SZ + Politik
Merken

Ist eine Zukunft ohne Donald Trump doch möglich?

Er hat die Republikaner weiter fest im Griff, plant eine Rückkehr ins Weiße Haus. Doch Donald Trumps Macht schwindet. Was das für sein Comeback bedeutet. Eine Analyse.

 0 Min.
Teilen
Folgen
Donald Trump hat nach seiner Abwahl nie aufgehört Politik zu machen.
Donald Trump hat nach seiner Abwahl nie aufgehört Politik zu machen. © AP

Von Sidney Gennies

Er hat gedroht, er hat geschimpft. Donald Trump hat all sein politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, um es zu verhindern. Am Ende hat es nichts genutzt. Mit 67 zu 27 Stimmen hat der US-Senat am Samstag den Weg bereitet für eines der größten Infrastrukturpakete in der Geschichte der USA – mithilfe republikanischer Senatoren.

Was nach einer Formalie aussieht, könnte der Beginn einer Revolution sein: Donald Trump hat seinen Schrecken verloren – und mit ihm einen bedeutenden Teil seiner Macht. Denn die hatte er in der republikanischen Partei auch nach der verlorenen Wahl noch. Das ändert sich nun langsam. Und wirft die Frage auf, ob es für die Partei doch noch eine Zukunft ohne Trump geben könnte.

Donald Trump hat nach seiner Abwahl nie aufgehört Politik zu machen. Nach wie vor ist er unangefochten der de-facto Anführer der republikanischen Partei. Sein Zorn ist gefürchtet, seine Unterstützung sichert republikanischen Kandidaten die Stimmen seiner Anhänger. Wer abstimmt, wie Trump es für richtig hält, bekommt sie. Wer nicht, riskiert nicht wiedergewählt oder erst gar nicht aufgestellt zu werden. Mit den anstehenden Midterms 2022 ein enorm effizientes Druckmittel – die Basis seiner Macht ohne Amt. So war es bisher.

Senatoren stellen sich gegen Trump

So versuchte Trump es auch dieses Mal: „Joe Bidens Infrastrukturplan ist eine Schande“; „Denkt zweimal nach, bevor ihr diesem furchtbaren Deal zustimmt“. Schließlich drohte er: „Es wird sehr schwer für mich, irgendwen zu unterstützen, der dumm genug ist, diesem Deal zuzustimmen.“

Häufig hat in der Vergangenheit ein einziger dieser Sätze gereicht, um Gesetzesvorhaben, für die Republikaner zuvor Zustimmung signalisiert hatten, im Keim zu ersticken. Diesmal nicht.

Seit Wochen verhandeln Vertreter von Republikanern und Demokraten über das neue Infrastrukturgesetz.
Seit Wochen verhandeln Vertreter von Republikanern und Demokraten über das neue Infrastrukturgesetz. © AP

18 republikanische Senatoren stimmten dafür, die Debatte über Änderungsanträge zu beenden und die endgültige Abstimmung über das Gesetz einzuleiten. Anfang der Woche könnte das Paket nun vom Senat beschlossen werden, danach muss das Repräsentantenhaus ebenfalls zustimmen.

Bemerkenswert ist, wer sich hier offen gegen den Ex-Präsidenten stellte. Wenig überraschend größtenteils Senatoren, die nicht wieder antreten oder bei den nahenden Midterms nicht zur Wahl stehen, wie Mitt Romney aus Utah, der das Gesetzespaket mit den Demokraten mit ausgehandelt hatte. Aber eben auch drei Senatoren, die 2022 im Amt bestätigt werden wollen: Chuck Grassley aus Iowa, Todd Young aus Indiana und Lisa Murkowski in Alaska.

Letztere sagte kürzlich dem Fernsehsender CNN auf die Frage, ob Trumps Meinung die Abstimmungsentscheidung im Senat beeinflusse: „Meine sicherlich nicht.“

Joe Biden will die Republikaner aus ihrer von Trump verordneten Fundamentalopposition zwingen
Joe Biden will die Republikaner aus ihrer von Trump verordneten Fundamentalopposition zwingen © Evan Vucci/AP/dpa (Archiv)

Das hat mehrere Gründe. Zum einen zeigt sich, dass US-Präsident Bidens Taktik aufzugehen scheint, die Republikaner aus der von Trump verordneten Fundamentalopposition zu zwingen. Mit dem mehrere hundert Milliarden Dollar schweren Infrastrukturplan, der Investitionen in Straßen, Schienen, Wasserversorgung, Breitbandinternet und Öffentlichen Nahverkehr vorsieht, hat Biden einen Gesetzentwurf zur Chefsache erklärt, der Verbesserungen für die allermeisten Amerikaner verspricht. Umfragen zeigen, dass diese Investitionen extrem populär sind. Republikaner müssen also nun abwägen, ob sie sich den Zorn Trumps zuziehen – oder den ihrer Wähler.

Oder wie Senator John Thune aus South Dakota es formuliert: „Wenn man Republikaner ist, will man beweisen, dass wir nicht nur hier sind, um zu blockieren. Man will Teil der Lösung für all diese Probleme sein“. Töne, die Trump lange zu unterbinden gewusst hatte.

Große Teile der Partei stehen weiter hinter Trump

Zweitens spüren viele Republikaner, die sich bisher aus taktischen Gründen nicht getraut hatten, gegen den Ex-Präsidenten aufzubegehren, ein Momentum. Denn es ist nicht das erste Anzeichen, das Donald Trump die Partei zu entgleiten beginnt.

Mit Senator Lindsay Graham hat sich einer seiner wichtigsten Unterstützer nach dem Sturm auf das Kapitol gegen Trump gestellt. Mit dem republikanischen Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, verbindet ihn eine regelrechte Feindschaft.

Mitch McConnell, Fraktionschef der Republikaner im Senat, hat längst mit Trump gebrochen.
Mitch McConnell, Fraktionschef der Republikaner im Senat, hat längst mit Trump gebrochen. © AP

Und dass Trumps Unterstützung längst keinen Wahlsieg mehr garantiert, zeigte sich Ende Juli in Texas, als bei einer parteiinternen Nachwahl für das Repräsentantenhaus Jake Ellzey gewählt wurde – statt die von Trump favorisierte Susan Wright.

Abschreiben darf man Donald Trump deswegen freilich nicht. Große Teile der Partei stehen weiter hinter ihm. Und seine treuesten Anhänger interessieren sich wenig für Infrastrukturprojekte, die kaum jemand im Detail durchschaut. Das macht es für abtrünnige Republikaner leichter, sich in dieser Frage vom Ex-Präsidenten zu lösen. Es ist ein Testlauf. Und die Frage wird sein, ob die republikanische Partei auch in Fragen von Einwanderung oder Identitätspolitik von seiner Linie abzuweichen wagt. Denn dass Trump mit diesen Themen Massen von Wählern mobilisieren kann, hat er bewiesen.

Ungeklärt ist auch die Frage, ob Donald Trump bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2024 noch einmal antritt. Offiziell bekanntgegeben hat er es noch nicht. Trumps größter innerparteilicher Konkurrent wäre aktuellsten Umfragen zufolge sein Protegé Ron DeSantis, Gouverneur von Florida. Der hat ebenfalls bewiesen, dass er Trumps Zorn nicht mehr fürchtet. Nachdem in Miami ein zwölfstöckiges Gebäude eingestürzt war, empfing DeSantis Trumps Intimfeind US-Präsident Joe Biden und lobte ihn für die schnelle Hilfe nach der Katastrophe.

Geschadet hat ihm das bei republikanischen Wählern nicht.