Wie der Westen Putin jetzt bestrafen will

Von Daniel Krause
Die Panzer rollen - Russland hat die Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine als eigenständige Republiken anerkannt. Präsident Wladimir Putin kündigte den Schritt am Montagabend in einer Rede im russischen Fernsehen an.
Bereits kurz nach seiner Ansprache mehrten sich die Berichte über russische Militärkonvois auf dem Gebiet der abtrünnigen Provinzen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich noch am Montagabend an die Ukrainer:innen und nannte die Schritte Moskaus eine eindeutige "Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität unseres Staates".
Bereits in der Nacht kam der UN-Sicherheitsrat zusammen. Die britische Regierung spricht von einer russischen "Invasion" und kündigt Sanktionen an. Ein Einmarsch und die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine nannten Vertreter westlicher Staaten und der Nato in den vergangenen Tagen und Wochen als entscheidend für neue Sanktionen gegen Russland. Erste Strafmaßnahmen wurden bereits beschlossen.
Ein am Dienstag den Mitgliedstaaten präsentierter Entwurf sieht Angaben von Diplomaten zufolge vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staats zu erschweren. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen.
Die Europäische Union wolle sich aber noch weitere Strafmaßnahmen vorbehalten, falls es zu einem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine kommt, heißt es aus Diplomatenkreisen. Etwaige Sanktionen müssen noch vom EU-Ministerrat beschlossen werden. Dieser soll noch am Dienstag zu einem Sondertreffen in Paris zusammenkommen.
Diese Sanktionen gegen Russland sind beschlossen
Die wohl prominenteste Strafmaßnahme ist der Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2. Bundeskanzler Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in einer Pressekonferenz am Dienstagmittag, dass die Zertifizierung der Pipeline bis auf Weiteres gestoppt werde. Die deutsch-russische Erdgasleitung werde vorerst keine Betriebsgenehmigung bekommen. Zuvor hatte sich Scholz immer nur vage geäußert.
Am Samstag hatte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt: "Jede weitere Verletzung (der ukrainischen Integrität) wird hohe Kosten haben für Russland – politisch, wirtschaftlich und geostrategisch." Scholz hatte sich in der Vergangenheit immer bedeckt gehalten, was mögliche Sanktionen gegen Russland angeht. Putin solle sich nicht ausrechnen können, was seine Taten für Folgen haben werden, hieß es in der Begründung. Bei seinem Besuch vergangene Woche in Moskau sagte Scholz: "Was die Pipeline selber betrifft, wissen alle, was los ist."
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Die Aussetzung des Genehmigungsverfahrens für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 durch Bundeskanzler Scholz stößt beim grünen Koalitionspartner auf ein positives Echo. "Ich begrüße die Entscheidung der Bundesregierung, das Genehmigungsverfahren für die Erdgasleitung Nord Stream 2 bis auf Weiteres zu stoppen", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), dem Tagesspiegel.
Sanktionen gegen Hunderte Russen und Unternehmen geplant
Die Europäische Union will am Dienstag ebenfalls Strafmaßnahmen gegen Russland verhängen, am Vormittag kamen Vertreter der 27 Mitgliedsstaaten in Brüssel zusammen. Die EU-Kommission hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unerwartet weitreichende Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen.
Ein am Dienstag den Mitgliedstaaten präsentierter Entwurf sieht Angaben von Diplomaten zufolge vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staats zu erschweren. Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen. Darunter Abgeordnete der russischen Staatsduma, berichtet Reuters. Auch könnten die abtrünnigen Gebiete aus dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine ausgeschlossen werden.
Die Europäische Union wolle sich aber noch weitere Strafmaßnahmen vorbehalten, falls es zu einem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine kommt, heißt es aus Diplomatenkreisen. Etwaige Sanktionen müssen noch vom EU-Ministerrat beschlossen werden. Dieser soll noch am Dienstag zu einem Sondertreffen in Paris zusammenkommen.
Die Schweizer Bundesrat analysiert die derzeitige Lage und entscheide dann, ob das als neutral geltende Land sich den Sanktionen der EU anschließe, berichtet Reuters unter Berufung auf einen Sprecher des Schweizer Wirtschaftsministeriums.
Noch am Montag (Ortszeit) hatte Joe Biden ein Dekret unterzeichnet, "um Russland die Möglichkeit zu nehmen, von seinen eklatanten Verstößen gegen das Völkerrecht zu profitieren", schrieb der US-Präsident auf Twitter. Das Dekret verbietet Geschäfte in oder mit den beiden von Russland anerkannten Separatisten-Regionen in der Ost-Ukraine.
Diese Sanktionen könnten noch kommen
Eine weitere Strafmaßnahme gegen Russland könnte der Ausschluss aus dem Swift-System sein. Banken benutzen das internationale Zahlungssystem, um sich grenzübergreifend über Zahlungen zu informieren. Zuvor lief das umständlich über Fernschreiber, erklärt Eva Konzett, Journalistin der österreichischen Wochenzeitung "Falter", auf Twitter. Weltweit nutzten mehr als 2000 Banken das System.
Bereits 2014, als Russland die Krim annektierte, wurde über einen Ausschluss Russland aus dem Swift-System beraten. Der damalige russische Finanzminister habe damals mit einem Einbruch der heimischen Wirtschaftsleistung um etwa fünf Prozent prognostiziert, schreibt Konzett – "eine dramatische Wirtschaftskrise".
Für die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Swift) sei der Wegfall Russlands verkraftbar, twittert Konzett weiter. Das Land mache nur 1,5 Prozent der Transaktionen aus. Russland aber würde ein Ausschluss aus dem Swift-System "immens treffen".
In Brüssel gilt ein Ausschluss Russland aber als eher unwahrscheinlich, berichtet der "Bayerische Rundfunk". Der internationale Handel und die Kapitalmärkte könnten dadurch massiv gestört werden. Für wahrscheinlicher gilt es, dass einzelne russische Banken auf einer möglichen Sanktionsliste stehen. So könne man Putin und seine Vertrauten direkt treffen und den Devisenfluss kappen, heißt es in dem Bericht weiter.
Neben dem Einfrieren von Konten und Reisebeschränkungen könnte auch ein Embargo von Maschinen, Software und Halbleitern diskutiert worden sein. "Die EU und ihre Partner werden in Solidarität mit der Ukraine mit Einigkeit, Entschlossenheit und Entschiedenheit reagieren", twitterte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch am Montagabend.
Die Strafmaßnahmen werden aber auch die europäische und deutsche Wirtschaft treffen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis90/Grüne) am Wochenende dem "Handelsblatt". Seine Parteifreundin und Außenministerin Annalena Baerbock sagte Anfang Februar in Kiew, Deutschland sei im Falle von Sanktionen gegen Russland "bereit, dafür einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen".
Nicht auf der Liste möglicher Maßnahmen hingegen steht ein militärisches Eingreifen. Der Westen hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied ist und im Falle eines russischen Einmarsches kein Bündnisfall bestehe. Etliche westliche Staaten unterstützen die Ukraine jedoch mit militärischem Gerät.