. Sie werde sich jetzt mit all ihrer Kraft auf ihre Kandidatur konzentrieren. (epd, dpa)