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Macron will Putin zur Deeskalation bewegen

Im Ukraine-Konflikt versucht Frankreichs Präsident, den Kremlchef auf friedliche Wege zu lotsen. In Deutschland erwartet die Mehrheit aber einen Angriff.

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Ukrainische Soldaten bereiten sich auf einen möglichen russischen Angriff vor und üben den Abschuss aus einem tragbaren Panzerabwehrraketensystem.
Ukrainische Soldaten bereiten sich auf einen möglichen russischen Angriff vor und üben den Abschuss aus einem tragbaren Panzerabwehrraketensystem. © Ukrainian Defense Ministry/ZUMA Press Wire Service

Paris/Berlin. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will seinem russischen Kollegen Wladimir Putin einen Weg der Deeskalation im Konflikt mit der Ukraine vorschlagen. Am Freitag wollen die beiden Staatschefs dazu telefonieren. Macron sieht das Gespräch auch als Anlass, zu schauen, wo genau man in der aktuellen Situation stehe. In einigen Punkten erhofft er sich zudem Klarstellungen von russischer Seite. Aus Élyséekreisen hieß es auch, Macron wolle in dem Telefonat noch einmal betonen, dass ein Einmarsch russischer Truppen ins Nachbarland Ukraine schwere Konsequenzen hätte. In Deutschland befürchtet die Mehrheit in einer Umfrage russische Angriffe auf die Ukraine.

Auf Antrag der USA wird sich erstmals auch der UN-Sicherheitsrat mit der aktuellen Krise befassen. Die Vereinigten Staaten beantragten am Donnerstag ein Treffen des mächtigsten UN-Gremiums für Montag, wie die US-Mission mittelte. Die Beratungen in New York sollen öffentlich abgehalten werden, vermutlich um 16.00 Uhr MEZ. "Während wir unser unermüdliches Streben nach Diplomatie fortsetzen, um die Spannungen angesichts dieser ernsthaften Bedrohung des europäischen und globalen Friedens und der Sicherheit zu deeskalieren, ist der UN-Sicherheitsrat ein entscheidender Ort für die Diplomatie", teilte die US-Vertretung mit.

US-Präsident Joe Biden sagt am Donnerstag seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj erneut die Unterstützung Washingtons zu. Die Vereinigten Staaten seien der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine verpflichtet, sagte Biden nach einer Mitteilung des Weißen Hauses. Die US-Regierung prüfe wegen des russischen Drucks auch zusätzliche Finanzhilfen für Kiew, sagte Biden demnach am Donnerstag in einem Gespräch mit Selenskyj. Biden habe betont, die USA und ihre Verbündeten seien bereit, entschlossen zu antworten, falls Russland die Ukraine angreifen sollte, hieß es. Zugleich betonte der US-Präsident auch seine Unterstützung für die Gespräche im Normandie-Format.

Zuletzt hatten sich westliche Staaten immer wieder besorgt gezeigt, ein Einmarsch russischer Truppen in das Nachbarland könne geplant sein. Russland dementierte dies. Der Ukraine-Konflikt dauert bereits seit 2014 an. Ein mit Hilfe von Deutschland und Frankreich verhandelter Friedensplan für das Krisengebiet Donbass liegt auf Eis.

Ob die Gespräche überhaupt weitergehen?

Erst am Mittwoch hatte es in Paris ein Treffen im sogenannten Normandie-Format gegeben, dem neben der Ukraine und Russland auch Vermittler aus Frankreich und Deutschland angehören. Substanzielle Fortschritte blieben dabei nach deutscher Darstellung aber aus. Hoffnungen werden aber auf eine Fortsetzung der Gespräche gesetzt.

Die Nato und die USA hatten am Mittwoch jeweils schriftlich auf Forderungen Moskaus nach Garantien für die Sicherheit in Europa geantwortet. Bei der russischen Forderung nach Zusagen für ein Ende der Nato-Osterweiterung zeigten weder die Nato noch die USA Verhandlungsbereitschaft. US-Außenminister Blinken hatte dabei auf "Kernprinzipien" verwiesen, etwa die freie Bündniswahl von Staaten sowie Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine.

Der Kreml ließ den Westen zunächst im Unklaren darüber, wie Russland im Ringen um Sicherheitsgarantien auf die Antwort der USA und der Nato reagiert. "Wir werden keine voreiligen Schlüsse ziehen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Präsident Wladimir Putin habe das US-Schreiben bereits gelesen. Es brauche aber "einige Zeit", um die Papiere zu analysieren.

Außenminister Sergej Lawrow sprach von keiner "positiven Reaktion auf das Hauptthema" des russischen Dokuments. Gleichwohl zeigte sich Lawrow mit Blick auf die US-Antwort verhandlungsbereit: "Es gibt darin eine Reaktion, die es uns ermöglicht, mit dem Beginn eines ernsthaften Gesprächs zu rechnen, aber über zweitrangige Fragen."

Deutsche halten russischen Angriff für wahrscheinlich

Die Mehrheit der Deutschen hält einen russischen Überfall auf die Ukraine für eher wahrscheinlich. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vertreten 51 Prozent der Befragten diese Auffassung. Nur 33 Prozent meinen, ein Angriff sei eher unwahrscheinlich. 15 Prozent machen keine Angaben.

Mehr als zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) meinen, ein russischer Angriff auf die Ukraine hätte auch Auswirkungen auf Deutschland. Allerdings meinen nur 28 Prozent, dass sie davon dann persönlich betroffen wären. 51 Prozent sind der Ansicht, dass das nicht der Fall wäre.

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Die Bemühungen um eine Entschärfung des Konflikts dauern seit Wochen bei verschiedenen Gesprächen an. (dpa)