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Breivik-Verhandlung mit Hitlergruß begonnen

In Norwegen wird über einen Bewährungsantrag des verurteilten Terroristen Breivik verhandelt. Den Auftakt nutzte er für rechtsextreme Propaganda.

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Der wegen Terrorismus verurteilte Anders Behring Breivik (r) zeigte im Gericht mehrmals den Hitlergruß,
Der wegen Terrorismus verurteilte Anders Behring Breivik (r) zeigte im Gericht mehrmals den Hitlergruß, © dpa

Oslo. Der verurteilte Massenmörder Anders Behring Breivik ist erstmals seit Jahren wieder vor Gericht erschienen und hat dabei keine Zweifel an seinen weiterhin rechtsextremen Ansichten gelassen. Seit Dienstag wird vor dem Bezirksgericht Telemark darüber verhandelt, ob der heute 42-Jährige wie von ihm beantragt nach Ablauf der Mindestdauer seiner Haftstrafe auf Bewährung freigelassen werden kann.

Rund ein Jahrzehnt nach den rechtsextremen Terroranschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya mit 77 Todesopfern gilt als unwahrscheinlich, dass er vorzeitig auf freien Fuß kommt.

Wie Breiviks Auftreten zeigte, hat sich an seinen rechtsextremen und rassistischen Einstellungen auch über zehn Jahre nach den Anschlägen wenig geändert. Beim Betreten der zum Gerichtssaal umfunktionierten Turnhalle der Haftanstalt Skien rund 130 Kilometer südwestlich von Oslo hielt er entsprechende Botschaften in die Höhe, mehrmals zeigte er den Hitlergruß, auch an den Richter Dag Bjørvik gewandt. Der ermahnte Breivik während einleitenden Worten von Staatsanwältin Hulda Karlsdottir, es zu unterlassen, seine Botschaften hochzuhalten.

Gehirnwäsche hat zu Taten geführt

Verteidiger Øystein Storrvik ließ keinen Zweifel daran, dass er es als unglücklich betrachtete, eine gerichtliche Verhandlung mit einem Hitlergruß zu beginnen. In einer Erklärung sprach Breivik selbst später über Nationalismus, Ideologien und einen vor sich gehenden "Kulturkrieg". Er sei etwa 2009 online radikalisiert und einer Gehirnwäsche unterzogen worden, um die Taten zu begehen, sagte er. Er distanziere sich heute von Gewalt und Terror, sei aber noch immer Nationalsozialist. Norwegische Medien schalteten zeitweise Ton und auch Bild ab, um propagandistische Botschaften nicht zu übermitteln.

Breivik, der sich mittlerweile Fjotolf Hansen nennt, hatte am 22. Juli 2011 zunächst eine Autobombe im Osloer Regierungsviertel gezündet und dabei acht Menschen getötet. Danach hatte er auf der Insel Utøya ein Massaker unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des jährlichen Sommerlagers der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei angerichtet. 69 vor allem junge Menschen wurden auf der Insel getötet. Die Verbrechen gelten als schlimmste Gewalttat der norwegischen Nachkriegsgeschichte.

Breivik nannte damals rechtsextreme und islamfeindliche Motive für seine Taten. Das Bezirksgericht Oslo hatte ihn im Sommer 2012 zur damaligen Höchststrafe von 21 Jahren Verwahrung mit einer Mindestdauer von zehn Jahren verurteilt. Verwahrung - im Norwegischen "forvaring" - bedeutet im Gegensatz zu einer normalen Gefängnisstrafe so viel wie eine zeitlich unbegrenzte Strafe: Sie kann alle fünf Jahre verlängert werden. Es ist damit offen, ob Breivik jemals wieder aus dem Gefängnis in Skien entlassen wird.

Vater will nicht, dass er rauskommt

Das norwegische Recht räumt Verurteilten ein, nach Ablauf der Mindestdauer ihrer Strafe die Prüfung einer Freilassung auf Bewährung zu beantragen. Breivik hatte diesen Antrag im September 2020 gestellt, die Mindestdauer ist nach Einrechnung von 445 Tagen Untersuchungshaft am 5. Juni 2021 abgelaufen. Breiviks Vater glaubt nicht, dass sein Sohn jemals wieder auf freien Fuß kommen wird. "Anders wird nicht rauskommen. Wahrscheinlich die nächsten 20 Jahre nicht. Ich will nicht, dass er rauskommt", sagte Jens Breivik der Bild-Zeitung.

Auch die Staatsanwaltschaft lehnt eine Freilassung ab. Im Wesentlichen muss das Gericht die Frage klären, ob Breivik erneut schwere Straftaten begehen könnte und somit eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt - und diese deshalb weiter vor ihm geschützt werden muss.

Das Osloer Bezirksgericht hatte bei seiner Verurteilung festgestellt, dass er auch nach Verbüßen seiner Strafe aller Wahrscheinlichkeit nach weiter die Absicht und die Fähigkeit habe, viele und sehr brutale Morde zu begehen. 21 Jahre nach den Taten werde die norwegische Demokratie, die er abschaffen wolle, weiter bestehen, schrieben die Richter damals in ihrem über 100 Seiten langen Urteil - einschließlich Einwohnern mit verschiedenen ethnischen Hintergründen, verschiedenen Kulturen und verschiedenen Religionen.

Auf ebendiese Stellen des Urteils verwies nun auch Staatsanwältin Karlsdottir. Sie sagte: "Es wird darauf hingewiesen, dass Überlebende und Angehörige mit bodenloser Trauer zurückgelassen werden und dass die Untaten in der norwegischen Geschichte beispiellos sind." Um dies zu unterstreichen, ging sie der Reihe nach auf jede einzelne Person ein, die am 22. Juli 2011 von Breivik getötet worden war.

Noch bis voraussichtlich Donnerstag wird über Breiviks Antrag verhandelt. Ein Gerichtsbeschluss soll zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden, möglicherweise bereits in der kommenden Woche. (dpa)